Erstellt am: 7. 6. 2009 - 06:00 Uhr
Song zum Sonntag: Iggy Pop
Er habe genug von "dümmlichen Schlägertypen mit Gitarren, die Mistmusik rausprügeln", soll Iggy Pop gesagt haben - "Preliminaires" sei seine Antwort auf diese Leute, auf die er in seiner langen Vergangenheit großen Einfluss ausgeübt hatte. Auf "Preliminaires" macht er lauter Sachen, die ebendiese nicht eben ansprechen dürften:
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Mehr zu "Preliminaires", der neuen, seltsamen Iggy Pop, gibt es in einer kleinen Listening Session auf FM4 in Connected am Dienstag zu hören.
Er spielt eine Adaption von Louis Armstrongs King of the Zulus ("King of the Dogs"), eine Version von A.C.Jobims "How insensitive" und die französische Schnulze "Le Feuilles Mortes" (im Englischen "Autumn Leaves", geschreiben 1945, interpretiert von Bing Crosby, Marlene Dietrich und Grace Jones u.a.). Das ganze Album ist inspiriert von einem Roman, Michel Houllebecqs Dystopie "Die Möglichkeit einer Insel", auf die Iggy Pop aufmerksam geworden war, als er gebeten wurde, die Musik zur "langweiligen"(Iggy) Houellebecq Dokumentation "Les Derniers Mots de Michel Houellebecq"zu schreiben. "King of the Dogs" ist von einem Hund in dem Buch inspiriert, "Nice to be Dead" von den dort vorkommenden, "nichttoten" Kunstwesen, "She is Business" referiert schon im Titel auf Houllebecqs bekannt romantische Vorstellung vom Geschlechterverhältnis. Im Übrigen ist auch mit "Machine for Loving" der Hund gemeint, der jedem noch so unguten Menschen vorgestellt werden kann, der Hund würde ihn immer lieben - wie eine Liebesmaschine.
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Nice to be dead
Der Song zum Sonntag ist eine Kooperation zwischen FM4 und der Presse am Sonntag und erscheint hier wie dort, wo sich der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar der Kolumne annimmt.
Wenn Iggy Pop einen dieser beliebten Facebook Quizzes "Which philosopher are you" gemacht hätte, wäre hier wohl Kyniker herausgekommen, eher noch als Nihilist (worüber er sich vielleicht geärgert hätte). Nicht nur, weil er wie ein Hund leben möchte (und von "Dog food", weil es einen "stark und klug" macht), weil er es hasst, Kleider oder Schuhe zu tragen und auch ungern duscht, sondern auch weil sich eine Diesseits- und Zivilisationsverachtung durch sein Werk zieht, von "No Fun" bis "New Values", von "Search and destroy" bis "Nice to be dead" (Lust for Life als bestätigende Ausnahme)
Wie mehrere Songs auf "Preliminaires" greift auch "Nice to be Dead" auf klassischen Iggy zurück. Musikalisch erinnert es an die "Pumping for Jill"/ "New Values" Phase. Textlich schließt es an "I'm bored" an. Iggy erklärt mit eindringlich tiefer, fast sprechender Stimme: Wie nett wäre es doch, tot zu sein, frei von den hässlichen Geräuschen des Lebens, frei vom Zwang, gut sein zu müssen. Wenn der Fuß des Lebens ausgetrocknet ist, ist das nun mal so. What's dry is dry.