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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

28. 6. 2009 - 22:33

Fußball-Journal '09-50.

Was der eben beendete Confed Cup mit uns oder zb Bayern München zu tun hat.

Wie immer an Sonntagen ein Update zu den Österreichern, die es raus in die Fußball-Welt zieht:

Denis Berger (83-04) vom SV Ried, der bereits auf etliche Stationen in Deutschland (u.a. beim VfB) verweisen kann, geht nach einem okayen Jahr in der heimischen Liga wieder retour, zu Regensburg. Schöne Stadt ausgesucht!
Ronald Gercaliu hatte Möglichkeiten nach Schottland, England oder Holland zu gehen, entschied sich aber für Wiener Neustadt. Au weia, nicht weil's dort so schiach wäre, aber wegen fehlenden Wagemuts.

Richie Wemmer (81-02), ewiges Talent der zweiten Reihe, geht womöglich nach Ungarn zu Zalaegerszeg, Cem Atan (85-06) wird wieder einmal mit der Türkei - diesmal mit Genclerbirligi - in Verbindung gebracht.

Frosinone-Legionär Dieter Elsneg (90-02) war fast schon bei Sampdoria Genoa, ein anderen Junior, nämlich Georg Krenn (90-10), zzt noch Everton, soll zu Willem II Tilburg in die Niederlande wechseln.

Ivo Vastics Sohn Toni soll sich dem Vernehmen nach bereits für Engalnd entschieden haben.

Samstag verloren David Alaba, Georg Knasmüllner und Kevin Feiersinger (alle Jg 92) mit dem FC Bayern München das Finale der deutschen U17-Meisterschaft gegen den VfB Stuttgart, das Team zu dem Rapids Supertalent Raphael Holzhauser (93-02) wechselt. In einem längeren Spielbericht des BR wurden Knasmüllner (als tolle Nummer 10) und Alaba (als formidabler Einfädler) hervorgehoben. Alaba, 17, der wohl direkt zu den Bayern Amateuren aufrückt, zeigte sich im Vergleich zu Austria-Zeiten unglaublich entwickelt. Dort, bei der Austria, galt er auch als zu verspielt.

Die Namen mit denen Landon Donovan von Bayern-Manager Uli Hoeness belegt wurde, würden für eine lange Liste reichen. Donovan wurde zum Sündenbock für eine verpatzte Saison, weil er sich nicht ins Spiel integrieren konnte und auch weil Coach Klinsmann seine Verpflichtung befürwortet hatte.

Nun ist Landon Donovan nicht irgendeine Pfeife, sondern der Chef der Nationalmannschaft der USA, ein beruhigender spielbestimmender Charakter. Als solchen hatte ihn Klinsmann geholt - denn so einer hat den Bayern, die in dieser Antreiber-Rolle nur den Schläger van Bommel hatten, gefehlt.
Das hat nicht funktioniert, weil man ihm keine Zeit gab, und weil Donovan einem Typus entspricht, dem die alte Garde nix zutraut. Die hätten wohl auch Xavi, Iniesta, Kaka oder Robinho gleich heimgeschickt, oder als unmännliches, vielleicht sogar schwules, in jedem Fall nicht-durchsetzungsfähiges Gegenmodell zu Kahn/Effenberg diffamiert.

Das ist der Grund warum Bayern München heuer in keiner Kategorie erfolgreich war, während die anderen Finalspiele erleben.
Nicht einmal im Kader der deutschen U21-Nationalmannschaft, die morgen Montag ihr EM-Finale gegen die leicht zu favorisierenden Engländer bestreitet, steht ein Bayern-Spieler.

Die Finals spielen also Andere.

Zum Beispiel im Confederation Cup, dem Vorbereitungs-Turnier auf die WM 2010.

Landon Donovans Amerikaner, die sich nach brauchbaren Leistungen gegen Italien und Brasilien dann die sich schon im Semifinale wähnenden Ägypter niederrangen und sie so ersetzten, und dann dort die tolle Serie der Spanier zunichtemachten.
Und das 2:0 im Finale macht Landon Donovan dann selber. Uli Hoeness blödes Gesicht muss niemand sehen, jeder kann sich's vorstellen.

