Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Journal '09: 4.6."

Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

4. 6. 2009 - 18:20

Journal '09: 4.6.

It's a Facebook-World. Auch in der Satire.

Das ist nur eine Gimmick-Ausgabe des Journals - eine Weiterleitung per Bild/Links, nicht mehr.

Weil ich versucht habe, gestern meine womöglich noch etwas zu vagen Gedanken zum Thema Komplexität und bewusst reduziertes Denken des einzelnen Faulen Willi anlässlich der EU-Wahl zusammenzufassen.

Heute ist mir (via Facebook, von meinem vormaligen Kollegen Bernhard Knoll, mittlerweile EU-Wahlbeobachter oder Ambassador oder womöglich sogar Top-Spion, das ist nicht so ganz klar...) eine sehr hübsche Simplifizierung des Weltgeschehens zugeführt worden, die das ganze wiederum von der anderen Seite her aufzieht.

Und zwar eine Parodie, die die Verfacebookisierung der Kommunikation, satirisch aufbereitet, auf ein weltweites Level hebt.

Facebook-Parody von Radio Free Europe

radio free europe

Man beachte vor allem den Zynismus der ersten Status-Meldung, was die Teilnahme bei den EU-Wahlen betrifft ...

Die Ausführung stammt von Radio Free Europe, die Referenz für die Ursprungs-Idee geht an die Facebook Group: World Leaders mittels derer sich das Magazin The Atlantic über das Weltgeschehen lustig macht.

Man nehme die Mittel der Satire, wie sie z.B. auch in den kindlichen Scherenschnittbildern aus der ZDF-Reihe Willkommen im UN-Kindergarten oder den sarkastischen Beiträgen der herausragenden N3-Reihe Extra 3 angewandt werden und bastle daraus eine ironisch verknappte und überhöhte Version der Realität.

Wegen der allgemeinen Unsicherheit, was das Erfassen komplexer Zusammenhänge betrifft, halten wir diese grelle Übersteuerung für näher an der Realität als die Prozac-Version, die uns die PR-Agenten der Regierenden und Mächtigen und die ihnen mittlerweile zu 80 Prozent unterworfenen Medien vermitteln.
Und haben damit natürlich recht.

Satire via Facebook - wie sonst?

Trotzdem befreit uns diese Befreiung durch die rituelle Verhöhnung der Welt- und Staatenführer nicht davon die (simplifizierte) Übertreibung nach dem verdienten befreiten Lachen wieder zurückzufahren.

Aber hier hakt es, denke ich.
Eine von austrogenetischer Denkfaulheit, inexistenter politischer Bildung und dem "Ändert si eh nix"-Gefühl eingelullte ermüdete Generation von Eltern und Großeltern und eine durch Verschwörungstheorien und Existenzangst noch viel schneller apathisch gewordene Generation der Jungen nimmt diese Satire längst als Realität war. Die Älteren aus purem Aufgegebenhaben, die Jungen, weil ihnen das Gefühl für die entscheidende Nuance nicht mehr wirklich was sagt.

Natürlich ist die Satire nicht schuld dran.
Im Gegenteil: Sie ist ein Bereitsteller für tausend neue Fragen.

Nehmen wir nur den RFE-Facebook-Thread, an dem sicher fünf schlaue Redakteure stundenlang kichernd gebastelt haben. Was sind Egg Yokes? Warum sollte sich Russland von Finnland "losschießen"? Was ist eine Shame Grenade? Wie funktionieren UN-Resolutionen? Wie war das nochmal mit Russland, Georgien und Süd-Ossetien? Wer sind diese Leute, die da die dauernde Iran-Flaggen-Änderung super finden? Und welche Position hat eigentlich Radio Free Europe nach dem Ende des Kalten Krieges, in dem es eine wesentliche Waffe darstellte, aktuell?

Anreger

Die Antworten auf diese in einer kleinen Satire angerissenen Fragen zu finden, kann das persönliche Wissen um die Funktion der Weltpolitik um ein paar 100% steigern. Die Antworten auf die noch ein wenig ausgefeilteren Fragen, die sich beim vergnüglichen Durchlesen der Atlantic-World-Leader-Parodie stellen, legen da noch ein paar Prozente drauf.

Klappt aber nur bei denen, die einen solchen Spaß nicht als Berieselung zwischen einem "Ma kann jo eh nix mochn!"-Raunzer und einem "EU-Wahl, geh bitte..."-Konversations-Gebrabbel verstehen, sondern als Anreger.

Als Anreger dafür sich auseinanderzusetzen, mit Neuem, wenn's leicht geht, anstatt es bloß bei den alten Vorurteilen, deren Hochgeköchel man aktuell so praktisch an die Pseudo-Hauben der populistischen Volkssküchen outsourcen kann, zu belassen.

Das kann Satire. Und aktuell kann sie's halt via Facebook. Weil das die Lingua Franca des Kommunikationswesens ist, derzeit.