Erstellt am: 12. 7. 2009 - 13:10 Uhr
Berliner Skandale
Die Stadt Berlin ist ja nicht nur durch die ihre wechselhafte Geschichte, für ihre Kulturstätten und die Ausgehszene berühmt, sondern hat in den letzten Jahren auch durch zahlreiche Finanzskandale, Bankenpleiten, den Berliner Spendensumpf und Bausünden von sich reden gemacht. Inzwischen gibt es schon drei verschiedene Routen für die Stadtführungen mit dem Titel "Pleiten, Pech und Pannen".

rohfilm
Geht man von Kreuzberg aus an der Spree entlang zum Nachbarbezirk Treptow durch den Park kommt man am Gelände des ehemaligen VeB (volkseigener Betrieb) Kulturpark Plänterwald vorbei, einst der einzige Vergnügungspark der DDR.
Nach der Wende 89 übernahm der Schausteller Norbert Witte das Gelände und gestaltete es zum modernen Freizeitpark um. Angeblich wegen fehlender Parkplätze ging das Unternehmen 2002 endgültig bankrott, Witte setze sich mit seinen Karussels nach Peru ab und ließ dem Land Berlin 15 Millionen Schulden zurück. Als das Vergnügungsgeschäft in Peru aber nicht so gut lief packte ihn das Heimweh, er beschloss, den schuldenbelasteten Park zurück zu kaufen. Das dazu nötige Geld wollte sich der Pleitier mit Drogenschmuggel besorgen und ließ 167 Kilo Kokain in das Fahrgeschäft "Der fliegenden Teppich" einschweißen und verschiffen. Der geniale Plan flog auf, Witte wurde verhaftet, saß seine Strafe ab und wohnt jetzt wieder als Verwalter im maroden "Westerndorf" auf dem Rummelgelände.

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Dieser unglaublichen und schillernden Geschichte hat sich auch der ganz hervorragende Dokumentarfilm "Achterbahn" angenommen, der gerade in den deutschen Kinos anlief. In tollen Bildern von Berlin-Treptow und Lima wird das Porträt einer Schaustellerfamilie und eines Patriarchen entworfen, der zuviel Visionen hat und sich in seiner unbeirrten Zuversicht immer mehr verstrickt. Wittes Sohn ist in Peru wegen des Schmuggels zu 20 Jahren Haft verurteilt worden und sitzt jetzt in Lima in einem der härtesten Gefängnisse der Welt.
Der Spaziergänger in Berlin jedoch freut sich an der verwilderten Stadtlandschaft , die sich die Natur seit der Insolvenz zurück erobert hat. Das rostige Riesenrad ragt aus den Baumwipfeln, die verlassenen Kassenhäuschen sind von Unkraut umwuchert, lebensgroße Dinosaurier liegen rücklings im hohen Gras, die Schwanengondeln warten auf ihren Einsatz und verfallen allmählich, eine wunderschöne Kulisse für melancholische Spaziergänge an der Spree.
Seit Jahren sucht man neue Investoren für den Park, aber zum Glück stellt sich Berlin beim Verkauf des Geländes schön blöd an - ein neuer Park würde auch ein paar ha Waldfläche für Parkplätze kosten - und so bleibt die Wildnis vorerst bestehen.