Erstellt am: 16. 5. 2009 - 12:14 Uhr
Sei brav, bleib subversiv!
Subversion: die Unterwanderung und Auflösung von Machtstrukturen und Herrschaftsformen, so definiert´s Hannes Schoiswohl, der die Subversivmesse gemeinsam mit Barbara Pitschmann und Social Impact konzipiert hat.
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Infos und Anregungen zum politischen Aktivismus zur kritisch-kreativen Meinungsäußerung stellen bis Sonntag rund 50 AustellerInnen in der Linzer Hafenhalle aus.
Nicht überraschend für eine Messehalle, findet sich im Eingangsbereich ein Bankomat. Doch das Banken-Logo täuscht, hier agiert nicht die Junge Bank, sondern das Radical ATM Service. Wenn die Karte eingezogen wurde - die beiden argentinischen Künstler Ivánk und Lazki nennen es kidnapping - geht´s schon los mit Lektionen in Kapitalismus-Kritik.
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Statt den üblichen Auswahlbuttons für Geldsummen gilt es hier revolutionäre Songs abzuspielen oder kurze Infosequenzen über subversive Taktiken und Strategien abzurufen. Zu unserer Sicherheit wird der Bankomat übrigens nicht von einer Kamera überwacht – sie können sich also normal verhalten. Wer einige Minuten dabei bleibt, bekommt die Karte unbeschadet wieder zurück, und ein kleines radikales Geschenk flutscht aus dem Geldfach.
Geht´s der Subversion gut, geht´s uns allen gut
In der Messehalle drinnen dann eine Kojenlandschaft, die im weiß-silbrigen Design ähnlich der BeSt, nicht nüchterner sein könnten.
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Diese an sich neutralen Präsentationsräume haben die unterschiedlichen AusstellerInnen, AktivistInnen, KünstlerInnen und Kollektive ihren Bedürfnissen entsprechend adaptiert. Manche Projekte ziehen bei ihrer Produktpräsentation ein Marketingimage durch.
Aufgeräumt und clean auch der Stand der Schwedin
Malin Neuman, zumindest dann, wenn nicht grad performed wird. Performance meint hier kochen.
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Subversiv, weil die Konsumgesellschaft verweigernd, ist das Prozedere an die Zutaten zu kommen: entsorgte, aber noch gute Lebensmittel werden aus Müllräumen großer Supermarktketten eingesammelt, und dann eben verkocht. Die Dumpster Cooking Koje ist nach der ersten Menue bereits wieder saubergemacht, Essen gibt´s hier wieder Mittags.
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"Ich und Ikea", mit diesem Projekt ist der Ruppe Koselleck bei der Subversivmesse angemeldet.
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Die Wohnlandschaften des schwedischen Möbelhauses sei doch die erfolgreichste Ausstellung der Welt, und da will der deutsche Künstler klarerweise Teil von sein. Vor Jahren schon hat er damit begonnen, die Fotos der Modellfamilie gegen Bilder seiner eigenen Verwandtschaft auszutauschen. Reaktion - null.
ruppe koselleck
Die darauffolgende Serie an Portraits, bei denen Ruppe Lakrize aus der Nase wächst oder ein Schnitzel auf dem Kopf trohnt, sind einem Filialleiter dann doch aufgefallen - und der hat die Kunstaktion zur Konzernpromotion genutzt.
Das wiederum war Ruppe zuviel und der Auslöser dafür, zuhause Ausgemistetetes in Kommoden und Schränken von Ikea abzuladen. Reaktion - bisher keine. "Ich und Ikea" wird bald vollendet sein, für Ruppe Kosselik ist es noch wichtig, die Themen Krankheit und Tod in der feelgood Wohnlandschaft unterzubringen - sollten Dir dort demnächst Krücken auffallen, dann weißt Du, wer sie platziert hat.
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Gegenkultur im Messeformat
Gegenkulturelle Praxen und Widerstandskonzepte in der Manier einer Marketingveranstaltung zu präsentieren, kann als subversiv im Sinn der Überaffirmation gesehen werden und irritiert damit fixe Vorstellung von der Verortung linker Projekte.
Diesen Zuschreibungen, wie auch einer Vereinnahmung von außen, in dem Fall des Unternehmens Kulturhaupstadt, zu entgehen, ist einer der Hintergedanken zur Subversivmesse. Und, der Zugang zur Information über Subversion soll damit möglichst niederschwellig gehalten werden, um möglichst viele BesucherInnen anzusprechen - die sich ihrer Möglichkeit zur politischen Artikulation bewusst werden sollen und einige Ideen gern mitnehmen können, so Hannes Schoiswohl.
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Normalzustände in der Krise
Linz09
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Zum täglichen Workshop und Lecture Programm gibt´s am Samstag einen besonderen Slot in der Hafenhalle, beim Symposium "Normalzustände in der Krise" werden Status Quo und Potentiale von politischen Kunstpraxen in Zeiten wie diesen diskutiert. In Kooperation mit dem Festival der Regionen organisiert, lädt dann die Messe, das Festival und die Stadtwerkstatt Samstagsabends ins Schloss Ebelsberg zum Supaklubsüd - mit Konzerten von Cobra Killer, Neigungsgruppe Sex Gewalt und gute Laune, Todesstern, Erynnia, Interventionen von: Ärzte ohne Ängste, Gregor Rozanski.
Für Sonntag sei noch empfohlen: die Lesung aus dem Handbuch der Kommunikationsguerilla. Es ist anzunehmen, dass Luther Blissett und Sonja Brünzels von der Autonomen a.f.r.i.k.a. Gruppe zugegen sind.
Eintritt ist für alle Veranstaltungen übrigens frei!