Erstellt am: 27. 6. 2009 - 16:25 Uhr
Schreckensnachricht: Popkomm abgesagt!
Letzte Woche kam die Schreckensmeldung: Die für September geplante Musikmesse Popkomm - einer der wichtigsten Treffs der Branche – ist abgesagt. Dieter Gorny, früher Viva-Chef, jetzt der Vorsitzende des Bundesverbands der deutschen Musikindustrie machte es in der Pressemeldung dramatisch: “Wir wollen ein Zeichen setzen, dass die Politik nun endlich handeln muss, um den Diebstahl geistigen Eigentums im Netz zu stoppen.“

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Damit wird wieder einmal die Schuld an der Gesamtlage "dem Internet" in die Schuhe geschoben, dabei haben sich zu der Fachmesse schlicht und einfach zu wenig Besucher angemeldet.
Gornys recht dummdreiste Aktion ging nach hinten los. Denn in der letzten Woche zählten sämtliche Print-und Online Medien Deutschlands die bisherigen Versäumnisse der Musikindustrie auf: Sie hat in den letzten Jahren alles getan um ihre junge Klientel zu vertreiben, hat die technische Entwicklung digitaler Tonträger und Erweiterung der Vertriebswege verschlafen und die Erneuerung des Urheberrechts verpasst.

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In Berlin wird man die Absage verkraften können, hier ist eh genug los und Konzerte kann man auch ohne Popkomm das ganze Jahr über genug sehen. In den goldenen Neunzigern war die Messe noch in Köln zu Hause - ein Freudenfest für alle Medienschaffende und auch für Musiker eine spaßige Angelegenheit. Überall im überschaubaren Köln spielten Bands und man stand stundenlang vor dem Mexikaner und vernetzte sich so ganz oldschoolmäßig bei Gesprächen und Getränken. Die Zeiten sind vorbei, Gorny reist jetzt viel herum, hält Vorträge zur Zukunft des Pop und fordert im Namen der Major-Plattenfirmen, französische Maßnahmen von der deutschen Regierung: Nach drei Verwarnungen soll jenen, die urheberrechtlich geschütztes Material downloaden, der Internetzugang gesperrt werden. Nur: Das erst im Mai verabschiedete Gesetz ist erst vor ein paar Tagen vom französischen Verfassungsrat kassiert worden - zu Recht.
Gegen eine Kulturflatrate sperrt sich Gorny und hält die Verteidigung des geistigen Eigentums hoch. Das aber ist die größte Farce: Gerade die Musikindustrie hat doch das so genannte 360 Grad - Modell erfunden, das dem Musiker nicht nur die Rechte an seiner Musik, sondern auch am Merchandising und 20 % der Konzerteinnahmen abnimmt. Hinter diesem Modell mag die pure Verzweiflung einer sterbenden Branche stehen, am Anfang und Ende der musikalischen Verwertungskette steht jedenfalls der/die MusikerIn, als Kuh, die von allen gemolken werden will.