Erstellt am: 16. 6. 2009 - 17:51 Uhr
Fußball-Journal '09-46.
Im Sport wird Nachtreten bestraft.
Wer jemanden, der eh schon am Boden liegt, insultiert, riskiert eine Pönale.
Andererseits gibt es da aber auch den Schwarzen Ritter in Monty Pythons "Holy Grail", der es - auch mit abgeschlagenen Armen und Beinen - einfach nicht lassen kann und seine Gegner weiter provoziert und verhöhnt. Eh ein schönes Bild des Selbstbewusstseins, aber auch erschreckend.
In den letzten Tagen konnten zwei, die viel von diesem Schwarzen Ritter haben, nicht an sich halten mit Äußerungen, aus denen einem nichts als das irrlichterndes Flackern entgegenleuchtet.
Nachtreten auf Anfrage von Herrn Zsak, Manfred.
Herr Zsak ist derzeit Teamchef-Assistent bei Dietmar Constantini, der, der die Pauseninterviews ("Nein, wir wechseln jetzt noch nicht.") geben darf.
Herrn Zsaks Trainerstationen waren Viktoria Rust, Polizei/Feuerwehr, Admira/Akademie, Austria Wien/Jugend ehe er wegen seines Namens als Spieler zum U21-Chefcoach des ÖFB ernannt wurde.
In dieser Funktion gelang ihm dann (wohl auch aufgrund seiner massiven Trainererfahrung davor) das Kunststück, zwei eigentlich klar dominierte Spiele gegen Finnland gnadenlosest zu vercoachen, was die Nicht-Teilnahme bei der seit gestern stattfindenden Unter 21-Europameisterschaft in Schweden bedeutet.
Anläßlich derer wurde Herr Zsak kürzlich interviewt, zum Zwecke einer Vorschau.
Herr Zsak nützte diese Chance, um einen Schuldigen für sein Versagen festzumachen und (fest) nachzutreten.
Schuld am Ausscheiden wäre der damalige Teamchef, Herr Brückner gewesen, der ihm nicht genügend Spieler überlassen habe: "Wenn mir der Teamchef ein oder zwei Spieler, die einen Tag später beim A-Team gegen Serbien Ersatz waren oder auf der Tribüne gesessen sind, gegeben hätte, hätten wir es sicher geschafft."
Dieses Nachtreten ist aus zumindest drei Gründen äußerst bemerkenswert.
Zum einen allein die Tatsache, dass Zsak diese Ausrede erst jetzt und nicht schon damals oder seither eingefallen ist. Und das sie jetzt jemanden betrifft der sich, als Ausländer ohne hiesige Medien-Lobby, genau gar nicht wehren kann. Komisch, nicht?
Zum anderen die Tatsache, dass die U21-spielberechtigten, die am 11. und 15. 10 des Vorjahres gegen die Färöer und Serbien nominiert waren, keineswegs auf der Tribüne saßen, sondern allesamt zum Einsatz kamen. Und das bei Spielen, die noch eine ehrliche Chance auf die WM-Quali enthielten. Fuchs, Prödl, Hoffer, Gercaliu und Harnik (allesamt Euro-Starter) spielten ebenso wie die Neo-Hoffnung Marko Arnautovic um die letzten Chance auf Südafrika.
Schuld sind die anderen, am besten die Ausländer
Und zum dritten, weil jeder, der die Teamchef-Aussagen einigermaßen verfolgt hat, genau weiß, wie dramatisch an der Grundtendenz vorbei Zsaks Anpatzerei daherkommt. Teamchef Hickersberger hat mehr als nur einmal betont, dass ihm die U21 so ziemlich sehr egal ist, wenn es um die Interessen des A-Teams geht (das belegt auch seine Aussage im zweiten Teil dieses Textes recht klar...).
Ich war hingegen mindestens einmal Ohrenzeuge als Teamchef Brückner betonte, dass er den einen oder anderen Spieler (in einem konkreten Fall ging es um Okotie) gern hochgeholt hätte, ihn aber - wegen der Wichtigkeit der im Herbst 08 stattfindenden Quali-Spiele der U21 natürlich dort belassen würde; auf ausdrückliche Bitte des U21-Teamchefs, wie Brückner sagte.
Und auch im Fall des hochgeholten Arnautovic war es so, dass Bruckner betonte, dies wäre in Absprache mit dem Coaching-Team geschehen - was angesichts des Images, dass Arnautovic bei der Trainerschaft damals genoß, mehr als glaubwürdig war.
Herr Zsak tritt also nicht nur nach, was man nicht tut; er zieht auch (verdächtig spät) einen Sündenbock aus dem Hut, der die ihm angelasteten Vergehen gar nicht begangen hat (siehe: Tribüne, siehe Zsaks Aussage, dass es keine Gespräche gegeben habe...), sondern - im Gegenteil - der erste Teamchef seit Ewigkeiten war, der überhaupt Rücksicht auf die Jugend-Nationalteams genommen hat.
