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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

21. 6. 2009 - 20:30

Fußball-Journal '09-47.

Letzter Aufruf für Europa! Über die bei Vereinen und Liga negierte Brisanz der heurigen Europacup-Saison.

Und das sind die ersten Gegner.

Morgen wird in Nyon in der Schweiz die erste Auslosung für die nächste Europacup-Saison vorgenommen. Ich lese überall was sie die einzelnen Vereine erwarten - die tatsächliche Bedeutung dieser Saison jedoch kommt nicht vor.

Das ist der Auslosungs-Fahrplan, hier kommen Infos zur Champions-League-Auslosung, da ist die Europa-League-Liste.

Komisch, aber nicht untypisch - schließlich ist in der heimischen Fußball-Branche incl ihrem angeschlossenen Jubel-PR-Department, dem sogenannten Sportjournalismus, langfristiges Mitdenken überaus verpönt. Das merkt man auch angesichts der vielen billigen Schnellschüsse im durch den viel zu frühen Meisterschaftsstart verursachten ultrakurzen Übertrittszeit - aber dazu später.

Die Europacup-Saison 09/10 wird nämlich die Weichen stellen: schaffen es die österreichischen Vereine sich im Europa-Ranking auf dem aktuellen Level (rund um Platz 20) zu halten oder kippt man aus den Top 25 raus in den Keller.

Der Sturz ins Bodenlose droht

Hintergrund: die in der morgen losstartenden Saison erzielten Punkte ersetzen in der fürs Ranking entscheidenden UEFA-5-Jahreswertung das letzte Top-Ergebnis, die 7.625 Punkte von 04/05. In den Saisonen danach sah es dann allerdings zwischen jämmerlich und erbärmlich aus: 3.250 (05/06), 1.500 (06/07), 3.200 (07/08) und 2.250 (08/09). Wenn es ein weiteres Jahr wie diese letzten vier gibt, fällt Österreich weit zurück. Weil nämlich alle hinter dem unsrigen liegenden Verbände im Schnitt besser sind - die hatten keinen Ausreißer nach oben wie Österreich 04/05, sondern einen Schnitt von 3.200 bis 3.500.

Die Club-Koeffizienten von drei unserer Europa-Teilnehmer sind durchaus verheerend: Salzburg hat aufgrund seiner peinlichen Auftritte ganze 6.566 Punkte, das ist Rang 47 unter allen zur CL-Quali Angetretenen.
Rapid ist mit 8.566 die Nummer 52 der Euro-League-Starter, Sturm mit 3.566 die Nummer 74...

Nur die Austria sticht mit 31.566 Punkten heraus - sie ist damit im Europa-League-Ranking die Nummer 19; auch wenn man da 15 vielleicht Besserklassierte, die aus der Champions League-Quali rüberkommen, miteinberechnet ist das nicht schlecht.
Bloß zehrt auch Austria Wien von der guten Saison 04/05. Und dieses Resultate fallen weg und werden durchs heurige Ergebnis ersetzt. Wenn die Veilchen heuer also nicht gut punkten, fallen auch sie brutal zurück...

*Achtung, Milchmädchen! Die Club-Punkte werden anders errechnet als die Nationenwertung. Als Beispiel: bei der einen Liste führt England mit 79.5, bei der anderen Barca mit 121.853.

Schaffen Salzburg, Rapid, Austria und Sturm also wieder nur ein bescheidenes Ergebnis wie die der letzten Jahre fällt man auf Platz 27 zurück; da sind dann nur mehr tatsächliche Zwerge mit semiprofessionellen Ligen dahinter.
Was auch wieder etwas für sich hätte, weil man dann genau wüßte, was zu tun wäre - den Pseudo-Professionalismus der Bundesliga beenden.

Aber natürlich darf das nicht passieren - es würde sich um einen Rückfall handeln, von dem sich Österreich (wie zb Ungarns Liga) nicht mehr erholen würde.

Platz 15 im Auge, Platz 27 im Genick

Mit diesem Rückfall wäre das eigentliche Ziel der ÖFB-Clubs, der 15. Ranglistenplatz (der Österreich berechtigen würde eine zweite Mannschaft in die Champions League-Quali zu schicken) in unerreichbarer Ferne.

