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Christian Fuchs

Twilight Zone: Film- und Musiknotizen aus den eher schummrigen Gebieten des
Pop.

5. 5. 2009 - 10:26

Space is the place

Vor dem Start des neuen "Star Trek"-Kinofilms: Ein kleine Verbeugung vor den Abenteuern der Enterprise-Originalbesatzung.

"Der Weltraum – unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise..."

Österreich - beschränkte Weiten. Wir schreiben das Jahr 1973. Das Raumschiff Enterprise hat endlich an die heimischen Bildschirme angedockt. Etliche Erwachsene lächeln milde über den neuen TV-Import aus Amerika oder sprechen gar von infantilem Kitsch. Vielen Kindern, die einen Blick auf die Kommandobrücke erhaschen, ergeht es anders. Sie werden süchtig nach den Abenteuern von Captain Kirk und Co.

Das Enterprise-Fieber erfasst eine ganze Generation. Spielplätze und Pausenhöfe verwandeln sich in galaktische Kulissen, Pyjamaoberteile werden zu Uniformen umfunktioniert. Kein Wunder, in den frühen Siebzigern, lange vor Science-Fiction-Blockbustern, Mangas und Videogames, erlaubt die Enterprise fantastische Fluchtmöglichkeiten.

"Star Trek" ist bunter als die graue Realität, selbst wenn in den meisten österreichischen Haushalten damals noch ein Schwarzweiß-Fernseher steht.

Raumschiff Enterprise - Star Trek

Paramount

Die Reisen der Enterprise erweitern aber auch den Horizont auf wortwörtliche Weise. Wer in der muffigen Enge der Provinz aufwächst, kann sich nun, in einer Ära, in der die Idee des Internets so fern ist wie der Planet Vulkan, via TV aus seinem Heimatort hinausbeamen. Und zwar bis in die entferntesten Ecken fremder Galaxien.

Space is the place - das psychedelische Motto aus den Sixties dringt ins Kinderzimmer vor.

Apropos Sixties: Wie so viele popkulturelle Erungenschaften landet auch das Raumschiff Enterprise mit enormer Verspätung im deutschsprachigen Raum. Bereits von 1966 bis 1969 geht Captain Kirk mit seiner Crew in den USA auf Forschungsreise. Erst als die abgesetzte Serie danach auf zahlreichen Kanälen weiterrotiert, formiert sich eine leidenschaftliche Fanschar. Das Kultphänomen "Star Trek" mit all seinen Spin Offs ist geboren.

Raumschiff Enterprise - Star Trek

Paramount

Was erst 1973 in niederösterreichischen oder steirischen Wohnzimmern ankommt, trägt den Geist der vorangegangenen Dekade in sich. Natürlich steht "Star Trek" nicht für den rebellischen Spirit der wilden Sechziger. Aber immerhin träumte Gene Roddenberry, der Schöpfer der Serie, von einer geeinten Menschheit, die den friedlichen Kontakt zu anderen Planetenvölkern sucht. Äußerst ungewöhnlich wirkte auch die multikulturelle Besatzung, zu der neben Afroamerikanern, Asiaten und Außerirdischen auch Russen zählten. Und das mitten im Kalten Krieg.

Solche kosmopolitischen Ansätze sickerten aber nur nebenbei in die kindliche Zuschauerpsyche. Denn "Star Trek" wollte natürlich keine humanistische Bildungsbürger-Serie sein. Sondern vor allem knallige und grelle Pulp Fiction. Während Mr. Spock und Dr. McCoy über Ethik diskutierten, prügelte und küsste sich Captain Kirk wie ein brunftiger Cowboy durch den Weltraum-Western.

Auch neu damals: Neben handfester Genre-Action sorgen vor allem die futuristischen Strahleneffekte für Faszination. Phaserkanonen und Photonentorpedos bieten einen Vorgeschmack auf zukünftige "Star Wars"-Gefechte und Computerspiel-Szenarien.

Raumschiff Enterprise - Star Trek

Paramount

Trotz aller Gimmicks und Gadgets, Tricks und Kostümierungen bleiben aber Emotionen immer im Zentrum sämtlicher 79 Original-Episoden. Es menschelt gewaltig an Bord der Enterprise und das im besten Sinn. Liebe und Hass, Toleranz und Eifersucht prallen ständig aufeinander. Natürlich münden viele Konflikte in naiven moralischen Lektionen. Aber von Kirk und Spock, von Scotty, Pille und Uhura erfahren die minderjährigen Fans auch notwendige Lebensweisheiten, die einem weder ein Lehrer noch die Eltern erzählen.

Als die Serie viele Jahre später mehrmals wiederholt wird, entpuppen sich die Hi-Tech-Einrichtungen zwar als billige Pappendeckel-Dekors. Aber der Esprit und der Charme der alten Enterprise-Besatzung übersteht auch die Dekaden.

Mit diesen netten Damen und Herren möchte man gerne einen Kaffee trinken gehen, in einer Kantine viele Lichtjahre von der Erde entfernt.

Raumschiff Enterprise - Star Trek

Paramount