Erstellt am: 8. 6. 2009 - 17:14 Uhr
Journal '09: 8.6.
Diese Untätigkeit sagt auch einiges über die heimischen Printmedien aus. Apropos: eine Kleine Zeitung Wien-Ausgabe als Marktbereicherung, diese Idee gefällt mir, Herr Pirker!
Ob er schon von Printmedien vorgebucht wäre für den Montag nach der EU-Wahl, frag ich Robert Misik, als ich ihn am Donnerstag beim Datum-Geburtstagsfest treffe.
Er verneint, zu meiner großen Überraschung; weil er doch der ideale Mann wäre, die zu erwartenden Niederlagen von SP und Grünen in interessante Worte zu fassen.
Robert Misiks Vlog: Österreich ist auf der schiefen Bahn
So ist der einzige, der nach Bekanntwerden des EU-Wahl-Resultats (sogar noch am Wahlabend) Worte findet, die Sinn jenseits von Propaganda und Verschleierung bieten, der protestantische Prediger Hans-Peter Martin.
Zuerst mit seiner Ansage, dass die Proteststimmen, die diesmal großteils er eingefangen hat, eben nicht rechtsaußen anzusiedeln wären, ideologisch. Er hat sich von 14 auf 18 Prozent gesteigert, FP/BZ haben ihr Potential von 27,5 (1996) oder 23,4 (1999) nicht ansatzweise ausschöpfen können. 13 (+5) Prozent, das sieht arm aus, außer man vergleicht es mit dem armseligen 04er-Ergebnis (6,3), das sie direkt in die Spaltung führte.
Martins Drohung
Dann mit einer durchaus beachtlichen Drohung, nämlich der Gründung einer Bewegung, die er mit den Schlagworten sozial, liberal und demokratisch skizzierte und deutlich nach rechts abgrenzte. Ich kann mir gut vorstellen, dass Krone-Chef Dichand, auch angesichts seines fortgeschrittenen Alters, eine solche, vom ihn und seiner Zeitung unterstützte sozialliberale Neo-Partei forciert, um die Politlandschaft noch einmal ordentlich durchzuwirbeln. Und Neffe Faymann hat ja doch eher versagt, motivationstechnisch, auch mit einem Zick-Zack-Kurs, den der Alte gar nicht schätzt.
Ein solches 5. Lager könnte das BZÖ, das sich in Richtung "rechtsliberal" positionieren will, zerreiben, und es könnte das sein, was die deutsche Linkspartei jenseits der Grenze ist; nur halt ohne links, ohne SED-Ost- und KP-West-Altlasten, aber mit populistischen Sozial-Forderungen. Die wiederum nicht nur die SP beschädigen, sondern auch jene FP-Protestwähler anknabbern könnte, die sich dort nur als Mangel an Alternativen umtun, aber vom News-Cover der letzten Woche durchaus abgeschreckt sind.
So gesehen wäre eine sozialliberale Martin-Bewegung (die allerdings die Medien-Kraft der Krone braucht) der vielversprechendste Versuch der 2. Republik das sogenannte 3. Lager, also die national Gesinnten auf eine Größe zurückzudrängen, die ihnen (ideologisch) gebührt. Besser als Kreiskys Umarmung, besser als Schüssels eklatanter Fehlschlag der Zähmung (dem Irrtum seines Lebens).
Nur die ÖVP ist - wie von Zauberhand - von all dem nicht betroffen.
Voggenhuber = Janko, Lunacek = Maierhofer
Es ist angeblich die 6. Niederlage am Stück, die die Grünen da gestern einfuhren, wieder ein Rückgang um 3%, mit einer absoluten Wählerzahl, die unter dem täglichen Hörerkreis von FM4 liegt.
Ich mag das jetzt nicht nachzählen, aber in Kombination mit dem Rückgang bei der letzten Nationalratswahl und dem Minus bei der ÖH-Wahl sollte der gestrige Flop die Alarmsignale so heftig blinken lassen, dass drei Tage lang an Schlaf nicht zu denken ist.
Vor allem die zunehmende Ratlosigkeit, für welche moralischen und politischen Werte die Grünen (außer "eh-lieb-sein") stehen, hat es in sich.
