Erstellt am: 21. 6. 2009 - 02:09 Uhr
Nova Rock Tag 2 - die Schlammschlacht
Gatsch gab es reichlich am 2. Tag des Nova Rock. Mir persönlich wäre trockener Staub lieber. Erstens klebt der nicht so und vor allem bewegt es sich darauf leichter vorwärts, als durch Unmengen von Schlamm.
Patrick Wally
Lacuna Coil
Um so schwerer ist es für eine Band, unter solchen Bedingungen aufzutreten, denn nach Festivalstimmung ist einem bei all dem Schlamm nicht so wirklich zumute, geschweige denn nach Musik, was man auch an der spärlichen Anzahl an Menschen erkennen konnte, die sich bei den ersten Bands vor der Bühne versammelten.
Was Lacuna Coil betrifft, gibt es aber noch einen - zugegebenermaßen völlig absurden - Grund, warum ich kein Fan bin. Die Band aus Italien erinnert mich zu sehr an Nightwish, die ebenso harten Metal mit lieblichem Frauengesang vermantschen und leider kenne ich persönlich zu viele Nightwish Fans, die mir eher suspekt sind.
Ja, sowas ist tatsächlich sehr absurd, denn was kann die Band für deren Fans, derer ich eh nur ein paar kenne? Als Lacuna Coil dann aber pünktlich um 15 Uhr 45 bei leichtem Regen und kühlem Wind ihr Set begannen, wurde ich denn doch eines Besseren belehrt. Einerseits war deren Gothic-Alternative-Metal ja doch nicht so übel, wie mein eingangs erwähntes Vorurteil vermuten ließ, schließlich mag ich Gothic-Metal sehr und zudem agierten Lacuna Coil extrem sympathsich und wirkten sehr dankbar dafür, dass sich nette Menschen bei unwirtlichem Wetter zu ihrem Konzert versammelten.
Patrick Wally
Sängerin Cristina Scabbia steht freilich ganz eindeutig im Vordergrund, musikalisch aber wechselt sie ihre Gesangsparts fast gleichberechtigt mit Andrea Ferro ab und die Kombination dieser beiden Stimmen hebt die Band denn doch von jenen wie Singsang-Operetten-Metallern Nightwish heraus. Höhepunkt des Konzerts war aber ganz eindeutig eine Coverversion, nämlich "Enjoy The Silence" von Depeche Mode und selbige war recht amtlich gelungen. Ok, den Song kann wahrscheinlich aber auch niemand verhunzen.
Traumwandeln bei Wind und leichtem Regen
Man könnte fast meinen, jemand hat Dredg extra für diesen gatschigen Tag gebucht, denn der Bandname rührt her von "to dredge", was soviel bedeutet wie das Ausbaggern von Gewässern.
Patrick Wally
Urlustig, ich weiß, aber Scherz beiseite, diese Band und ihre wunderbare Musik sind viel zu ernst, als dass sie sich für seichte Schmähs dieser Art eignen würde. Sie in irgendeine Schublade zu stecken fällt um so schwerer, je mehr man darüber nachdenkt was Dredg da eigentlich machen. Metal ist das ja nicht, Hardcore schon gar nicht und trotzdem mögen viele Anhänger solch härterer Musikspielarten diese Band über alle Maßen.
Patrick Wally
Mit dem Begriff "traumwandlerisch" liegt man vielleicht nicht ganz daneben und im Grunde genommen geht es hier nicht um einzelne Songs, sondern vielmehr um eine gewisse sentimentale Grundstimmung. Das ganze Konzert fließt regelrecht dahin, coole Menschen würden es gar "Flow" nennen und unbestimmte Sehnsucht ist das alles zusammenfassende Wort, das in meinen Augen am besten das Gefühl ausdrückt, das man bei dieser Musik empfindet. Es schien beinah, als wollten Dredg einen mit ihren Klängen auf einer warmen Wolke fort tragen, was an einem kalten und windigen Nachmittag wie diesem mehr als gut tat.
Zu Beginn des Konzerts war eine relativ spärliche Anazhl an Menschen vor der Bühne versammelt. Offensichtlich ließen Dredg aber viele auf dem Gelände aufhorchen und während des Konzerts wurde es der Damen und Herren mehr und mehr, die sich von diesen verhallten Gitarren, schrägen Klängen aus Samplern und musikalischen Gefühlsausbrüchen in ihren Bann ziehen ließen.
