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Robert Zikmund

Wirtschaft und Politik

30. 5. 2009 - 19:00

Die FM4 Charts vom 30. Mai

Langeweile, Angst und Hitparade

Heute ist einer von den vielen Tagen, wo viel überlegt werden will, aber schon das Ordnen der Gedanken scheint mühsam wie ein Waschtag, an dem es ausschließlich Socken zu waschen gibt. Gesellschaftsanalytisches findet hier eh bereits bravourös viel statt, das gemeinsame Empören über einen Problempräsidenten ist integrativ und wichtig, und das Wetter ist zumindest bei mir im Osten eine Niederlage. Ein zumindest respektierter österreichischer Schriftsteller meinte mal, es gebe nur drei gangbare Wege durchs Leben: den Rausch, den Selbstmord oder das Aufgehen in Kunst und kreativem Ausdruck. Wenn wir mal ganz konsensorientiert die ersten beiden Varianten als unpraktisch ablegen, zeigt sich plötzlich, dass es auch ganz und gar unmöglich ist 24/7 seine Selbstverwirklichung zu forcieren.

Was bleibt, ist die Langeweile.

Ich fürchte mich ein bisschen vor Menschen, denen nie fad ist. Ich fürchte mich auch vor Menschen, die immer alles gleich erledigen, keinen Fernseher haben und wenn, dann nur ganz gezielt eine Sendung anschauen. Ich fürchte mich auch vor Menschen, die glauben Angst vor Neuem und Fremden kann ihnen nie passieren. Oder vor denen, die im Internet posten, wie super sie sind und wie sehr sie das von der blöden Masse abhebt, die sowieso nur am Biertisch rülpst und dumpf ist. Und am meisten fürchte ich jene, die glauben, ihr Bildungsstand hebt sie charakterlich über die "bildungsfernen Schichten". Noch mehr als vor denen, die meinen, Menschen nach solchen Kriterien einteilen zu müssen.

Davor kann man Angst haben.

Zornig macht mich hingegen nur die Faulheit. Die Faulheit jener, die nachäffen statt nachdenken, aus Bequemlichkeitsgründen. Weil die Gravitation stets gleich nach unten zieht und täglich bezwungen werden will und muss. Deswegen macht mich meine eigene Faulheit auch am zornigsten.

Und - schwupps - funktioniert das samstägliche Cocooning in der eigenen Fadesse schon nicht mehr. Aber wenigstens hat man wieder einen Anhaltspunkt. Man muss ja nicht gleich eine Oper schreiben, vielleicht ruft man einfach irgendjemand an, der sich drüber freut, die Oma ist bei sowas immer ein guter Tip.

Und dann kommt sowieso die Hitparade.

Heute mit dem von mir eh schon großzügig mit Worten bedachten Conor Oberst auf Rang 3, "Nikorette" ist die erste Auskopplung seines neuen Album Outer South. Einen etwas anderen Fantypus spricht Chris Corner auf Platz 2 an, der mittlerweile in Berlin lebende Ex-Frontman der SneakerPimps ist mit "Tear Garden" drauf und dran ganz nach oben zu tanzen. Im Augenblick steht dort an der Spitze aber noch jemand, der Chris Corner rein von den körplerlichen Voraussetzungen zerdrücken könnte wie der Seewolf eine rohe Kartoffel: Beth Ditto und ihre "Gossip" sind mit "Heavy Cross" die neue Nummer 1 von FM4.
Schönes Wochenende Euch allen, es wird zwar schiach, dafür sind wir umso schöner.

Pressefoto der Band The Gossip

The Gossip