Erstellt am: 8. 6. 2009 - 16:24 Uhr
Kulturschock
Ein aufregendes Bild: Hooligans mit Glatze und Springerstiefeln verkleiden sich als Securities, pöbeln Schwarze an, vertreiben herumsitzende Menschen aus dem Innenhof, und mustern Passanten im Museumsviertel argwöhnisch.
Stefan Elsbacher
Zuerst hab ich mir noch gedacht: Ha! Wieder so eine gelungene Kunst-Intervention im öffentlichen Raum! Als die Intervention in Form von zwei Zweimeterhünen dann auch mich und meine Alkopops-Flasche am Samstagnachmittag erreicht, bin ich richtig froh, mal wieder ins Museumsquartier gekommen zu sein. Der Ort, wo die coolen Sachen halt so passieren. Und ich bin ein Teil davon! Was diesen Kulturcheckern immer so alles einfällt, denke ich mir.
Stefan Elsbacher
Inzwischen dämmert es mir aber schön langsam: Das ist überhaupt gar kein Kunstprojekt. Die Anpöbler werden zwar vom Museumsquartier bezahlt, aber nicht als Künstler, sondern als Securities. Sie sollen aufpassen, dass keiner mehr alkoholische Getränke im Innenhof konsumiert, niemand aussieht wie ein Drogendealer, keiner sicherheitspolizeilich gefährdend auf Stufen oder Betonmauern herumsitzt, Fahrräder geschoben und nicht gefahren werden und dass sich die InnenstadtwienerInnen an ihrem neuen liebsten Wochenendausflugsziel auch richtig benehmen.
Stefan Elsbacher
Auf Facebook sind inzwischen 1500 5000 ur viele FlaneurInnen in der Facebookgruppe "Freiheit im MQ" eingetragen, Tendenz steigend. In Beschwerdebriefen ist von rassistischen und sexistischen Übergriffen der Securities zu lesen.
Ich wunder mich ganz schön: Da investiert der Wiener Kulturthemenpark Jahre und Millionen in eine Öffnung seines Hofs, bespielt den Raum mit DJs, liefert Infrastruktur dafür, dass dieser Raum frequentiert wird und Dialog ermöglicht. Und jetzt marschiert eine Patrouille auf und ab und überwacht das alles. Was für ein Imagedisaster!
Und wozu das alles? Ist das MQ, ohne dass ich es mitbekommen habe, der neue Karlsplatz geworden? Und warum sind alkoholische Getränke nicht auch in den Lokalen verboten?
Heute abend treffe ich den MQ-Direktor Wolfgang Waldner: Mal hören, was er so dazu zu sagen hat.
In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es fürs erste: "Wir bedauern, dass es beim Start der Umsetzung dieser Maßnahmen durch unseren Sicherheitsdienst am vergangenen Wochenende zu einigen Überreaktionen und Missverständnissen gekommen ist und arbeiten bereits an einer Verbesserung."