Erstellt am: 20. 7. 2009 - 12:35 Uhr
Moonstruck
Seine Gestalt wandelte sich im Verlauf des vorigen Jahrhunderts vom naiv-romantischen Fantasiegestirn mit Grinsegesicht zum wissenschaftlich fundierten Abbild eines Himmelskörpers inklusive Krater und Schwerelosigkeit. Die Geschichte des Mondes ist also auch eine kleine Geschichte des Kinos – und umgekehrt.
Von den NASA-Aufnahmen zu Frank Sinatra's "Fly Me To The Moon" ist es nur ein kleiner Schritt. Denn der Mond leuchtet hell: Nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in der Popkultur des 20. Jahrhunderts. Im Besonderen das Kino zeigt sich seit seinen frühesten Tagen angefixt von der weißen Scheibe am Himmel: 1902 inszeniert der französische Stummfilmmagier Georges Méliès einen der ersten SF-Filme der Geschichte. In Le Voyage Dans La Lune bauen Astronomen eine Rakete und fliegen zum Mond. Dort treffen sie auf unfreundliche Außerirdische, während andere Planeten und Kometen das Geschehen göttergleich beobachten.
Schon an diesem frühen Film lassen sich die wechselseitigen Beziehungen zwischen menschlicher Entdeckungslust, dem Verlangen nach exotischen Orten und der Bildermaschine Kino aufzeigen: Denn damit Méliès sein Weltraumabenteuer glaubwürdig auf die Leinwände in den Städten des frühen 20. Jahrhunderts werfen konnte, musste sich der virtuose Tricktechniker einiges einfallen lassen. Seine Kniffe und Ideen - angetrieben von der Mondlust - sind dann eingesickert ins filmkulturelle Gedächtnis, haben Generationen von Filmemachern beeinflusst. "Le Voyage dans la Lune“ selbst ist merklich angeleitet von der fantastischen Literatur des 19. Jahrhunderts, von Jules Verne und H.G. Wells. Eine Phantasmagorie über eine verlorene, unentdeckte Welt.
Transit Film
Aber es dauert nicht lang, bis die filmischen Mondbegehungen auf realistischeren Beinen stehen: 1929 dreht Fritz Lang seine Frau im Mond. Die Geschichte folgt einer Gruppe von Wissenschaftlern, die am Erd-Trabanten Gold vermuten und eine Weltraummission dorthin organisieren. Lang engagiert den Raketenforscher Hermann Oberth als wissenschaftlichen Berater, tut alles für die Glaubwürdigkeit seines Films. Tatsächlich ist "Frau im Mond" bei seinem Erscheinen (Albert Einstein besucht die Premiere) kein Erfolg, begeistert aber Wissenschaftler, später auch ranghohe Nationalsozialisten.
Spätestens mit dem Kalten Krieg verliert der Weltraum, und damit auch der Mond, endgültig seine Unschuld: Ab den Fünfziger Jahren versuchen sich die USA und die Sowjetunion bei einem Wettlauf ins All gegenseitig zu überbieten. Es geht um die ersten Satelliten und - natürlich - die erste bemannte Mondmission. Es geht vor allem, wie im „Wilden Westen“, darum, Gebiete zu erobern.
Kein Wunder, dass Hollywood diese Geschichte aufgreift: 1950 entsteht mit Destination Moon der erste US-Film zum Thema. Das US-Raumfahrtprogramm wird darin von Unbekannten (die damals schnell als Sowjets zu erkennen waren) sabotiert: Eine bemannte Mond-Mission soll den Schurken die Macht der Vereinigten Staaten beweisen. "Destination Moon" - im Übrigen produziert von Ray Harryhausens Mentor George Pal - bemüht sich um Realismus, wird für seine Spezialeffekte mit einem Oscar ausgezeichnet – und öffnet der B-Filmindustrie Tür und Tor. In Cat-Women of the Moon (1953) - den Joe Dante in den Achtzigern als Amazon Women on the Moon tributiert hat - etwa glitzert das Mondgold. Und in den Kraterhöhlen lauern plüschige Monsterspinnen.
www.wrongsideofart.com
Flicker
Die B-Filmproduktion der Fünfziger und Sechziger Jahre bringt die Science-Fiction-Knaller in schnellem Rhythmus in die Kinos. 1961 dreht die US-Regisseurin Doris Wishman Nude on the Moon und öffnet den Erd-Trabanten damit für die lukrative Sexploitation-Industrie. Wieder ist der Mond Sehnsuchtsort: Diesmal räkeln sich dort die großbusigen Frauen einer außerirdischen Nudistenkolonie.
Die Mondlandung auf FM4:
Roland Gratzer aus der Generation Austromir sagt: alles 40 Jahre zu früh!
Moonstruck - Markus Keuschnigg zum Mond im Film.
Der Ombudsmann würde gerne zum Mond fliegen und auch die Science Busters machen sich ihre Gedanken.
Und natürlich ist auch Monochroms Johannes Grenzfurthner vorort.
Alexandra Augustin präsentiert "Small Screen Stories" im Zeichen des Mondes
Erst zum Ende der Sechziger Jahre hin gibt sich das Science-Fiction-Kino wieder erwachsener: Autorenfilmer Robert Altman erzählt in Countdown von einer verunglückten Mondmission und Stanley Kubrick macht in 2001 – A Space Odyssey den Weltraum zum Bewusstseinsraum. Und auf dem Mond leuchtet der schwarze Monolith. Beide Filme kommen 1968 in die Kinos. Ein Jahre, bevor der erste Mensch in der Geschichte den Mond betritt.
Hell, verdunkelt von Schwarzwolken strahlt er herab auf die Gruselfilme, die ihn als dramaturgischen Ankünder für Schattenwesen und andere Monster verwenden. Der Mond leuchtet Vampiren und Werwölfen den Weg, versteht sich jedenfalls im Kino auch als Scheinwerfer für das Es, zeigt dem Un- und Unterbewussten den Weg nach oben. Im spanischen Schauergotikfilm El retorno del Hombre-Lobo (1981; mit einem umwerfenden Paul Naschy) strahlt er ebenso für die Ungeheuer wie in Sam Raimis Tanz der Teufel (1981).
Als Schauplatz verzeichnet der Mond auch nach seiner Erstbegehung kaum Konjunkturschwankungen: Roland Emmerich reussiert mit Moon 44 (1990) erstmalig in den USA, in The Dark Side of the Moon (1990) verlagert sich das Bermuda-Dreieck in den Weltraum.
In Großbritannien läuft gerade ein SF-Thriller namens Moon in den Kinos an: Der immer lässige Sam Rockwell spielt darin einen einsamen Mondfarmer, der plötzlich von unheimlichen Visionen geplagt wird.
All City
Nach der Mondlandung ist vor der Mondlandung: In den vierzig Jahren seit dem historischen Ereignis hat sich die Beziehung zwischen dem Kino und dem Erd-Trabanten nicht wesentlich gewandelt. Trotz umfassender wissenschaftlicher Erkenntnisse und Vermessungen bleibt der Mond auf der Leinwand, was er immer schon gewesen ist: Ein unwirklicher Ort, ein Refugium für die Fantasie. Reines Kino.