Ich hab hier, vorige Woche das für mich einzig wahrnehmbare Wahlkampf-Thema der Grünen thematisiert (die Tatsache den anstrengenden Voggenhuber losgeworden zu sein) und festgehalten, dass ein solches für die Innensicht einer Bewegung sicher wichtiges Thema für die Außensicht (also deine, meine, unsere, die der Wähler) irrelevant ist.
Der absurde grüne Kurs aber steht auch noch nach dem gestrigen Dämpfer.
Glawischnig = Constantini
Da sagte Parteichefin Glawischnig auf eine der üblichen (eh auch dummen) Fragen ob es mit Voggenhuber besser gelaufen wäre, sinngemäß folgendes: "Gegenfrage: Was wäre wenn Constantini gestern Janko ab der ersten Minute gebracht hätte?"
Ulrike Lunacek in der Rolle von Chancentod Maierhofer, während Voggenhuber als Mark Janko auf der Bank sitzt - ein erstaunliches Bild von Glawischnig, das den Fehler - indirekt - zugibt.
Ein Bild aber auch, das tiefer blicken lässt. Es sagt nämlich auch, was ein Teil der grünen Funktionäre (im steten Wegdrücken des Negativ-Laufs) immer noch für relevant hält: die interne Personal-Politik.
Glawischnig ist Constantini (der sich ja nach dem Spiel auch drauf ausredete, dass Pech, ein einzelnder Fehler oder vielleicht anderes Personal schuld an der Niederlage waren) in vielerlei Hinsicht sehr sehr ähnlich.
Milchmädchen-Rechnung
Das hat nichts damit zu tun, dass ihr Mann, der freundliche ATV-Sportmoderator Volker Piecszek ein guter Freund des Didi ist (und in dieser Funktion die alte Haberer-Partie-Leier des österreichischen Sportjournalismus pflegt, unbedarft wirkend zwar, aber doch...).
Sondern damit, dass sie die Abwesenheit von deutlicher Haltung und klarer Strategie für eine Tugend hält - ebenso wie Constantini, der genauso ein Freund des Wischi-Waschi ist; bloß ist das, und das sollte nach der zweiten Niederlage ihrer Ära jetzt klar sein, eine Milchmädchen-Rechnung.
Alle Untersuchungen zeigen nämlich recht deutlich, dass es wohl auch mit Voggenhuber runtergegangen wäre (nicht so klar zwar, aber doch); dass es - zumindest bei den besser gebildeten Wählern der Grünen - auf das WAS und nicht so sehr auf das WER ankommt.
Eine inhaltliche Botschaft hat auch das aktuelle österreichische Nationalteam nicht anzubieten: auch hier geht es um Personen und ihr Alter, auch hier ist keine Botschaft zu erkennen, von einer zeitgemäßen taktischen Anlage gar nicht erst zu reden.
In dieser Hinsicht hat sich die neue Führung gleich doppelt verkalkuliert: zuerst wurde das WER zum zentralen Problem hochgeplappert, dann hat man da auch noch die falsche Entscheidung getroffen - und inhaltlich gab es keine einzige Botschaft (denn Protestschreie gegen die FPÖ sind keine).
Dass sich jetzt, nach der vorhersehbaren Niederlage, Voggenhuber als der mühsame (und auch zerstörerische) Nachkarter erweist, der er sicher auch schon davor war, hilft niemandem, sollte aber ein Fingerzeig dafür sein, die Personal-Blödheiten einzustellen und die Grünen so zu positionieren wie es in Deutschland (Platz 3), vor allem aber in Frankreich (fast gleichauf mit der Sozialisten auf Platz 2) oder auch in Griechenland (auch Platz 3 mit 15%, nach 0,7% 2004!) der Fall ist.
Klar, in Frankreich und Griechenland profitiert man von neu entfachten Jugendbewegungen.
Aber deren Abwesenheit in Österreich hat durchaus auch mit der bequemen boboesken Saturiertheit, die die hiesigen Grünen ausstrahlen, zu tun.
Man könnte übrigens auch einfach Maria Vassilakou fragen, die in der Heimat ihrer Vorfahren als Wahlhelferin einen Riesenerfolg feierte.