Erstellt am: 19. 5. 2009 - 17:55 Uhr
"OK-Phase statt K.O.-Prüfung"
Im Februar hat Wissenschaftsminister Johannes Hahn angekündigt, dass er den Uni-Zugang bei Studienrichtungen, die bis jetzt noch keine Zulassungsprüfungen vorsehen, neu regeln wolle. Geplant ist eine Art einjährige Studieneingangsphase, die sehr allgemein gehalten ist und die Studierenden auf das wissenschaftliche Arbeiten vorbereiten soll. Am Ende dieser bis zu zwei Semester müssen dann mehrere Prüfungen positiv absolviert werden, damit man weiter studieren darf.
Die Interviews mit den Spitzenkandidaten zu den ÖH-Wahlen 2009
ÖH
- Philipp Schrangl (RFS) - 4. Mai
- Sebastian Wisiak (KSV) - 5. Mai
- Alegra-Isabel Raising (JULIs) - 6. Mai
- Sophie Wollner (VSSTÖ) - 7. Mai
- Manfred Menhart (FLÖ) - 8. Mai
- Sigrid Maurer (GRAS) - 9. Mai
- Samir Al-Mobayyed (AG) - 10. Mai
Der Wissenschaftsminister hofft, mit dieser Maßnahme die Drop-Out-Quote in den ersten Semestern zu senken und glaubt, dass diese Zugangsbeschränkungen fairer sind als Zulassungsprüfungen, da sie nicht nach einem K.O.-System funktionieren.
Für diesen Vorschlag erntete Johannes Hahn viel Kritik: Von der Opposition im Parlament und von den unterschiedlichsten Fraktionen der ÖH. Wir haben die Argumente der SpitzenkandidatInnen der einzelnen Fraktionen zusammengefasst und Bundesminister Hahn damit konfrontiert.
Die ÖH-SpitzenkandidatInnen haben sich in den FM4-Interviews alle eher skeptisch geäußert, was die Orientierungsphase betrifft. AG-Spitzenkandidat Samir Al-Mobayyed findet z.B. zwei Semester zu lange, weil man ein ganzes Jahr verliert und meinte, man solle das auf wenige Monate verkürzen.
Johannes Hahn: Zunächst: Die Orientierungsphase ist Teil des Studiums, nicht vorgelagert. Und es heißt im Entwurf: Mindestens ein halbes Semester, maximal zwei Semester. Das hängt von der Studienrichtung und vom zuständigen Senat ab.
Was Samir Al-Mobayyed aber meinte: Wenn man dann nicht weitermachen darf, hat man ein Jahr verloren. Was macht man dann mit diesem Jahr?
Die Idee der Studieneingangsphase ist ja die, eine Orientierungsphase zu haben. Gemeinsam mit dem Projekt "Studienchecker" an den höheren Schulen soll die Studieneingangsphase einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass die Drop-Out-Quote zu Beginn des Studiums, also in den ersten drei Semestern, die eigentlich eine Studienwechsler-Quote ist, deutlich abgesenkt wird. Indem man ein Gefühl entwickelt, schon während der Studieneingangsphase, ob das Studium für einen passt oder nicht.
Sigrid Maurer von den GRAS meinte, sie würde sich wünschen, dass diese Vorbereitung auf die Universität viel stärker an den Schulen passiert. Ist in dieser Hinsicht auch etwas geplant?
Beim Projekt "Studienchecker" werden angehende Maturanten von speziell geschulten Lehrern bei ihrer Entscheidung für Studium oder Beruf beraten. Derzeit gibt es das Pilotprojekt nur in Salzburg, Tirol und Wien.