Schlimme Konsequenzen hätte der Absturz in der Europa-League, der Fortsetzung des UEFA-Cups.
Fällt Österreich auf hinter Platz 22 zurück (was schon mit einem für unsere Verhältnisse vergleichsweise gutem Abschneiden passieren kann) wird der Meisterschaftsdritte künftig in die allererste Quali-Runde rückversetzt.
Kippt Österreich gar aus den ersten 27 wird er Cupsieger in die 2. Quali-Runde rücjgestuft.

Umgekehrt garantiert auch hier ein Top 15-Platz dem Cupsieger und dem Dritten einen Einstieg in Quali-Runde 4, während für den Zweiten da schon Platz 18 genügt.

Alles eigentlich Ansporn ohne Ende.
Von einem Bewußtsein die Ausgangs-Position für die vereine, also letztlich sich selbst, zu verbessern, war in den letzten Jahren im übrigen wenig zu spüren. Vor allem in Auswärtsspielen gegen daheim schon durchaus gut beherrschte schwache Erst- und Zweitrunden-Gegner ließen es vor allem die Austria und Salzburg gern bei Unentschieden oder Eh-Wurscht-Niederlagen bewenden, was entscheidende Punkte verschleuderte.
Es steht zu befürchten, dass das auch heuer wieder so sein wird - es fühlt sich um informellen Haberer-Geflecht des heimischen Kicks ja niemand dafür verantortlich die Vereins-Chefs auf die Bedeutung der zu sammelnden Punkte hinzuweisen.

Alles spielt für Salzburg

Dabei ist es diesmal, vor allem für Meister Salzburg, echt leicht.
Das neue Format ermöglicht es den Red Bull-Oberen ihr Team, wenn sie es schon nicht in die CL schaffen, direkt in die Euro-League-Gruppenphase zu führen; dafür muß man nur ins Play-off kommen, also zwei Runden überstehen.

Und in denen drohen weder Sevilla, Donezk noch Blackburn, sondern maximal die Meister aus Belgien, Griechenland, Tschechien, der Schweiz oder Serbien.

Interessanterweise steckt man bei Salzburg - wie jedes Jahr - gerade dann, wenn es drum geht sich mit einem eingespielten Team endlich zu qualifizieren, mitten im Umbruch: neuer Coach, neues Trainerteam, neues System, neue Philosophie (defensiv), drei neue Spieler (allesamt nicht die versprochenenen echten Stars - falls die noch kommen sollten, werden die noch weniger eingespielt sein) und ohne Laszlo Bodnar, den besten Rechtsverteidiger der letzten Liga-Jahre, den man grundlos ziehen ließ.

... und einige arbeiten fest dagegen...

Für mich klingt das nach einem Masterplan des passiven Widerstands gegen eine Champions-League-Teilnahme.

Mein aktuelle Lieblings-Gag am Rande: die "Sportwoche" schreibt, dass das Interesse von Kaiserslautern an Pacult von letzterem in die Welt gesetzt wurde, um sich interessanter zu machen, aber nur dazu geführt hatte, dass ihn Rapid unbedingt dort ankriegen wollte (was ja nicht ging, weils eine Erfindung war) - schönes Eigentor!

Die Wiener Vereine halten da mit: Rapid brockt sich eine hausgemachte Krise ein, und die Austria kauft weiter ein, als würde eine Mannschaft ausschließlich aus Mittelfeldspielern bestehen.

Wie sich die aktuelle Transfer- und Gastpieler-Listen so lesen, als würde niemand aus vergangenen Fehlern lernen. Mattersburg etwa schickt gerade seine im Winter geholten Slowaken (die die davon ein halbes Jahr aktiven Ungarn ersetzt hatten) heim um neue, ungeprüfte Legionäre reinzuholen - da wird jemand aus Schaden einfach nicht klüger.
Schinkels käuft für Kärnten einen Malteser ein, weil es in Österreich keine Kreativspieler geben würde.
Malta nimmt im UEFA-Ranking Platz 52 von 53 ein. Ein großes, aber wohl bald zu erreichendes Ziel.