Das, und die Behauptung es habe hier keine Kommunikation gegeben, ist besonders perfid.
Zsaks Krokodilstränen, was die Gründe für die versäumte U21-Euro betrifft, sind noch unglaubwürdiger, weil er nicht nur die drastische externe Kritik nach seinem Coaching-Debakel, sondern auch die intern im ÖFB geäußerte Kritik schlicht leugnet.
Herr Zsak sagt: ""Ich würde alles wieder so machen." Ja, eh, wissen wir. Unbelehrbares Nachtreten auf Anfrage eben.
Die Finnen machten im übrigen in ihrem ersten Spiel gegen England gute Figur. Eine österreichische U21 (allerdings halt eine ohne Herrn Zsak) hätte das wohl auch schaffen können.
Nachtreten auf Anfrage von Herrn Hickersberger, Josef.
Herr Hickersberger hat sich, das war ein Nebensatz im ersten Teil dieses Textes, nie sonderlich für die Nachwuchs-Arbeit innerhalb des ÖFB interessiert.
Wenn es darum geht bei PKs, vor Fans oder Journalisten oder Funktionären (also, im Hickersberger-Universum, lauter Ahnungslosen) den starken Maxe zu markieren, ist das auch nicht so schlecht: klare Position zu beziehen.
Es gibt nur einen genau zu bemessenden Punkt, an dem derlei auf den Äußerer zurückfällt. Wenn nämlich aus der schieren Ignoranz dem Nachwuchs gegenüber der pure Stolz auf die Tatsache dieser Ignoranz wird.
Dieser Tage hat sich Herr Hickersberger diesem Stolz geradezu teenagerhaft glucksend Ausdruck verliehen.
In einem der vielen, eher langweiligen "Vor einem Jahr war die Euro - was blieb?"- Interviews mit damals Beteiligten sagt Herr Hickersberger auf die zugegeben nicht sehr intelligente Frage "Österreich schwärmt von den Youngsters wie Dragovic, Pehlivan, Jantscher oder Arnautovic - wo waren die bei der Euro?" folgendes:
Ganz ehrlich? Bis auf Arnautovic hatte ich keinen nicht einmal namentlich gekannt.
Die Jungen kennen? Überflüssig...
Abgesehen davon, dass das nicht deutsch ist (das kann aber auch am transkribierenden Krone-Autor liegen):
Klar waren die angesprochenen für die Euro noch deutlich zu jung, aber als Teamchef den - auch damals schon bekannten - Nachwuchs nicht zu kennen, und drauf auch noch offensiv stolz zu sein: da bleibt mir die Spucke weg.
Jantscher hatte im Frühjahr 08 bereits 8 Spiele absolviert (Beichler seine 5) - die beiden hatte spätestens da jeder Experte auf seinem Zettel. Dragovic war 08 bereits seit Jahren Jugendnationalspieler und Jahrgangsbester. Und auch Pehlivan ist nicht erst im Herbst 08 phönixhaft in die U20/21 bzw Rapids B-Team gekommen; auch der war schon vorher da.
Interessant, was Marko Arnautovic in einem Interview im Mai dazu sagt: Ich hatte in Wien eine wunderschöne Kindheit, und ich fand in dieser Stadt viele Freunde. Damals lernte ich zum Beispiel Pehlivan, Dragovic, Korkmaz und Okotie kennen. Natürlich ist es jetzt toll, dass wir alle zusammen den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft haben.
An dieser Stelle nochmal der Hinweis: kein einziger österreichischer Trainer coacht irgendwo in einer europäischen Fußball-Liga von einigermaßen Relevanz.
International liegt der heimische Fußball-Lehrer wie Blei in den Regalen.
Wie kaputt ist das österreichische Coaching-System, wie verbohrt die Philosophie eines ganzen Standes, wenn ein vormaliger Teamchef mit der fröhlichen Aussage, sich nichts um die Jungen geschert zu haben, zu punkten glaubt?
Ein PS zu den Sommer-Transfers
Ich hab mir die Relation bei den Neuverpflichtungen angeschaut, was heimische und ausländische Spieler betrifft. Und wenn sich nicht der LASK, die Austria, Sturm und auch Rapid überaus klug verhalten würden, wäre der Anteil der blind gekauften oder schlecht gescouteten Legionäre sicher noch höher.
Höher als der Anteil der aus den B-Teams und dem Nachwuchs Hochgeholten wird er allemal sein.
Wie auch anders, wenn man auf Vorbilder wie Herrn Hickersberger zurückgreifen muss?