Erstellt am: 31. 5. 2009 - 23:45 Uhr
Fußball-Journal '09-38.
Sie war ein Spiegel der Saison, die heute ausgespielte letzte Runde der Bundesliga-Meisterschaft; vor allem ein Spiegel der sogenannten Frühjahrssaison, die aufgrund eines hirnrissigen Terminplanes (der uns bereits im Juli in die nächste Saison zwingt) sowieso nur ein gutes Drittel ist:
Die Meister-Mannschaft zeigte ihre Charakterlosigkeit durch die Art, wie ihr die peinlich hohe Niederlage gegen den Letzten sowas von wurscht war. Der Zweite und der Dritte taten gegen ein paar Schwächerln das nur absolut Notwendigste, und begnügten sich so schnell mit Mittelmaß. Der Fast-Absteiger würgt sich gegen den Letzten der Linde-Hanse-Tabelle zur Rettung, der Letzte kommt erst als es zu spät ist in die Gänge. Bloß im Duell Ried gegen Sturm Graz ist so etwas wie Sportsgeist internationalen Stils zu spüren.
Die heurige Saison war objektiv betrachtet gar nicht so schlecht – und trotzdem fällt es mir schwer Positiva zu finden. Vor allem in der Spieler-Entwicklung: es war nie so schwer ein All-Star-Team zu finden. Und auch in der Entwicklung der Mannschaften: Stillstand ist für das, was da zu sehen ist, noch ein Hilfsausdruck.
Rückschritt durch Stillstand
Und selbst bei den Mannschaften, die sich deutlich verbesserten bzw. ein gutes Niveau hielten, war kaum ein Spieler dazu imstande auch nur zwei, drei Monate am Stück ihre Form zu halten. Was auch direkt zur akuten Schwäche der Nationalmannschaft führt.
Aber eins nach dem anderen.
Das von Paul Gludovatz neu eingestellte Rieder Team hat einen echten Sprung gemacht: vom Abstiegskandidaten zum seriösen Challenger der mit internationalen B-Stars und heimischen Teamspielern deutlich besser besetzten Mannschaften.
Österreicher wie Burgstaller, Mader/Hackmair, Lexa, Legionäre wie Stocklasa, Kujabi, Nacho oder Salihi wurden durch ein klares System, eine gut vermittelte Struktur der Sicherheit sicherer und besser.
Das ist es, was z.B. in Kapfenberg, Altach oder gar Mattersburg abgeht: da wird von der Hand in den Mund gelebt und gespielt. Beim KSV ist das vielleicht noch zu viel verlangt, im Ländle wurde man aus den Fehlern der letzten Jahre eben nicht klug und beim SVM herrschen noch wahrlich vorsintflutliche Strukturen.
Fortschritt durch System-Fixierung
Eine Zeitlang konnte Frenk Schinkels in Kärnten etwas Ähnliches auf Schiene stellen: Sein System war das der dauernden Veränderung, aber durch dieses Ausreizen der Flexibilität seiner recht jungen und gewitzten Truppe, klappte das. Bis die politischen Verstrickungen, in denen sich der Retortenclub am Wörthersee seit seinem Bestehen befindet, aus einem hoffnungsfrohen Liga-Teilnehmer den Prügelknaben der letzten Runde machte, eine Mannschaft, die zerbröselt und bis Juli nicht wirklich wiederaufzubauen sein wird.
Noch schlimmer steht der LASK da: mit Begleiterscheinungen wie der medizinischen Steinzeit-Abteilung und mit einer Abwärtsspirale sondergleichen, was die Trainerwahl betrifft (der erste war ein wenig überfordert, der zweite dann komplett und dem war’s eigentlich auch wurscht, dem dritten ist sowieso alles außer seinem Ego komplett egal) war selbst mit einer sehr guten Personal-Situation nix zu machen. In Relation zum Potential ist der LASK deutlicher Stockletzter.
Stagnation im Niemandsland
Die Wiener Großklubs stagnieren auf einem Niveau, das sie zwar für toll halten (weil man so naiv ist die in Liga-Kreisen die selber gestreute PR, die von braven medialen Erfüllungsgehilfen wiedergekäut wird, selber zu glauben), die jedoch international viele weitere Anschluss-Meter gekostet hat.
Die Austria hat heuer keinen einzigen Spieler wirklich verbessert, selbst Schiemer, Dragovic und Okotie hätten einen merkbareren Sprung machen müssen. Grund: ein einförmiges, erschreckend unflexibles, viel zu sehr am Schönwetter-Kicker Acimovic orientiertes Spiel.
Rapid entwickelte zwar Pehlivan und Drazan, bleibt. aber im taktischen Niemandsland, ist viel zu sehr am viel zu leicht auszurechnenden Kapitän Hofmann orientiert.
Und Salzburg hat ein Charakterproblem: Da zocken international recht gute Spieler mit für ihre Verhältnisse großteils schlechten Leistungen eine naiv agierende Klub-Führung ab. Jeder Neue wird, wenn er sich bemüht, von den anderen schnell runter in diesen Sumpf der Beschaulichkeit gezogen.
Überschätzung durch Rekorde
Dazu kommt, dass die Leistungen der Offensiven von Rapid und Salzburg aufs Gnadenloseste überschätzt werden. Klar sind Janko und Maierhofer/Hoffer die Besten des Landes, ihre Torrekorde stellten sie aber wegen einer Vielzahl von Spielen mit Eishockey-Ergebnissen gegen Teams, die in Deutschlands dritter Liga nicht bestehen könnten, auf.
Bleibt Sturm Graz. Franco Foda, der sich wohl nach Deutschland verabschieden wird, hat sein Team (wegen der vielen Abgänge unerwartet) halbwegs auf Kurs gehalten. Mit Kienzl, Hölzl, Jantscher, oder Beichler hat Sturm die meisten neuen Hoffnungsträger entwickelt.
Aber auch die: unkonstant, wie praktisch jeder in Österreichs Liga. Bis auf eine kleine Handvoll gleichmäßig ihre Leistung bringende Spieler hat es keiner geschafft, auch nur ein paar Wochen durchgängig Niveau zu halten und damit die Grundlage dafür zu legen, eine Mannschaft anführen zu können. Und erst das macht internationale Qualität aus.
Morgen trotzdem der Versuch eines All-Star-Teams der Frühjahrs-Saison
Das ist der Punkt, wo dann das Nationalteam ins Spiel kommt: Eine Liga, die keinen Spieler hervorbringt, der regelmäßig das Heft des Handels in die Hand nimmt und ebenso regelmäßig von anderen gleichwertigen Akteuren gefordert wird, ist zu schwach.
Das Gefühl, dass diese recht gefällige Saison einen Schritt in Richtung Europa gegangen ist, trügt also. Die Schere ist größer geworden, die Spielerentwicklung zurückgegangen, die Schwankungsbreite der Leistungen wurde höher, die wenigen Clubs mit Potential nivellieren die Profile ihre Spieler nach unten und sehen dabei sehr hilflos aus.