Erstellt am: 16. 7. 2009 - 12:48 Uhr
Zu laut
Es ist schon eine Zeit her, da haben sich die großen Rock-Dinosaurier der 70er Jahre einer nach dem anderen wiedervereinigt. Led Zeppelin, Genesis und Deep Purple bevölkerten Festivals, die Lovely Days hießen oder So jung komma nimmer zsam oder so ähnlich und setzten ihre langen grauen Haare noch einmal dem Bühnenwind aus. Die Indie-Kids haben nur müde gelächelt über die alten Männer, die offensichtlich Geld brauchen.
Bob Bayne
Dinosaur jr
Dinosaur jr haben schon immer auf schön illustrierte Albumcovers wert gelegt. Das von "Farm" stammt von Marq Spusta.
Ein paar Jahre später hat die Reunion-Welle auch die ersten Indie-Bands erreicht. Die arroganten Indie-Kids von damals japsen vor Entzücken, dass Faith No More wieder auf der Bühne stehen, und sie japsten bereits vor vier Jahren – seitdem sind nämlich Dinosaur jr. in der Originalbesetzung zurück. J Mascis hängt also seine langen ergrauten Haare wieder in den Bühnenwind, Lou Barlow seinen verdächtig schwarzen Lockenkopf und Murph seine Spiegelglatze. Dieser Tage ist Farm, das zweite Dinosaur jr. Album seit der Reunion, erschienen.
Farm ist das zweite Dinosaur jr-Album, seit sich die Originalbesetzung der Band wieder zusammen getan hat. Beyond, das Comeback-Album, ist 2007 erschienen, und es ist, im Rückspiegel betrachtet, von einer gewissen Nervosität geprägt: wie wenn man einen alten Freund nach langer Zeit wieder sieht; das erste Treffen ist dann oft ein bissl nervös, man klopft sich ab, ob die Koordinaten noch passen, trotz Job und Kindern: Musikgeschmack, politische Einstellung, die alten Schmähs.
Meistens erkennt man dann, dass der andere im Grunde genommen eh noch genau derselbe ist wie vor zehn oder 20 Jahren – und wenn man sich dann das nächste Mal sieht, dann kann man schon wieder dort loslegen, wo man vor der langen Auszeit aufgehört hat. Und genau hier beginnt Farm.
Anfang/Mitte der Achtziger Jahre waren Dinosaur jr eine von den Bands, die Punk und Hardcore um Folk, Noise und 70er Rock-Einflüsse bereichert haben; neben Sonic Youth, Hüsker Dü oder den Pixies wurden sie so zu einer der prägenden Indie Rock Bands der Achtziger - bis Lou Barlow und Murph dem großen Ego von J Mascis weichen mussten. Irgendwann nannte sich dann J Mascis auch nicht mehr Dinosaur jr, sondern J Mascis & the Fog.
Auf Farm funktionieren Dinosaur jr nämlich wieder wie damals, in den Achtzigern. Das heißt natürlich, dass J Mascis nach wie vor den Ton angibt, und dass Lou Barlow zwei Songs beisteuern darf. Und statt der nervösen Hektik von "Beyond" versprüht "Farm" eine Energie, wie sie Dinosaur jr in ihren besten Momenten versprüht haben.
Jens Jurgensen
In diesem Zusammenhang ist die Pressemeldung, die vor ein paar Tagen durchs Internet geflattert ist, natürlich doppelt lustig: das Label von Dinosaur jr startet eine Rückrufaktion für die europäische Pressung der neuen CD, die ist nämlich zu laut. Lästermäuler haben ja gleich geunkt, dass sich die Band bald in Dinosaur sr. umbenennt; denn vor 25 Jahren, als Dinosaur den "jr" an ihren Namen hängen mussten, hätte sich höchstens jemand beschwert wenn eine Dinosaur jr Platte zu leise gewesen wäre.
Dinosaur sr. tun so als würden sie nicht wissen dass eh jeder merkt, dass sie sich doubeln lassen beim cool Rumskaten und -biken
Dinosaur jr live im Herbst:
24.8. Abart Zürich
14.9. Arena Wien
15.9. Rockhouse Salzburg
18.9. Muffathalle München
Mit Beyond haben Dinosaur jr ein Lebenszeichen gegeben, auf Farm laufen sie wieder zu alter Größe auf: Lou Barlow spielt immer noch so Bass wie andere Leute Gitarre, J Mascis liebt immer noch stundenlange Gitarrensoli und tritt auf sein WahWah ein, wie sonst nur Lance Armstrong auf seine Pedale. Und außerdem jammert er wie eh und je schlimmer als Neil Young. Das alles klingt überraschend frisch und aktuell und zeigt, wie zeitlos Dinosaur jr vielleicht immer schon waren.
Und wer Dinosaur jr auch genauso übersteuert und krachig wie früher mag, der kann ja einfach das Rückrufangebot ausschlagen oder schauen, dass er noch irgendwo eine Fehlpressung bekommt.