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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

22. 7. 2009 - 14:51

Journal '09: 22.7.

The Sky's the limit. Eine kurze Groteske zum Thema Sport-Fernsehen.

In etwas mehr als zwei Wochen beginnt die deutsche Bundesliga, in der Medien-Welt heiße Ware. Die Übertragung der Liga-Spiele ist ein global gut und teuer gehandeltes Produkt, steht man doch an vierter Stelle im Weltranking; manche sehen die deutsche Liga sogar vor der italienischen.

Die IFFHS sieht die Bundesliga sogar schon vor der spanischen...
Österreichs Liga sehen die Chef-Statistiker auf dem beschämenden Platz 94 (!), im übrigen hinter der Eire-League auf Platz 88. Was für ein Omen für das heutige CL-Spiel...
Innerhalb von Europa rangiert man auf Platz 39, hinter Zypern und Moldau.

Für Österreichs Sport- bzw Fußball-Glotzer (und das sind eine Menge Menschen, nicht nur Wettcafe-Prolos sondern auch der beste Karikaturist oder der beste Musiker des Landes, also auch der average FM4-Joe; und auch die eine oder andere Joesephine) haben die bundesdeutschen Bundesliga-Übertragungen noch mehr Nähr- und Mehrwert. Man kennt die dort auftauchenden Figuren und Stars über die deutschen Medien, zudem tummeln sich ein paar Österreicherchens dort, neuerdings auch Andreas Ivanschitz.

In den letzten paar Jahren hatte sich ATV die Übertragungs-Rechte für ein Spiel am Samstag (manchmal auch eins am Sonntag) gesichert, und alle waren damit zufrieden: Es gab sowas wie eine sinnvolle Marktaufteilung und für alle, die wollten, ein elegantes Samstagsnachmittags-Programm.

Damit ist's, wie seit Monaten bekannt ist und sich jetzt auch in Fan-Kreisen herumspricht, vorbei.

Der Rechtsnachfolger des Film&Sport-Abo-TV-Senders Premiere hat sich nämlich nicht nur die Deutschland-Rechte für die nächsten Jahren gesichert, sondern auch die für Österreich.

Sky, der neue deutschsprachige Ableger des Murdoch-Medienimperiums übernahm am 4. Juli und ging dann eine Umstrukturierung an.
Die deutsche Bundesliga wird auf einem eigenen Kanal ausgestellt und in einem leicht verteuertem Paket angeboten.

Der Himmel über Österreich

Bevor die unvermeidlichen Nörgel-Postings von wegen "darüber schreibt er, aber über die drohende Sport-Plus-Einstellung nix!" daherkommen, ein paar Worte dazu.
1) Die Behandlung von Thema A bedeutet nie, dass es eine Pflicht geben würde auch Thema B zu behandeln. Mit diesem Schmäh kann man alles beeinspruchen, denn irgendwer wird immer was anderes als wichtiger ansehen.
2) Die Angelegenheit ist im Fluß. Es gibt von politischer Seite geäußerte Zweifel, ob das rechtlich überhaupt geht.
3) Ich bitte ums Mitkommen auf die Meta-Ebene, ums Aufsetzen der taktischen Brille!
Erkennen wir da möglicherweise ein Instrument, das man im Handbuch unter Faustpfand oder Drohgebärde finden würde? Oder etwas unter "Bewusstmachung", unter einer indirekten Hervorhebung von geschaffenen und bedrohten Werten? Oder erkennen wir da gar eine Beteiligungs-Aufforderung an Bund, Verbände etc?

Während für die deutschen Brüder alles klar ist, beginnt genau hier die Odyssee für Österreich.

320.000 Premiere-Abonnenten gab es hierzulande, und sie teilen sich in zwei Gruppen: eine kleinere (meist Lokale mit ritualisierten Übertragungen bzw. Landbewohner) hatte einen direkten Vertrag, eine größere bekam den Abo-Sender über ihr Kabel-Paket. Die größte Gruppe derer wiederum (Wien/U., Graz/U., Südbahn/Baden-Neustadt/U., Klagenfurt/U. etc) über die UPC.

Bloß: wenn man, als vorsorgender Mensch, bei der UPC nachfragte, erhielt man die Auskunft, dass es keine Auskunft drüber geben würde, was künftig los wäre, weil man es nicht wisse.

Nun gab es dieser Tage eine frohlockende PR-Veranstaltung, bei der Sky Erfolge verkündete. Ohne Zahlen (Abos in Österreich werden nicht mehr ausgewiesen), aber mit dem Hinweis auf gute Reaktionen des Fachhandels, was neue Receiver betrifft.

Jedoch war von der Masse der bisherigen Kunden, der von UPC, jetzt, gut 14 Tage nach der Umstellung und gut 14 Tage bevor das Premium-Produkt von Sky, die deutsche Liga losstartet, nicht die Rede.

Dafür fand sich in meinem und auch in anderen Premiere/UPC-Kunden-Postfächern eine bunte Broschüre samt Brief von Sky, der mit einer Wiener Telefonnummer lockte und Info bzw. Super-Konditionen versprach.

