Erstellt am: 31. 7. 2009 - 12:00 Uhr
Hilfe, mein Landing Strip brennt!
Die Meute liegt ledschat wie Strandgut seit Stunden in der brütenden Hitze und döst. Als die ersten Wiesenlieger bereits ihre Siebensachen in die mutig gemusterten Badetaschen zurück verstauen, schwebt U. beschwingt herein in die Idylle und sinkt mit einem lustvollen Seufzer auf den Rasen. U. war mit ihrem Herzbuben drei Wochen auf Urlaub, Sizilien, und man harrt gespannt der ausschweifenden Schilderungen, die prompt geliefert werden.
Nach etwa 20 Minuten fällt mir etwas auf: „Hast deine Badesachen in Sizilien vergessen?“ U. zupft verlegen ihr zartgeblümtes Sommerkleidchen in Form. „Nein.“ – „Und wieso ziehst dich dann nicht aus?“ – „Ich muss mich erst dran gewöhnen. Ich trau mich noch nicht.“
Das will man statistisch herausgefunden haben zum Thema - angeblich sind unrasierte Körper in Österreich sowas von out:
wien.orf.at
Stirnrunzeln auf mehreren Quadratmetern Badetuch.
„Nein, nix Schlimmes. Ich hab nur im Urlaub beschlossen, dass ich mir die Haare wachsen lasse.“ Nachsatz: „Die Achselhaare.“ Zweiter Nachsatz: „Und die Schambehaarung auch, nur bei den Beinen, da schaff ich es noch nicht.“
E. kontrollstreicht sich verstohlen über die Waden. K. applaudiert: „Ich find das super, mich nervt diese Rasierei und Waxerei im Sommer auch total. Manchmal ist es einfach wahnsinnig anstrengend, eine Frau zu sein.“ – „Ich sage nur Rasurbrand!“, sage ich.
U. lüftet sichtlich stolz ihren Ärmel und zeigt uns entzückende kleine dunkelhaarige Ringelchen, die ein bisschen schweißig glänzend im Halbschatten ihrer Achseln kuscheln. „Günter findet´s übrigens sehr sexy, der Pelz törnt ihn to-tal an!“
Radio FM4
Shave it, baby: Mirjam Unger und Esther Csapo sprechen mit Euch in der FM4 Sommerrevue (jeden Samstag, 13-17 Uhr) in der schmutzigen Stunde zwischen 15 und 16 Uhr über Körperbehaarung bzw. -enthaarung, Schamhaarstyles und Rotzbremsen, Achselbuschen und Epilationsekstasen. Eure Anekdoten sind gefragt - entweder direkt hier ins Forum posten oder live in der Sendung anrufen - 0800 226 996.
Um meine Gedanken vom letzten Satz schnell abzulenken, lasse ich meinen Blick über das weibliche Restbadevolk wandern. Tatsächlich finde ich an diesem Julitag keine einzige Frau, die a) Achselbuschen ausführt, b) offensichtlich unrasierte Beine hat oder c) Löckchen außerhalb der schmal geschnittenen Badehose pflegt.
Später, beim Schlangestehen am Eisstandl, dicht an dicht mit einer glatte, zart gebräunten Männerbrust 28plus. Der Hübsche hat kräftiges, schwarzes Haupthaar, einen kernigen Sechstagebart und just in dem Moment, in dem ich ein Lächeln aufsetze, hebt der Hübsche seinen Arm, um einen Freund heranzuwinken – und mir blitzt eine kahle Achselhöhle entgegen. Meine erotische Energie vertschüsst sich abrupt Richtung 70er Jahre-Steinfliesen unter uns. Als ich dabei noch entdecke, dass er keinerlei Behaarung auf seinen Unterschenkeln hat, verzichte ich entnervt aufs Gefrorene und wanke desillusioniert zur Meute zurück.
To hair or not to hair, that´s the question
Dass wir Frauen einen gewaltigen Hieb haben, wenn es um die Körperarbeit in der Rubrik "Wider die Natur" geht, das wissen wir, und den kriegen wir wohl in den nächsten Generationen auch nicht mehr weg - es sei denn, Gisele Bündchen verschiebt ihren fotogenen Charitydesignfokus vom Regenwald auf den wuchernden Busch unter ihrer Gürtellinie. Aber mein Mann, oh mein Mann, der darf, nein, der muss alles Haar an sich dran lassen, ich will ja nicht abrutschen wie an einem aufblasbaren Kinderplastikschwimmbecken, ich will ja hängen bleiben mit meinen Augen, meinen Wangen, meinen Händen, meiner Zunge. (Zugegeben, vorzugsweise vorne und nicht hinten.) Gefunden habe ich im Urwald immer noch alles.
P.S. Selbstverständlich habe ich in dieser Nacht von Haaren geträumt, von Millionen und Abermillionen Haaren, die mir vom Körper abgefallen sind, und an denen mein erotischer Traum-Mann erstickt ist.