Ich bin kein spezieller Fan des US-Fußballs. Aber natürlich muss man die Fähigkeiten sich gegen eine an sich überlegene Mannschaft durchzusetzen schätzen und herausheben - gerade als gelernter Österreicher. Weil man da was lernen kann.

Das US-Team ist a) effizient, b) paßsicher c) defensiv hochdiszipliniert und d) schnell. Zudem greift es auf eine Menge gut ausgebildete Legionäre zurück.
Es spielt ein sicheres und präzises System, seit Jahren bereits, und man baut, vergleichsweise unhysterisch, seit Jahren auf um sich endlich in die vorderste Front zu spielen. Als sicherer Achtelfinalist galt die USA seit einiger Zeit, aber über diese bald mit Mexico vergleichbare Rolle will man irgendwann hinaus.

Auch die anderen Mannschaften, die beim Confederation Cup gut ausgesehen haben und über ihren Erwartungen blieben, also Südafrika und auch Ägypten, suchen genau diesen Anschluss an die Weltspitze. Ägypten, weil man dort sowieso ein fast englisches Selbstverständnis an den Tag legt was Fußball betrifft und Südafrika, weil man bei der Heim-WM gut aussehen will.

Bafana Bafana, vorwärts die Jungs!

Südafrika war lange in der Talsohle und hat sich - wie erhofft - jetzt gefunden, vor dem größtmöglichen Publikum. Das hat auch mit einem strikten System zu tun, einem sehr brasilianischen 4-2-2-2 (das auch Brasilien spielt, logisch), mit der Herausbildung von Personalities wie dem Collina/Lurch-artigem Marc Booth, den Mark Fish seiner Generation, dem rastabezopften Tshabalala, dem endlich aufgewachten Steven Pienaar oder Tormann Khune.

Im übrigen ließ der LASK dieser Tage durchsickern, dass man an Benny Feilhaber, dem US-Mittelfeldspieler, dran wäre. Feilhaber, vormals beim HSV und Derby, aktuell bei Aarhus in Dänemark, hat auch einen österreichischen Paß (Emigranten-Opa), sich aber 2006 für die Karriere im US-Team entschieden. Und abgesehen davon, dass der LASK nicht noch einen achten zentralen Mittelfeldspieler braucht, wäre Feilhaber gut beraten Österreich zu meiden, wenn er dem Sport, das in Südafrika gespielt wurde, nachgehen will.

Ägypten war fast durch, dann stellte der väterlich-autoritäre Coach Shehata ohne Not sein 3-5-1-1 zu einem 4-5-1 um; prinzipiell schon eine Idee wert, aber nicht im entscheidenden Spiel, mit einer Mannschaft, die das verwirrt.

Nicht verwirrt, aber in ihrer Zentrale überaltert: Italien. Gattuso-de Rossi-Pirlo, das ist toll, aber es ist ein wenig 2006. Heutige Mittelfelder (Xavi-Iniesta-Fabregas...) denken und handeln offensiver, passen direkter, fädeln besser ein. Italiens U21, bei der parallel stattfindenden Euro Gruppensieger und Semifinalist, zeigte vor, wie's besser wird. da braucht man sich keine übergroßen Sorgen zu machen.

Eh auch nicht um Spanien. Der Europameister probierte ein paar Dinge aus und stieß einmal, fast zweimal an seine Grenzen. Das erstemal als es gegen die USA nicht gelang ein langes erfolgloses Anrennen mit einer sicheren defensive zu kombinieren. Und das zweitemal als klar wurde, dass die großen Drei im Mittelfeld nicht sooo leicht zu ersetzen sind.

