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Pia Reiser

Filmflimmern

28. 4. 2009 - 13:05

Den Hulk im Nacken

In "I Love You, Man" rechnen Paul Rudd und Jason Segel die romcom-Formel mit neuen Vorzeichen durch. I Love Them, Man.

"I Love You, Man" läuft seit 24. April in den österreichischen Kinos

Wenn all die plemplem romcoms, die auf dem Schema F-Trampelpfad den Weg zur trauten Frau/Mann-Zweisamkeit beschreiten und dabei meistens am Altar nicht vorbeikommen notwendig waren, damit eines Tages jemand dieses Schema nimmt, nur leicht abwandelt und damit einen Film hervorbringt, dem in Sachen Witz, Hirn, Figurenzeichnung die anderen romcoms nicht nur nicht das Wasser reichen können, sondern noch nichtmal die Hände haben, um "I Love You, Man" das Wasser reichen zu könnnen, dann danke "My Best Friend's Wedding", "Music and Lyrics" und danke auch dir, unerträglicher "The Wedding Planner".

Best Man gesucht

Wo andere romcoms, ihr meist in klebrigen feelgoodpop eingelulltes Ende finden, beginnt "I Love You, Man": Peter (Paul Rudd) und Zooey (Rashida Jones) wollen heiraten und entdecken in der Planung ebendieser Feierlichkeiten einen Makel im ansonsten recht tadellosen und vorzeigeartigen Leben von Peter: Gut aussehend, Immobilienmakler, höfllich, zuvorkommend, treibt Sport, ja er hat sogar ein iPhone - aber keine Freunde. Er sei eben mehr der girlfriend guy, der sich von Freundin zu Freundin gehantelt hat, diagnostiziert Peters jüngerer Bruder beim Familienessen, der noch dazu gleich vom Vater als sein bester Freund bezeichnet wird - und als wär das noch nicht Schlag genug in Richtung Peter machen die beiden auch noch Explosions-High Five. "I need to get some fucking friends", sagt sich Peter, schließlich verlangt auch das Hochzeits-Protokoll nach einem best man.

Szenenbild aus "I Love You, Man"

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Der kleine Bruder hilft: "Casual lunch or after work drinks. You're not taking these boys to see The Devil Wears Prada"
Originalfilmplakat zu "I Love You, Man"

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Das Originalfilmplakat ...

Regisseur und Drehbuchautor John Hamburg, von dem auchdas Drehbuch zu "Meet The Parents" stammt, hat offensichtlich ein Händchen für Figuren, die sich fehl am Platz und fremd fühlen in einer bestimmten Umgebung, aber um alles in der Welt Oberwasser behalten wollen. Genau wie Ben Stiller im Elternhaus seiner Freundin von Fettnapf zu Unangenehmheit schlittert und große Momente des Unwohlseins zelebriert werden, bei Tisch und im Pool, so findet sich Peter in den männlichen Lebenswelten, die es jetzt zu erforschen gibt, nicht zurecht. Pokertechnisch ist er kein Talent, von zuviel Bier wird ihm schlecht und auch für die Videos, die sein Arbeitskollege - ein solariumgebräunter Schleimbeutel, gesichtszugartig eine Nähe zu Val Kilmer vorweisend - unter den Keywords "grandma" und "porn" findet, hat er eher wenig übrig. Doch, halte durch Peter, you've got a friend. Als er Sidney (Jason Segel)kennenlernt, ausgerechnet beim Versuch, die Villa von Hulk-Darsteller Lou Lou Ferrigno zu verkaufen, trifft er auf seinen Yoda in Sachen Männerfreundschaft. Und lernt auch seinen inneren Hulk, na, nicht wirklich ausbrechen zu lassen, aber doch ein wenig an der frischen Luft spazierenzuführen.

Jason Segel und Paul Rudd in "I Love You, Man"

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Rudd! Segel!

Rudd und Segel weisen eine Chemie vor, die den Lemmon/Matthau-Vergleich nicht scheuen muss, Rudd ist fantastisch in seinem Versuch, sich so zu geben, wie er sich vorstellt, dass Männer sich geben sollten und doch immer wieder danebenliegt. Er, der sich in der Gegenwart von Frauen so galant bewegt wie Cary Grant, verliert in der Gegenwart von Männern jegliche Souveränität; ja er beherrscht noch nichtmal ihre Sprache. Rudds Bemühen um eine männeradequate Sprechweise schenkt dem Film großartige Szenen und Wortkreationen. Allein aus dieser Umkehrung der romcom-Spielregeln, in denen sonst oft ein Semirüpel zum Semigentleman wird, in dem er Rosenblätter und Teelichter entdeckt zieht "I Love You, Man" großen Charme und Witz; hier entdeckt ein Paradeexemplar der sogenannten Erwachsenenwelt, das Kindische, das Pubertäre.
Segel gibt den mit sich im reinen seienden Mann, der seit der Pubertät seine Interessensgebiete nicht merklich gewechselt hat - eine klassische Figur aus dem Judd Apatow-Universum, der hier zwar überhaupt nicht beteiligt war und trotzdem ist "I Love You, Man" apatowian und rankt sich um dessen Spezialgebiet bromance. Wenn auch nur in apatowian light-Manier, es ist merklich zahmer - trotz obligatorischer Speibszene - als Komödien aus dem Umfeld des Regisseurs und Produzenten, zu dessen Stab an Schauspielern eben auch Jason Segel und Paul Rudd gehören.

Paul Rudd im Smoking, Szene aus "I Love You Man"

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Peter beim Versuch den fünften Dalton-Bruder, Timothy, nachzumachen
Deutsches Filmplakat zu "I Love You Man"

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... und die deutsche Variante, redlich bemüht, eventuelle Interessenten vom Kinobesuch abzuhalten

Totes Magotes!

Ohne die beiden, die über komödiantisches Timing und Talent verfügen ohne je in Sitcomereien abzurutschen, wäre an "I Love You, Man" wohl nur die Idee interessant, das Schema der romantischen Komödie einer Männerfreundschaft zu widmen, es ist aber ein dermaßen großes Vergnügen Paul Rudd und Jason Segel auf der Leinwand zuzusehen, vor allem Rudd beim Hervorwürgen neuer Buchstabenkombinationen, in der Hoffnung, dass doch einmal ein passender Spitzname für Sidney dabei rauskommt, dass man sich wie ein itüpferreitender Nörgler vorkommen würde, Zeit dafür zu verschwenden, dem Skript Konventionalität vorzuwerfen. Denn in die Konventionalität eingenäht sind auch Frauenfiguren, die sich doch vom Frauen-Schnittmuster für Komödien unterscheiden (Zooey wird zB nicht zur Stimme der Vernunft und Spaßbremse instrumentalisiert) und die sogar ein paar Pointen ihr Eigen nennen dürfen und hat mit Peters Bruder Robbie eine Nebenfigur, die homosexuell ist ohneals in Komödienklischees erstarrter Manier, für Lacher sorgen zu müssen. Als DVD-Extra würd ich mir übrigens eine Filmfassung wünschen mit Jason Segel als Peter und Paul Rudd als Sidney. Nur so aus Interesse.