Erstellt am: 24. 5. 2009 - 22:09 Uhr
Journal '09: 24.5.
Mir macht die Debatte um die Verwendung, die Symbolik des von Strache so lausbubenstreichlässig perfid ins Scheinwerferlicht gehaltenen Kreuzes aus Gründen nervös, die im öffentlichen Diskurs kaum, eigentlich gar nicht verhandelt werden.
Die obviosen Dinge sind ja eh klar: Das Spiel mit Huntingtons Kampf der Kulturen, dem Showdown der Welt-Religionen, das Aufgreifen xenophober Stimmungsbrösel gegen einen immer sichtbar werdenderen europäischen Islam (bis hin zur Übernahme der Rolle des Kapuzinermönchs D’Aviano, dem Hassprediger der 2. Türkenbelagerung) oder das Schüren der Angst vor dem türkischen EU-Beitritt.
playmobil
Mich wundert dass auch hier, wie überall, wo die österreichischen Rechtspopulisten sich kampagnen-mäßig draufgesetzt haben, ihre Wortwahl nicht nur akzeptiert sondern auch übernommen wird, dass man ihnen nicht nur die Definitions-Macht übergibt (recht wehrlos) und in einem hilflosen Akt der Abwehr des Allerübelsten das scheinbar minder Üble in Kauf nimmt.
Dabei ist genau das der ganze Trick: So lang etwas verharmlosen, sich so lang über was lustig machen, solange eigentlich Unerhörtes aussprechen, bis es in den Mainstream reingeht.
Die Botschaft hinter der Botschaft
So war’s auch hier.
Kreuzzugs-Strache wartet nur auf die falsche Frage, die ihm die Möglichkeit gibt, seine Botschaft hinter der Botschaft abzusetzen.
Die dumme falsche Frage ist gar keine Frage, sondern eine Feststellung, mit der sich schwache Journalisten ja gerne begnügen: Dieser Slogan, Abendland in Christenhand, das geht doch urvollnicht! Und Strache schmettert dann eine Backhand über's Netz, die den Punkt sichert: Aber sicher doch. Weil: In wessen Hand wolle man (oder "die Geiferer") das Abendland denn sehen?
Strache weiß, dass da kein Return kommt.
playmobil
Nicht von den bürgerlichen Medien, die sich ihren teilweise direkt mit der Kirchenmacht verbundenen Besitzern natürlich nicht als Hinterfrager präsentieren wollen. Nicht von den Aufgeregten, die sich dann zersprageln müssen, um Andersgläubigen ihr Recht zu erkämpfen. Nicht von denen, die sich so sehr in ihre zerrüttete Körperlichkeit zurückgezogen haben, dass ihnen jedes Mitdenken zu mühselig wurde. Und von der großen Masse der Wurschtigen sowieso nie.
Dabei ist die Antwort ganz einfach: In niemandes Hand, Herr Kreuzritter, und ganz sicher nicht in der von Religionen, in denen von machtgierigen Fundamentalisten; bestenfalls in der "Hand" demokratisch legitimierter Bürger, also den Vertretern der Republiken.
Das aber sagt niemand, weil sich alles auf das verbale Gerangel um die Provokation konzentriert; und weil man im bieder-katholischen Österreich nix sagen darf, was eine wehleidige Kirche als Beleidigung auffasst (also alles).
Also:
Abendland in Christenhand – um Gottes Willen, nein.
Denn das war bereits über zuviele Jahrhunderte lang der Fall, mit blutigen und grausigen Terror-Herrschaften von Kirchenfürsten und "von Gottes Gnaden" eingesetzten Königen, mit einer aus der Korruption der Päpste resultierenden Reformation, samt Schizma, samt daraus entstehenden Glauben-Kriegen, mit Inquisition und Kolonialisierung, dem abendländisch-christlichen Segen für die systematischen Völkermorde in den neuen Welten.
Die man sich, genau seitdem, als praktisch exotisch-wilden Gegensatz, als Widerspruch zu einem völlig lachhaften Konstrukt von Europa als Abendland zurechtgelegt hat; um sich damit von den anderen, den Unkultivierten, den Unzivilsierten künstlich abzuschotten.
playmobil
Egal wie weit die nämlich dann in allen möglichen Gebieten voraus sind: Es reicht immer der Hinweis auf das automatisch als unterentwickelt Abgespeicherte. Dass das meist dort zutritt, wo Religion und funda-mentalistischer Irrwitz regieren (der ja nicht nur bei Moslems, sondern auch anderswo stattfindet).
Wer sich angesichts des FPÖ-Spruchs tatsächlich soweit mitschleppen lässt, dass das Hegemoniale der Christenhände unhinterfragt bleibt, ist meinem historischen Verständnis nach aber nicht weiter als diejenigen, die die islamische Lehre dafür benützen, um Terror-Herrschaften und reaktionäre Gesellschafts-Modelle zu befördern; nämlich mitten im Mittelalter, weit entfernt von einem dem 21. Jahrhundert angemessenen Humanismus.
Eben in einem "Land", das sich in die "Hand" von fundamentalistischen Bewegungen begeben will, die vielleicht einstmals aus religiösen Gründen entstanden ist, sich mittlerweile aber zu einer weltlichen Macht voller Gier, Hass und allen anderen Todsünden gewandelt hat.