Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Song zum Sonntag: Gossip"

Boris Jordan

Maßgebliche Musiken, merkwürdige Bücher und mühevolle Spiele - nutzloses Wissen für ermattete Bildungsbürger.

28. 6. 2009 - 06:00

Song zum Sonntag: Gossip

Bandenbildung mittels Szene: Pop goes the World

Find yourself in a situation
Can’t talk your way out of
Stimulate the conversation
How do you rise above
You try to tell some one
But you can’t describe it
We’ll start a demonstration
Or we’ll create a scene
Make noise from our frustration
Newspapers, magazines
We’ll turn them on their heads
You can’t deny it

For once
We’ll do what come naturally
We’ll approach it casually
With no apology
For once
We will have the final say
Goodbye to yesterday
‘Cause we know we’re hear to stay

Pop, pop, pop goes the world
New sensation
Pop, pop, pop goes the world
New creation

Give every generation
A different set of rules
We’ll start with TV stations
The radios and schools
Just try to have some fun
And don’t get caught
We’ll capture their attention
We’ll make them quite aware
Of all of our intentions
We’ll make ‘em stop and stare
They’ll take a second look
On second thought

For once
We’ll do what come naturally
We’ll approach it casually
With no apology
For once
We can have the final say
Goodbye to yesterday
‘Cause they know we’re hear to stay

Das hätte man der alten Tante Popmusik nicht zugetraut. Oder man traut es ihr nicht mehr zu. Oder man hat es ihr nie zugetraut: Die Welt werden. Alles verändern. Eine neue Schöpfung, eine neue Sensation, nach der nichts mehr so ist wie vorher.

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Aber es war wohl immer das goße Heilsversprechen des Rock'n'Roll, oder Soul, oder Pop, oder Punk, oder Hiphop. Dass aus der Kunst, aus der individuellen moralischen Entrüstung oder dem lauten Kinderruf nach "ich, ich, ich", also den Eigenschaften von Popmusik, eine weltverändernde Kraft wird, eine Kraft, die auch eines der Hauptargumente darstellt, warum wir Pop für etwas Bedeutenderes zu halten gelernt haben, als etwa die Oper, modernen Tanz oder Lyrik und weshalb wir dann auch für eine Schallplatte oder ein Konzert bezahlen.

Wir bilden eine Bewegung, eine Demonstration oder eine Szene, sei sie auch noch so klein, eine noch so unbedeutende Rotte - sie wird größer werden und sie wird nicht mehr weg gehen. Sie will nur Spaß haben und nicht gefasst werden.

Wir wissen nicht was es ist, aber es ist stärker, größer als wir. Wir schaffen eine Einheit, wir sagen dem Gestern adieu - und das alles nur, weil wir da sind.

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Der Song zum Sonntag ist eine Kooperation zwischen FM4 und der Presse am Sonntag und erscheint hier wie dort, wo sich der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar der Kolumne annimmt.

Gossip, die vielbejubelten, sind in derartiger Poptheorie versiert genug, um zu wissen, dass 2009 ein derartiges Versprechen nicht ungebrochen so gebrüllt werden kann, wie noch "break on through", "kick out the jams" oder "no future", nichtmal wie "fight the power" - aber ihre "Nix Pfeifen"- Attitüde erlaubt es ihnen, es nicht nur trotzdem zu tun, sondern daraus ein Funkmonster sondergleichen zu machen, das nicht nur Kollege Kramar in der Presse dazu verleitet, "Pop goes the World" zu bezeichnen als den "Konsens-Sommerhit, für den sich keiner schämen muss". Nicht ohne hinzuzufügen: "Wenn die Welt nicht völlig spinnt" - und das kann man ja nie ausschließen.