Erstellt am: 24. 5. 2009 - 13:47 Uhr
Showsoldaten im Revuestechschritt
"Wer Musicals hasst, muss sich 'The Producers' unbedingt ansehen", sprang es einem in Berlin schon seit Wochen von den Plakatwänden entgegen. Das Genre ist ja eigentlich nur als Kunstform für Menschen zu verstehen, die sich weder für Musik noch für Theater interessieren, die aber trotzdem ausgehen wollen, denen dann aber das Rockkonzert zu laut, das Klassikkonzert zu anstrengend und das Sprechtheater zu intellektuell ist. Aber wenn das international gefeierte Musical zum Film von Mel Brooks aus Wien frühzeitig nach Berlin verfrachtet wird, dann kann man der alten Tante Musical noch eine Chance geben. In der Friedrichstraße zeigte sich der alte Vergnügungsschuppen Admiralspalast munter in den alten Reichsfarben beflaggt, nur die Hakenkreuze waren durch Brezeln ersetzt. Die Premiere an diesem Ort galt als besonders brisant, weil sich hier einst Adolf Hitler himself gerne von seiner Führerloge aus Operetten angesehen hat.

Oliver Hadjik
Und so eine Premiere ist ja auch immer wieder schön: Das schwule Berlin, vom berühmten Partymacher bis zum Bürgermeister war zugegen. Eine stark geschminkt und gefönte Boygroup, die keiner kannte, die sich aber recht tokyohotelesk aufführte und später mühsam als die Gruppe "Cinema Bizarre" identifiziert wurde, poste auf dem roten Teppich. Dann begann die Show, und was soll man sagen, vom ersten Moment an fühlte sich die Musicalhasserin ganz wunderbar unterhalten. "The Producers" ist ein altmodisches Musical, bei dem man sehr viel lachen muss, und sei es über Albernheiten wie Tauben, die den rechten Flügel zum Hitlergruß heben. Und auch wenn das Stück heute nicht mehr so tabubrecherisch ist, wie es der Film 1968 war, eine Tunte als Führer, Showsoldaten im Revuestechschritt und Revuegirls mit irrwitzigen Wursthüten und Panzerreifröcken sind immer noch schön anzusehen.

Oliver Hadji-Abdruck
"The Producers" glänzt nicht mit großartigen Melodien, aber mit tollen Schauspielern, mit Witz und Tempo und ganz ohne die schlimmen Andrew Lloydd Webberschen Liebeskitschballaden.
Das Publikum war ganz aus dem Häuschen, sprang aus den Sitzen und applaudierte lange und danach stand man noch im beflaggten Hof herum, lobte das Stück und beobachtete wie Prominente interviewt wurden. Auch der stark gebräunte Wolfgang Joop wurde befragt, aber seine erstaunlich straffe Gesichtshaut ließ keine große Mimik zu, und so weiß man nicht, ob es ihm gefallen hat.