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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

1. 5. 2009 - 19:25

Fußball-Journal '09-30.

Licence to ill.

Nein, Ill, das heißt nicht nur "krank", sondern auch vieles anderes. Insofern heißt "Licence to ill" (vor allem im Beastie Boyschen Sinn) "Lizenz zum Flegeln".

Der Terminplan steht seit Monaten fest. Und für gestern sah er die Bekanntgabe jener Vereine vor, die die Lizenzierungs-Bedingungen für den österreichischen Profifußball bestanden oder nicht bestanden haben, vor. Und das zuständige Gremium der Bundesliga, der Senat 5 gab bekannt: immerhin 16 BL-Vereine und 5 Kandidaten sind akzeptiert, keine Lizenz in erster Instanz gibt's für Austria Kärnten, Admira, Gratkorn, FC Lustenau, Vöcklabruck und ein paar Aufstiegsambitionierte aus den Regionallligen.

Das sich beim aktuellen Stand im übrigen genau der einzig wahre Vorschlag zur Liga-Reform, nämlich eine 16er-Profi-Liga, quasi von selber ergeben würde, sei hier nur als Gag am Rande angemerkt...

Alles noch kein Beinbruch, weil es 10 Tage Einspruchs- und Nachreich-Frist gibt, in denen die üblichen politischen Strippen, die dann Bank- und sonstige Garantien ausgeben, gezogen werden können. Auch wenn das heuer schwieriger denn je ist - Finanzkrise, kein Jörg Haider mehr, auf Druck von FIFA und UEFA immer strengere Lizenzauflagen...

Erinnerungen an den Allerdümmsten

Interessant ist die Reaktion derer, die in der 1. Runde angezählt wurden. Mich erinnert das, was die Betroffenen da absondern, an den womöglich am wenigsten schlauen Menschen, den ich so kenne - was Finanzplanung und -einreichung betrifft: mich selber.

Immer, wenn mir das Finanzamt irgendwas zurückgeworfen hat, weil irgendwas fehlte oder falsch ausgefüllt war - ich hab laut geschimpft, und es war nie (ich wiederhole: NIE) meine Schuld.
Unmöglich.
Die Finanz-Trottel, diese sesselfurzenden Buchhalter, diese weltfremden Molche, die waren schuld an allem. ALLEM. Ich? Nie!
Ich war für den Job des Fußballclub-Präsidenten also prädestiniert. Schade eigentlich, dass ich mit den Jahren dieser kleinen Idiotie, diesem so leicht durchschaubaren Selbstbetrug, dieser verräterischen Aufplusterei, diesem Kindergarten-Getue abgeschworen habe.

Insofern hat sich mein vergangenes Ich in den Aussagen aus Kärnten oder der Südstadt wiedergefunden.

Lizenz zum Sudern

Austria Kärntens Präsident, der landtagssitzlose Landeschef der landtagsitzlosen Kärntner FPÖ, Mario Canori spricht von einer "nicht nachvollziehbaren Entscheidung", die man nicht verstehen könne.
Komisch, denn das Ausbleiben eines gültigen Beschlusses für eine Haftungserklärung der Stadt Klagenfurt über die Stadion-Infrastrukturkosten, war seit Wochen allen bekannt. Auch, dass es sich rein terminlich gar nicht ausgehen können würde, für die Lizenz in erster Instanz. Wußte jeder, war täglich in sorgenvollen Lobby-Geschichten in der Kleinen Zeitung nachzulesen.

Trotzdem wird gebellt, trotzdem ist man empört, weil "trotz des uneingeschränkten Testats unseres Bundesliga-lizenzierten Wirtschaftsprüfers die Bundesliga keine positive Entscheidung treffen" wollte. Das ist so als würde sich (vor Gericht) die Verteidigung drüber erregen, dass der von ihr aufgerufene Experte hinterfragt werden darf. Und es hat was vom "Ich habs eh schon gezahlt, der Scheck ist schon unterwegs, die Überweisung muß jede Sekunde eintreffen"-Blabla, das die vorhin erwähnten Finanzbeamten sich faden Auges jeden Tag anhören müssen.

Lizenz zum Kürzen

Noch lustiger an mein altes Ego erinnert mich der greise Admira-Zampano Richard Trenkwalder (der kleine Dritte im Power-Mäzen-Ranking hinter Mateschitz und Stronach). Seine Verantwortlichen haben einfach bei der Einreichung geschlampt und Unterlagen vergessen.
Trenkwalders Reaktion: Empörung über diese "Formal-Geschichte", über den daraus resultierenden "Image-Verlust" und die Ankündigung eine Million Budget zu streichen.

Das ist ganz schön lustig. Lustiger als ich das je hinbekommen hätte.
Denn: die ganze Lizenzierung besteht nur aus Formal-Akten. Und die haben ja den Sinn die ökonomische Basis zu belegen, damit nicht wieder Windeier a la Kartnig den heimischen Fußball versaubeuteln.
Und: die Budget-Kürzung straft weder Bundesliga noch Lizenz-Vergeber, sondern nur die Kraft des eigenen Vereins.
Das riecht nach absurden Anfällen absolutistischer Herrschsucht oder nach einer platten Ausrede in wirtschaftlich schwierigen Zeiten einzusparen. Beides wäre jämmerlich.

