Erstellt am: 13. 7. 2009 - 18:02 Uhr
Spiel startet, Kamera läuft
Früher war alles schlechter. Jedenfalls in Bezug auf bewegte Bilder, die über Games-Kultur berichten. Ich weiß das, denn mein Sammeltick schaufelt seit über sieben Jahren TV-Dokus und Sendungsmitschnitte sowie bizarre Video-Fundstücke aus vergangenen Jahrzehnten zum Thema Computer- und Videospiele auf meine Festplatte. Für einen Game-Geek ist erst Mal jedes Stück Grund zur Freude. Doch der Enthusiasmus verblasst schnell, wenn klar wird, dass das meiste davon inhaltlich enttäuschend oberflächlich ist.
Bis auf kleine Inseln wie GIGA oder die großartige Pionierarbeit "Games Odyssey" gab es über viele Jahre hinweg nur zwei Formen der audiovisuellen Berichterstattung. Die häufigste Variante waren TV-Beiträge und -Filme (deutschsprachig und aus dem angloamerikanischen Raum), die über Videospiele an sich berichten. Über diese neue, laute, bunte und sagenumwobene Kulturtechnik des Spielens mit dem Computer! Derlei Annäherungen fielen zwangsmäßig in etwa so tiefgreifend aus, wie wenn man eine Doku zu Film oder Comics im Allgemeinen macht. Die zweite Variante war und ist überschwängliches Special-Interest-Fernsehen aus den USA, wo aalglatte, enervierende ModeratorInnen versuchen, belanglose, produktorientierte Berichterstattung mit Superlativen wegzuschreien. Awesome!
G4TV
Brachialaufklärung
Wie schlau und pointiert sich die laute, US-amerikanische Show-Ästhetik allerdings einem Themenfeld annehmen kann, haben kürzlich die beiden Comedians Penn & Teller bewiesen. In ihrer seit 2003 laufenden TV-Serie "Bullshit!" knöpfen sie sich in jeder Folge ein Thema vor, dass in der Öffentlichkeit besonders kontrovers und mit teilweise kruden Argumenten und Standpunkten ausgefochten wird. Und was könnte hier besser passen, als die leidige "Killerspiele"-Debatte?
"Penn & Teller: Bullshit! - Video Games" ist aus Copyright-Gründen leider nicht mehr via YouTube verfügbar: Auf der Seite von CBS kann man sich immerhin den Trailer zur Folge ansehen.
In 30 Minuten führen Penn & Teller in überaus komischer Holzhammer-Methode vor, wie absurd und widersprüchlich der "War on Video Games" ausgetragen wird und welche grundlegenden Missverständnisse die Sicht versperren. Vorauseilenden Respekt hat das Team dabei vor nichts und niemandem, außer der möglichst klaren und ausgewogenen Darstellung der Sache. Auch jenen, die dem Thema längst überdrüssig sind, sei an dieser Stelle gesagt: So etwas habt ihr noch nicht gesehen.
CBS
Unterwegs in der Blase
Gedämpfter und erzählerischer als bei "Bullshit!" geht es bei Nina, Jens und Tobi zu. Ihr Hobby heißt "World of Warcraft" - neben Action-Games der zweitgrößte Spiele-Sündenbock der besorgten Öffentlichkeit. Von Sucht und Vereinsamung ist in der insgesamt 90 Minuten langen Doku jedoch wenig zu spüren, auch wenn das Thema nicht ausgeklammert wird. Vierzehn Teile lang begleitet die Kamera die Protagonisten in ihrem Alltag, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Spiels. Intensives Eintauchen in ihr "Bubble Universe" geht einher mit elterlichem Besuch in der neuen Großstadtwohnung, einer Zusammenführung zweier Liebenden am Flughafen und ländlicher Naturidylle mit Hund. Geschichten aus dem Leben eben.
"Bubble Universe" ist ein professionell produziertes, idealistisches Projekt von vier jungen Studenten und Autodidakten, allesamt Kino- und Spielefans. Sie nähern sich dem Thema mit der notwendigen Behutsamkeit und zeichnen ein authentisches und vielseitiges Bild des typischen Gamers, den es so natürlich nicht gibt.
Weltenmacher
Doch wer sind eigentlich die Designer, die für die digitalen Parallelwelten verantwortlich sind, in denen sich die Spielenden so gerne niederlassen? Dieser Frage widmet sich ein aktueller Teil der fabelhaften arte-Serie "Durch die Nacht mit ...". Auf der "Game Developer Conference" (GDC) in San Francisco, dem wichtigsten Networking- und PR-Termin für Spieleentwickler weltweit, begegnen sich zwei Generationen. GDC-Gründer und Game Designer Chris Crawford (58), der der kommerziellen Seite der Industrie vor über 15 Jahren den Rücken gekehrt hat, trifft auf den jungen Indie-Darling Jason Rohrer (31), der versucht, Emotionen und philosophische Grundfragen in kleine Spiele zu packen.
Hier gibt es "Durch die Nacht mit Chris Crawford und Jason Rohrer" als Download.
Rohrer ist zunächst sichtlich nervös und hyperaktiv als er auf eines seiner Vorbilder trifft und sein neuestes Werk vorführt. Crawford zeigt sich als interessiert und begeistert von Rohrers Ansätzen. Die beiden spazieren durch Messehallen und Parks, erkunden ein Schiff, spielen gemeinsam ihre Spiele und gehen miteinander essen. Skeptisch gegenüber den Werten der kommerziellen Industrie und mit hoher Wertschätzung gegenüber den Möglichkeiten, sich über das Medium Computer-/Videospiel auszudrücken, vertiefen sich die beiden Designer in hochinteressanten Gesprächen über Menschen, Wertvorstellungen und Leidenschaft.
arte