Erstellt am: 28. 5. 2009 - 11:40 Uhr
Oh! I wü wieda haam.
Oh! - Irritationen im Alltag
- Alle Folgen unter fm4.orf.at/oh
Das wäre einer dieser Augenblicke, die ich seit meinem Umzug in die Großstadt vor 10 Jahren täglich trainiere: Weitergehen. Kein Gespräch beginnen, keinen Augenkontakt suchen, nur "Nein, danke" und weitergehen. Genauso, wie man irgendwann aufhören sollte, jeden Menschen auf der Straße zu grüßen, entwickelt man auch ein gutes Gespür dafür, wie man Keilern, Schnorrern und Frühlingsluft-verwirrten Zeitgenossen aus dem Weg geht. Ein Herz für den Tierschutz? Interesse an einer Haushälfte in Seenähe? Oder einfach nur "Haschisch, Reuperl, an Mo für a schnölle Numma?" Nein danke, weitergehen.
Ich kann das normalerweise. Nur dieses Mal, bei diesem verlorenen Steirer, bleib ich einen Moment zu lange stehen.
Sein Chef habe ihn sitzengelassen, sagt er. Mit nichts in der Tasche. Und jetzt bräuchte er Geld für ein Zugticket.
elisabeth gollackner
"Ja, sicher. Du bist heute bereits der Dritte, der mir sowas erzählt", sag ich. Da ringt er die Hände in die Luft und schreit: "Wous is des füa Stodt, wou de Leit souwous tuan! Ich bitt Sie: Houbms a bisserl a Vertrauen in die Menschheit! Ich bitt Sie! I wüll jo nur haam!"
Und dann erzählt er weiter: Dass er sich nie wieder von seinem Chef reinlegen lassen wird. Dass er doch nur 27 Euro brauche, um heimzukommen. Und dass er "auf goa koan Foll a Betröüger" sei, ich müsse ihm das glauben. Der verzweifelte junge Mann mit der dreckigen Arbeitshose und dem kleinen Rucksack am Rücken. Und als ich noch immer nicht anbeiße, kommt das Killerargument: Ich könne mir seinen Namen und seine Adresse aufschreiben und ihn anzeigen, wenn er das Geld nicht innerhalb von 3 Tagen auf mein Konto überweisen würde.
Nun, lieber Sandor aus A., falls Du das hier lesen solltest: Gib mir doch meine 30 Euro und mein Vertrauen in die Menschheit zurück. Das wäre sehr nett. Inzwischen sind drei Wochen vergangen, und auf das "wounderbare Lächeln" der Polizisten, wenn ich ihnen diese Geschichte erzähle, kann ich gerne verzichten.