Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Journal '09: 3.7."

Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

3. 7. 2009 - 17:26

Journal '09: 3.7.

30 Vorschläge für den Sommer des Jung-Journalisten.

Journalism Grads: 30 Things You Should Do This Summer

1. Start a blog and post at least twice a week

2. If you already have a blog, write a post that gets retweeted 20 times

3. Shoot 100 amazing photos and post them on Flickr

4. Friend at least 50 journalists on Twitter who in turn follow you back

5. Become a part of a crowdsourcing project

6. Improve at least 5 Wikipedia entries

7. Create an audio slideshow using Soundslides

8. Shoot and edit a 3-minute video and post it to YouTube

9. Design a website from scratch using HTML and CSS

10. Create and maintain a Delicious account with at least 50 links that you find interesting

11. Create an online portfolio

12. Learn at least one other form of blogging (e.g. photo-, video- or live-blogging)

13. Crop, resize, and color correct 50 photos using photo editing software

14. Start your own podcast

15. Create a profile on LinkedIn

16. Learn another computer language besides HTML (e.g. XML, PHP, MySQL)

17. Create an avatar and use it on all your social networking profiles

18. Learn how to create a basic slideshow in Flash

19. Subscribe to at least 25 non-journalism blogs using an RSS reader

20. Record, edit and embed a 3-minute piece of audio.

21. Interview 10 people using a handheld audio recorder

22. Interview 10 people using a video camera

23. Create a map mashup using a CSV file

24. Set your social network profiles to private or remove any incriminating evidence

25. Create a multimedia project that incorporates, video, audio, and text

26. Create a Flash project that uses ActionScript 3.0

27. Write a blog post that is Dugg at least 20 times

28. Join Wired Journalists

29. Attend a multimedia training workshop or take an online course

and finally:
30. Remind yourself why you want to be a journalist

Am 1. Juli hat mir Christian diesen Link geschickt: Journalism Grads: 30 Things You Should Do This Summer, eine wilde Liste von potentiellen An- und Herausforderungen, die 10000words.net, eine Site aus Scottsdale, USA, die technology und journalism verlinkt, veröffentlicht hat.
Die 30 Punkte sind da nebenan zu lesen.

"bin grad drübergestolpert > stichwort: österreich und jung-journalismus. zum kritischen hinterfragen aber allemal" schreibt der Christian (im Übrigen: Danke fürn Hinweis!).

Am 1. Juli haben, wie jeden 1. Juli die "Neuen" bei FM4 ihren zweimonatigen Sommer-Crashkurs begonnen. Ich hab die 30 Punkte kopiert und an sie verteilt, nicht um sie zu entmutigen, sondern um kurz über den Tellerrand zu schauen und uns allen diese wilde Diskrepanz bewusst zu machen, die zwischen journalistischen Anforderungen in den USA bzw Europa und dann im speziellen in Österreich herrschen.

Ich, als vergleichsweise halbwegs neue-Medien-affiner alter Hase kann mit Müh' und Not zehn Punkte auf dieser Liste als erledigt abhaken. In aller Offenheit: Einige der Punkte versteh' ich nicht einmal komplett. Anderes hab ich in den letzten Tagen zufällig gestreift. Gegen wieder anderes sträubt sich alles in mir. Und einige Punkte hab ich, auch weil man im Lauf der Jahre sein genaues Arbeitsfeld ja präziser absteckt, bereits komplett verräumt.

Aber die Zielgruppe dieser Liste sind ja die Grads, die Auszubildenden, die Jung-Journalisten, für die Offenheit und Neugier ja die beiden Hauptantriebe sein sollten.

Working on a tan or working on a job?

Frau mit 10 Armen - Multitasking

swr medienfrauen

Natürlich geht es den Initiatoren in erster Linie um eines: um provokanten Input. Das liest man schon in der süffigen Einleitung: "You could spend this summer working on your killer tan... or you could use the downtime to get heads up on the thousands of other grads competing for journalism jobs. Use this checklist to improve your journalism skills and set yourself apart from the pack."

How provocative this may be - aber diese Anregung trifft natürlich immer zu: Die, die sich früh gut auskennen, tun sich dann, wenn die Anforderungen zum Mainstream werden, leichter.

Und natürlich werden sich die Oberschlauen und Drückeberger, die sich auf ihren Genius, auf ihre Onkel oder auf den Zufall des Durchschummelns verlassen, sich auch davor nicht schrecken.

Es geht nicht drum diese Liste brav abzuarbeiten, wie es eine der Posterinnen, die das an die "Girl Scouts" erinnert, ironisch anmerkt; es geht darum sich selbst vor Augen zu führen, was alles an neuen Ausspielwegen schon am Tisch liegt, wie vielfältig und variabel die Anforderungen an die MedienmacherInnen der Zukunft sind und wie wenig man sich noch an den simplen Schreibstuben-Strukturen orientieren kann.
Strukturen, die leider in all zu vielen theoretischen und praktischen Ausbildungs-Zonen immer noch der Standard sind.

Kritisches Hinterfragen?

Das hat der Christian (zurecht) eingefordert.
Und ich möchte da gleich Posterin Clea zitieren, die folgendes anmerkt: "May I add an old-school suggestion here? Report on something that hasn't been written about already. Too many bloggers are simply rehashing and, really, if you're a recent grad your opinion isn't going to be that interesting. Report on something. Anything. Get more than one source. Let people know something they didn't before."

Nicht dass diese Einmahnung die Wucht der Liste in irgendeiner Hinsicht beeinspruchen würde. Sie fügt der sehr dringend-drängenden, aber letztlich rein formalen Liste eine neue Dimension hinzu, eine inhaltliche.

Leider wird dieser völlig richtige Einspruch von den konservativen Bewahrern der Branche gern als Totschlagargument dafür benützt sich gar nicht erst mit den neuen Formen auseinandersetzen zu müssen.

Die Lösung ist einfach: Beides ist wahr.
Natürlich neigen die Early Users der neuen Technologien (so wie alle Frühen Adaptoren) zu einem hauptsächlich technischen Umgang. Deswegen sind ihre Tools aber weder falsch noch böse.
Und natürlich neigen die Bewahrer zu einem Schönreden ihrer inhaltlichen Qualitäten. Was nur in einem sehr geringen Maß der Realität entspricht. Im US-Quality-Bereich allerdings noch mehr als chez nous.

Der Einbruch der Qualität dauert, in jedem neuen Medium, jedem neuen Tool. Zumindest die spielerische Einführungsphase lang. Und deren Ende erleben wir ja gerade mit.

Banden-Bildung

Mir fehlt in dieser Vorschlag-Liste ja noch was anderes; etwas, was z.B. die Neuen bei FM4 ganz automatisch tun, weil sie ja zusammengeworfen werden: die gemeinsame Arbeit. Das muss nicht in klassisch basisdemokratisch strukturierten Teams passieren, ich denke da eher an gemeinsame Plattformen, an Gruppen-Veröffentlichungen; wofür das Netz ja wie geschaffen wäre.

Und ich entdecke, dass z.B. Poster Dave da andockt:
"Here's another idea: find someone else in your area who has similar interests, but opposite skills. Team up and mentor each other." Attracted Opposites. Schöner Gedanke.

Und noch ein Posting zu dieser Liste, ein böses, aber wahres. Von Greg: "You skipped this: 0. Find a way to financially sustain acts of journalism online." Nicht einmal als Totschlagargument, sondern als durchaus wichtigen Einwurf. Wer nämlich hier ein praktikables Business-Modell entwickelt, kann sich vom Abarbeiten jeglicher 30 Punkte lebenslang befreien.