Erstellt am: 28. 5. 2009 - 17:10 Uhr
Nowhere Train
Der Nowhere Train
Jenseide
Fünf Musiker, zwei Filmer und ein Autor bereisen von 17. bis 28. Mai 2009 mit dem Zug ungewöhnliche Orte in acht verschiedenen Bundesländern in Österreich. Aus der Reise, den Konzerten und Zusammentreffen der Menschen entsteht ein künstlerisches, multimediales Portrait des Landes.
Nachzulesen immer hier:
Die Band wird gegen 20 Uhr im Rahmen von "Soho in Ottakring" noch ein Abschlusskonzert geben. Nämlich im Schaufenster des Ateliers von Götz Bury. Das ist in der Grundsteingasse 15 in Wien. Ich selbst werde dort nicht mehr dabei sein. In den letzten Tagen hat sich mein Körper zunehmend vom Nowhere Train verabschiedet und mein Geist liegt zu diesem Zeitpunkt längst im Bett und trinkt Tee.
Es kann unmöglich eine zusammenfassende Erkenntnis geben. Zu hoch war die Ereignisdichte, zu unmittelbar der Verwertungsprozess. Die vergangenen 12 Tage hallen nach als eine Art Hinweis auf die Möglichkeit eines anderen Lebens.
Von der ersten Besprechung bei FM4 an bis zum jetzigen Zeitpunkt hat uns niemand gefragt, ob wir eine Genehmigung für irgendetwas von dem haben, was wir da tun.Wir sind nirgendwo vertrieben worden. Es hat sich niemand über Lautstärke, Geruch oder Aussehen beschwert. Wir haben vom Luxushotel bis zum Hundekorb jede Unterkunft erlebt. Man ist uns überall herzlich und unterstützend begegnet. Wir haben über 2000 Kilometer Zugstrecke zurückgelegt, sowie etliche mehr zu Fuß, mit Traktoren, Taxis, Straßenbahnen, PKWs und LKWs.
Jenseide
Wir sind nicht blauäugig losgefahren und waren uns vollkommen im Klaren darüber, dass 80 Prozent dessen, was wir vorhaben, ein bisschen oder sehr illegal ist. Mittlerweile sind wir blauäugig. Wenn ich mir einen kurzen Konklusiosatz erlauben darf, dann möchte ich behaupten, dass viele Menschen momentan das Gefühl ausstrahlen, verarscht worden zu sein. Diesen Umstand kann man nützen, indem man das bedient, was Thomas Bernhard einmal als "6,5 Millionen Alleingelassene, Debile, Tobsüchtige, die sich nach einem Regisseur sehnen" beschrieben hat. Nach den vergangenen Wochen bin ich fest davon überzeugt, dass die debilste, tobsüchtigste, einsamste Arschgeige aber auch gerne mitkommt, wenn man sie liebevoll nirgendwohin einlädt. Natürlich zehrt es an der Substanz, wenn man versucht, durchgehend aufgeschlossen und positiv auf die Welt zu treffen treffen. Aber, was wir von den Orten und Menschen zurückbekommen haben, rechtfertigt jede Strapaze. Ich war noch nie so zuversichtlich, dass es besser werden kann.
Jenseide
St. Pölten
Im Zug nach Wien sitzen fünf Musiker, zwei Filmemacher und ein Schreiber vollgestopft mit Eindrücken. Von der Freude in Paulas Gesicht, über das "Jetzt oder Nie" in Philipps bis hin zur Leere der Gefängnisaugen reicht der Regenbogen der intensiven Momente mit völlig Fremden. Wie soll man davon erzählen? Wozu gibt es überhaupt Geschichten? Was lässt man weg, was erfindet man dazu? Diese Fragen werden sich jetzt langsam auftun. Es war mir eine besondere Freude, meine Geschichten von dieser Reise hier zu erzählen. Gestern Abend habe ich erstmals Zeit gefunden, die Reaktionen im Forum zu lesen. Vielen Dank.
Jetzt kommen wir wieder zurück. Stanzel hat gleich morgen einen Auftritt in der Bunkerei im Augarten. Jakob und Deisi machen ihr "Love&Fist"-Album für die Veröffentlichung im Herbst fertig. Deisi feilt und mischt auch noch an Frenks Soloplatte. Frenk spielt am Samstag in der Grundsteingasse 15. Ian trifft am Sonntag seine Eltern in Stuttgart, begleitet sie dann durch Europa, spielt ein paar Festivals und kehrt dann zurück nach Missouri. Peter, Clemens und Jakob müssen möglichst bald Geld für ihren Film über Nicaragua aufstellen. Einmal waren sie schon dort. Im Juli würden sie gerne ein zweites Mal fliegen. Aber es interessiert sich kein Geldgeber dafür, was nach 30 Jahren von der sandinistischen Revolution geblieben ist. Dann sollten sie über 50 Stunden Material zu einem "Nowhere Train"-Film verdichten. Ich selbst spiele am Samstag im Kabarett Niedermair mein Solo. Es geht also weiter.
Gestern Abend hat die Band noch die Baumhausinstallation "Der kranke Hase" im Linzer Volksgarten bespielt. Viele Freunde, Bekannte und sogar Eltern waren da. Es ist mir eine besondere Freude, ein letztes Mal die Setlist bekanntzugeben:
- "Nowhere Train" (Ian Fisher)
- "Annabelle" (Gillian Welch)
- "Big Time" (Frenk Lebel)
- "No Stories" (Love&Fist)
- "Marie" (A Life, A Song, A Cigarette)
- "I Take You In" (Frenk Lebel)
- "Folsom Prison Blues" (Johnny Cash)
- "Just Because" (Love&Fist)
- "Black Air" (A Life, A Song, A Cigarette)
- "Are You There" (Ian Fisher)
- "Behind The Times" (Love&Fist)
- "Ship Song" (Nick Cave)
- "Nine To Five" (Ian Fisher)
Wien
Aus.
Am 8. Juni findet eine FM4 Studio2 Session mit "Nowhere Train" im Wiener Funkhaus statt. Näheres dazu demnächst.