Patrick Wally
Eigentlich wollte ich mir Dredg ja nur kurz ansehen, um dann gleich zu Monster Magnet weiterzuwandern. Dave Wyndorf musste allerdings ohne mich anfangen (was der sicher verschmerzen konnte), denn Dredg hielten mich, wie viele andere auch, so sehr im Bann ihrer schönen Klänge, dass ich völlig die Zeit übersah. Wenn Musik einen die Zeit vergessen lässt, dann macht die Band mit Sicherheit etwas mehr als nur richtig und selbst mit ihrem vierten Album "The Pariah, The Parrot, The Delusion" sind sie immer noch sowas wie ein Geheimtipp. Das wird sich hoffentlich in absehbarer Zeit endlich ändern, denn verdient hätten sie es sich schon lange.
Erschreckend
Wegen der Dredg'schen Verzauberung konnte ich Monster Magnet nicht von Anfang an mitverfolgen, als ich aber ungefähr bei der Mitte des Sets an der Red Stage ankam, war das einigermaßen ein Schock. Zwar hat mir ein Bekannter vom letzten Monster Magnet Konzert in der Wiener Arena erzählt und dass Herr Wyndorf einige Kilo zugelegt hätte, dass das aber so dermaßen ungesund aussehen würde, damit hatte ich nicht gerechnet.
Patrick Wally
Man verstehe mich nun bitte nicht falsch, mir ist nichts mehr zuwider als über Äußerlichkeiten zu lästern. Viel mehr war es der ungewohnte Anblick, der sich einem bei Monster Magnet bot, denn als ich sie zuletzt gesehen hatte, war Dave Wyndorf ungefähr die Hälfte von dem, was er jetzt ist. Dave Wyndorf 2009 bekomme ich mit der Musik von Monster Magnet von vor 10 Jahren ganz einfach nicht zusammen.
Zwar gab es musikalisch an dem, was ich von Monster Magnet noch mitbekam, nicht wirklich viel auszusetzen, denn Wyndorf war um nichts schlechter bei Stimme als früher, begeistern konnte mich das trotzdem nicht.
Der heimliche Headliner
Als die von vielen sehnlichst erwarteten Killswitch Engage die Bühne der Red Stage betraten, nahm die Menge vor selbiger in kurzer Zeit extrem zu. Ich hatte ja zum ersten Mal das Vergnügen sie live zu sehen und war mehr als gespannt, ob sie den hohen technischen Anspruch ihrer Studioalben würden erfüllen können.
Patrick Wally
Das konnten sie ganz eindeutig, denn die US-Amerikaner überzeugten auf ganzer Linie, angefangen beim Timing bis zum herausragenden Gesang von Howard Jones, der auch live zwischen schon fast operettenhaftem Gesang und tiefem Gebrüll ohne Probleme hin und her wechseln kann.
Patrick Wally
Auf was Gitarrist Adam Dutkiewicz so drauf ist, will man allerdings wohl lieber nicht so genau wissen, denn der hüpfte während des gesamten Konzerts wie ein völlig Durchgeknallter in einem Leopardenumhang auf der Bühne herum, erzählte dumpfe Witze, für die man zum lustig finden schon einige Biere intus haben musste. Selbst Sänger Howard Jones kommentierte diese Ansagen nur mit "You'r so far man, you're so far..."
Viel eigenartiger vom Outfit her fanden aber viele jenes des Herrn Jones. Der hatte nämlich während des gesamten Sets ein braves Hemd an. Es frage mich bitte niemand, ob da irgend eine Absicht dahinter stand, für eine Band wie Killswitch Engage war dieses Outfit dennoch reichlich unkonventionell. Böse Zungen meinten gar, das wäre der Manager, der auch singt.
Patrick Wally
Dumme Witze hin, Outfit her, was zählt ist die Musik und die lieferte diese Band mit dem Besten an Metalcore, was man zur Zeit wohl live bekommen kann. Wo Hatebreed mit dem Holzhammer drübergehen, bevorzugen Killswitch Engage lieber die feine Klinge und zwischendurch mal einen Amboss. Das war technische Finesse mit Tempiwechseln, die einem teils das Headbangen gar nicht so leicht machen.
Bei all dem Schlamm war es da um so erstaunlicher, dass das Publikum sich gar zu einem amtlichen Moshpit und einer sogenannten "Wall of Death" überreden ließ. Wie das in dem Gatsch funktioniert hat, mag einer der Beteiligten später bitte gerne hier posten.
Gegen Ende gab es dann noch den "jetzt bitte alle mitsingen"-Hit "My Last Serenade" und als allerletzen Song das Ronnie James Dio Cover "Holy Diver". Dass während dessen dann auch noch die Sonne durch die Wolken ein wenig durchblinzelte, war die Krönung dieses musikalischen Höhepunkt des Tages. Für Killswitch Engage steht man gern im Schlamm.
Am dritten Tag aber dann bitte das alles wieder trockener
Patrick Wally