Wenn man dort anrief, gelangte man zu einem deutschen Operator, der seufzend das anmerkte, was er wohl schon zu oft an diesem und anderen Tagen hatte sagen müssen. Dass er für Österreich eigentlich gar keine Auskunft geben könne und dass man keine Ahnung habe wie das für UPC-Kunden im Besonderen aussehen würde.

Hase und Igel

Weil ich Hase und Igel-Telefonspiele ja schätze und schon Lustiges darüber erfahren hatte, hab ich bei der UPC angerufen, und dort die das groteske Bild ergänzende Auskunft bekommen: leider, keine Ahnung, meinte der Operator (diesmal eine Dame, wieder deutsch - es führen wohl alle Wiener Nummern über elegante Umleitungen in irgendwelche Call-Center, hoffentlich nur nach Holland und nicht gleich auf die holländischen Antillen), es wäre noch zu keiner Einigung zwischen UPC und Sky gekommen, deswegen könne man genau nix sagen.

In Fällen wie diesen verlange ich dann immer die Pressestelle - auch weil es interessant ist die PR-Variante dieser lapidaren Kundenabfertigung zu hören. Lustige Antwort: das wäre nicht möglich das Presse-Department wäre nur schriftlich zu erreichen.

Im übrigen haben es auch die Nicht-UPC-Kunden mit Schüssel nicht leicht.
Ein Betroffener: "Wobei ja auch noch nicht wirklich klar ist, ob du als 'normaler' Schüssel-Abonnent nicht auch was zahlen wirst müssen für die Deutsche BL. Das Schreiben war da sehr kryptisch, 'vorerst ändert sich nichts' und so. Ich harre gespannt der Dinge, die ich da sehen werde oder auch nicht."

Drei Minuten später (kurzes Suchmaschinen-Anwerfen und Auffinden etwa dieser OTS-Aussendung) dann die offizielle Auskunft der UPC: Ja, es laufen Vertragsverhandlungen, nein, keine Ahnung, wie das mit dem Zeithorizont aussieht.
Auf meine Frage, wie man das denn mit einer angebrochenen deutschen Liga-Saison handeln bzw. argumentieren würde, stutzte der Pressesprecher merklich; es klang ganz so, als würde ihm das jemand erstmals sagen.
Vollends verwirrt war er über die Sky-Aussendung an offensichtliche UPC-Premiere-Kunden (aus welcher Datenbank sollten die Burschen meine Adresse denn sonst haben? Mein RL-Spamfilter ist ganz schön dicht...). Ob ich ihm diesen Brief faxen könne...

Mit anderen Worten...

Da reden zwei nicht miteinander, die das durchaus sollten.
Die Kommunikation zwischen der UPC und Sky ist massiv gestört und findet zudem auch nur auf anwaltlicher und geschäftsführender und nicht auf inhaltlicher und praktischer Ebene statt. Oder es klappt nicht, weil irgendwer Wichtiger Urlaub und Delegier-Probleme hat.
14 Tage vor Start eines Premium-Produkts gibt es weder von der einen noch von der anderen Seite Pläne für die Umsetzung. Gut, es ist "nur" Österreich, aber auf Seite von Sky Österreich ist mit Alexander Winheim immerhin ein ehemaliger Kicker und Sport-Journalist, also jemand, der weiß worum es geht, im Rennen - wenn sich schon auf UPC-Seite niemand mit dem Produkt auskennt.

PS: Weil mich dieses Bild kurz geschreckt hat, gleich ein Test: ob es bei einem anderen Monopolisten (der zwar gar keiner ist, aber die Zuschreibung allein reicht ja) auch so mühsam ist. Also: die öffentliche Telefonnummer zum Küniglberg gewählt und die Pressestelle sowie einen Programm-Verantwortlichen verlangt. Waren beide sofort zu sprechen, ganz ohne Outsourcing in Call-Center und auch ohne Behauptung, es würde sie gar nicht geben. Uff.

Die Fans, die Kundschaft lässt man dabei schön deppert sterben.
Zum einen, weil beide Firmen zwar PR, aber keine Kommunkation relevanter Fakten betreiben (was durch diesbezüglich auch nicht nachfragende Medien natürlich befördert wird. Zum anderen durch recht unverfrorenes Hin- und Herschicken von Antwortsuchenden bei diesbezüglich komplett uninformierten armen Tröpfen in Ekel-Callcentern.

Das hat nichts mit Absicht oder bösem Willen zu tun - das ist das simple Resultat eines Struktur-Ballerwatsch, der aus Auslagerung der Verantwortung und der Kunden-Info, aus dem Missverstehen von Kommunikation als bloße PR und dem Bewusstsein einer Monopol-Stellung entsteht.

Weil es nämlich wurscht ist, ob die Kunden/Käufer-Würstl das, was sie wollen auch bekommen - sie sind auf die beiden Player angewiesen, also sind ihre Interessen hinterrangig.