Was wir schon in drei Bundesländern im Pilot dieses Jahr machen und nächstes Jahr noch einmal wiederholen, ist das Projekt Studenchecker, ein intensives, zwei- bis dreistufiges Beratungsverfahren, das vor allem in der siebenten Klasse stattfindet. Mit dem dezidierten Ziel, dass die künftigen Maturantinnen und Maturanten zur Matura ziemlich präzise wissen, was sie im Herbst machen wollen. Insofern gibt es diese sehr intensive Studienberatung schon, die fragt: Was sind die Neigungen und Interessen? Und dann in einem weiteren Schritt versucht, vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Interessenslage, aus den Hunderten von Studienmöglichkeiten eine Art Shortlist zu erstellen. Eine dritte Phase könnte nach meiner Vorstellung dann so aussehen, dass diese Shortlist von den künftigen Studierenden genutzt wird, um sich diese Studienrichtungen näher anzuschauen. So ist dann die Verlässlichkeit, dass das wirklich das passende Studium ist, schon sehr hoch. Und wie gesagt, die Studieneingangsphase sollte dann noch einmal eine Ergänzung sein, dass man dann wirklich das studiert, was für einen passt.
Der VSSTÖ und der KSV befürchten, dass dieses System der Studieneingangsphase sozial selektiv sein könnte. Also, dass Personen aus ärmeren Familien, die nebenbei arbeiten müssen, weniger erfolgreich sind, als Leute aus sozial stärkeren Familien. Wie ist hier die Chancengleichheit sichergestellt?
Die Studieneingangsphase dient nicht dazu, im K.O.-System die Leute hinauszuprüfen. Sondern es ist eine Orientierungsphase, die sozusagen ein OK dann am Ende dieser Phase haben soll. Und zu diesen ewigen Vorhaltungen: Es sei nur darauf hingewiesen, dass an den Fachhochschulen, wo es tatsächlich Aufnahmeprüfungen gibt, weil es dort beschränkte Studienkapazitäten gibt, die soziale Symmetrie wesentlich besser ist als an den Universitäten.
Aber am Ende dieser Orientierungsphase ist es ja trotzdem so, dass man nicht weitermachen darf, wenn man gewisse Prüfungen nicht positiv absolviert.
Uns war wichtig, dass es am Ende dieser Phase nicht eine Prüfung gibt, sondern mehrere Prüfungen. Logischerweise nicht an einem Tag, sondern verstreut, sodass dieser "Olympia-Effekt", dass an einem Tag zu einer bestimmten Stunde alles passen soll, nicht gegeben ist. Weil es uns darum geht, dass die Studierenden nicht nur Spaß am Studium haben, sondern auch das Richtige gewählt haben. Es ist nicht die Intention, Prüfungsstress zu erzeugen. Aber natürlich muss so eine Phase mit einer Reihe von Prüfungen abgeschlossen werden. Und bei der Orientierungsphase gilt ja das gleiche Regulativ wie bei allen anderen Prüfungen: Es muss mindestens drei Wiederholungen geben.
Alle Infos zu den ÖH-Wahlen
Wäre es nicht sinnvoller, mehr FH-Plätze zu schaffen, für Leute, die mit dem System Universität nicht gut arbeiten können, die aber doch eine höhere Ausbildung machen wollen? Vielleich sogar fünfzig zu fünfzig zwischen FH und Universität?
Die Fachhochschulen sind eine Erfolgsstory: Vor 15 Jahren gegründet, haben wir heute 33.000 Studierende, aber das in Relation zu 240.000 Studierenden an den Universitäten. Sie sehen, das ist der Faktor 1 zu 8. Es ist also illusorisch, hier einen Gleichstand zu erzeugen. Zumal die Fachhochschulen von ihrer Konzeption und Anlage sehr stark auf die dezidierte Berufsorientierung abzielen, was bei vielen Studien auf der Universität nicht beabsichtigt ist, so dass sich sicher eine Fülle von Studien in ihrer Konzeption einer Fachhochschule entziehen. Daher ist hier ein Switchen gar nicht konzeptuell möglich.
Vom Vorschlag zum Gesetz
Derzeit heißt es also: Alle gegen Hahn. Dieser sieht die Kritikpunkte der Studierendenvertretung aber nicht ein.
Die verpflichtende Studieneingangsphase soll jedenfalls im neuen Universitätsgesetz festgeschrieben werden. Die Verhandlungen dazu laufen bereits auf Hochtouren. Das Gesetz soll noch im Juni zur parlamentarischen Diskussion gestellt und vor dem Sommer beschlossen werden.