Lizenz zum späten Nachwassern

Die anderen seufzen und nehmen die abschlägige Behandlung hin und hoffen auf die zweite Instanz.

Apropos "im letzten Moment": die lustigen Menschen, die durch satt zu spätes Abschicken ihrer MB-prallen Bewerbungen das FM4-Postfach zum Kollabieren gebracht haben, können sich beruhigen.
Erstens funktioniert jetzt alles wieder und zweitens ist Montag immer noch alles genauso zu spät wie seit heute - es eilt also nimmer wirklich. Es werden schon alle angeschaut werden, keine Sorge.
Komisch, dass - wie im Fall der Bundeliga - auch hier ein eigentlich klares Einsendeschluß-Datum maximal den Beginn hypertropher Aktivitäten darstellt.

Der FC Gratkorn weiß, dass ihn sein depperter Kunstrasen (Weg damit! Und: weg mit dem nur marginal bessere Kunstrasen-Dreck in Salzburg) in Probleme bringt und wurschtelt, jetzt, im letzten Moment, irgendwie mit der Gemeinde herum. Der FC Lustenau murmelt was von einer kleinen Bank-Garantie, Vöcklabruck-Chef Resch greint leise, weil sein Unternehmen den BL nicht als Garantie genügt.
Und sudert, dass das bei den anderen gemeinerweise anders wäre. Also, dass man bei Magna oder Red Bull nicht so streng sei.

Ist man, versichert die Bundesliga, und deutet (ein wenig von den immergleichen Sudereien angedingst) an, dass die Lizenzierungs-Anträge, die aus Ställen mit Wirtschafts-Kompetenz kommen, in den letzten Jahren allemal sauber, seriös und kompetent waren, während man bei kleinen Vereinen, die sich oft nur auf eine lokale Bank und noch einen Klein-Sponsor stützen, eh schon Nachsicht ohne Ende walten lassen würde, aber eben nicht auf die wirklich nötigen Basics verzichten kann.

Denn natürlich zeitigt das ewige Gemeckere der Kleinen über die Eierköpfe und Machtzentren in Wien Wirkung.

Und gut ist das, siehe Beispiel Bad Aussee, nicht.
Dem letztjährigen Erstligisten wurde etliches nachgesehen, aber weder sportlich noch ökonomisch konnte sich der in jeder Hinsicht überforderte Verein im Profi-Fußball halten. Resultat: Abstiegs-Platz in der Regionalliga und kein Nachwuchs mehr (denn der wurde als erstes gestrichen). Die Zahl der Konkurse im Hinterbänkler-Bereich der sogenannten 1. Liga ist eine seit Jahren schleichende Seuche. Aktuelles Beispiel: der DSV Leoben, dersicherheitshalber freiwillig in den Regionalliga geht.

Apropos Regionalligen:

Zwar hat der Tabellenführer West (Anif) erst nicht beantragt, immerhin würden die Tabellenführer Ost (Vienna) und Mitte (Hartberg) aber aufsteigen dürfen. Und auch für die aktuellen Zweiten Horn (Ost) bzw Wattens (West) ging alles glatt. Bei den Dritten schauts schlecht aus: der GAK bzw Dornbirn (und bei beiden darf es einen wirklich wundern) wurden erst einmal abgelehnt, nur Parndorf dürfte. Der Sportklub oder andere, wie Kufstein haben es erst gar nicht probiert.

Überrascht hat im übrigen mich am meisten, dass Rapid Wien erstmals seit Jahren die Lizenz ohne Auflage bekommen hat. Bislang schleppte man noch jedes Jahr die Pleiten-Seuche aus dem Aktien-Flop mit. Und auch für heuer war noch ein Liga-Zeigefinger erwartet worden.
Und, nein, Unterstützungen der Gemeinde für Nachwuchszentren, fallen nicht ins Lizenzierungs-Budget (wie die vielen sich verfolgt-fühlenden - derzeit vor allem welche aus Kärnten - glauben). Sowas sollte außerdem ehg Standard sein, auch in Klagenfurt. Wer Bescheid wissen will über den Stazus der dortigen Nachwuchs-Arbeit, darf sich bei F. Schinkels erkundigen (sofern er den gerne zu einem vor Wut roten Kopf verhelfen will).

Lizenz zum Wurschteln

Bis zum 11. Mai kann Einspruch erhoben werden, danach wird innerhalb von 5 Tagen endgültig entschieden. Der danach mögliche Gang zum neutralen Schiedsgericht ist wenig hilfreich und geschieht deshalb kaum). Es würde mich wundern, wenn es Austria Kärnten nicht schaffen würde -> die Gründe dafür habe ich hier schon ausführlich dargelegt. Die dortige Herrschaftsstruktur bedingt geradezu einen Vorzeige-Verein: eine Lizenz-Verweigerung würde dem Landeshauptmann direkt angekreidet werden.
Die Admira wird wohl auch nicht scheitern, nur bei den drei Kleinen kann es, sofern man dort weiter unachtsam vorgeht, ein Zufalls-Opfer geben.

Einer weiteren Saison mit der Lizenz zum Herumwurschteln wäre damit startbereit.