Gefragt: serientaugliche Extras

Ansonsten zeigten die sechs Klasse-Teams dieses Confed-Cups worum es aktuell im Fußball geht: um Kombinationsspiel, um Vertikalität, um periphäres Sehen, um das Einlösen einer technischen Extra-Austattung im Moment des höchsten Drucks. Und um Tempo, Tempo, Tempo.
Also um Dinge, die man wohl weltweit beigebracht bekommt, aber nicht weltweit auf höchstem Niveau ausüben kann. Der Irak und Neuseeland, in der Weltrangliste (zurecht) Nachbarn von Österreich, strampelten tapfer mit.

Und in der Heimat des großen Gewinners dieses Turniers, der wunderbar stumpfsinnigenVuvuzela, tut man sich schwer.
Aber mit Geduld geht was.

Was wurde aus Mushin Ertugral?

Ertugrul hatte damals ein Talent im Gepäck, Jabu Pule, der den Umstieg nach Europa nicht so gut gepackt, Probleme bekommen hat. Aber die hatte er auch durch sein Spiel - das ist heute hier schon öfter thematisiert (bei Alaba, bei Donovan, den Xavis etc). Pule hat übrigens mittlerweile seine Karriere beendet.

Die hat man z.B. bei den Kaizer Chiefs dem südlich von Johannesburg beheimateten Top-Klub des Landes.
Dort ist der Deutsch-Türke Mushin Ertugral seit 2007 Coach, und baut dort auf, mit immer neuen Talenten aus dem Nachwuchs, davor war er bei Ajax Cape Town und tat dasselbe, davor war er beim SV Mattersburg, wo man ihn nichts aufbauen ließ, wo man das, was es dazu braucht (frischen Wind, Weltoffenheit, Mut zum Risiko, taktsiche Ansprüche) nicht anbieten kann/mag. Bis heute kann man nicht.
Rächt sich, sowas, immer.

Denn dass man nur mit einer seriösen Planung, mit einem gut überdachten System, strategischer Variabilität und einem geschulten Personal in so einem Turnier (und in weiterer Folge einer Weltmeisterschaft) bestehen kann, das belegten alle Teilnehmer, auch der gut fightenden Irak und selbst die gegen Spanien arg unter die Räder gekommenen Neuseeländer (aber: sowas soll ja vorkommen).

Die Großen (Brasilien, Spanien, Italien) zeigten, dass und wie sie an ihren langfristig gepflogenen Strategien feilen (Dunga läßt letztlich so spielen wie damals, als er 1994 Weltmeister wurde; auch Lippi greift auf sich selber zurück - wird aber unter Druck kommen; und del Bosque hat den Euro-Stil übernommen) und die neuen Wilden zeigen, dass sie Anschluss gefunden haben (USA und Südafrika mit ihren schön strengen 4-4-1-1) und dass sie auf gutem Niveau stagnieren (Ägypten mit seinem System-Ballerwatsch).

Confed-Cup 2009, Endstand.
1. Brasilien
2. USA
3. Spanien
4. Südafrika
5. Italien
6. Ägypten
7. Irak
8. Neuseeland

Über den Finalsieg beschwert sich wohl keiner: da hat sich die bessere Mannschaft durchgesetzt, in einem guten Spiel. Das US-Team hat exzellent mitgespielt, genauso wie heute nachmittag schon das Heimteam, die Bafana Bafana, die Spanien (nicht ganz in Bestbesetzung, aber wie immer spielerisch sehr sehr gut) bis in die Verlängerung forderten. Und gegen Brasilien als Weltmeister hätte auch niemand etwas. Nie. Wohl auch niemand was gegen Spanien.
Und den USA und Südafrika wird man 2010 wohl mit mehr Respekt gegenübertreten. Ägypten und den Irak werden wir dort nicht mehr sehen, auch schade. Und Italien wird anders aussehen.

Der Siegestreffer im Finale wurde dann auch von einem Bayern-Spieler erzielt, von Lucio, dem Kapitän der Brasilianer - einen, den die Bayern zuletzt am liebsten loswerden wollten. Nur um da den Bogen zum Beginn zurück zu schlagen...