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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

26. 4. 2009 - 19:42

Fußball-Journal '09-29.

Euro-Ligen.

An einem Sonntag mit einem derart gelungenen Wiener Derby ist es nicht angebracht, herumzunörgeln.
Denn dieses sehr spezielle Aufeinandertreffer der Traditionsmächte vermag dann, wenn in den ersten Minuten kein Gift aufkommt (bzw wenn man die Trottel-Fans, die es probieren - und auch heute haben sich weder einzelne Rapid- bzw Austria-Hirnis nicht entblödet diesbezüglich anzustacheln - ignoriert werden) über strategische Vorgaben (die ohnehin traditionell düftig sind) hinauszuwachsen, also einen offenen Schlagabtausch zu inszenieren.

Es ist übrigens auch kein Zufall, dass das vielleicht beste Spiel der Saison im April stattfindet und nicht im Hochsommer oder im Winter, in den eine in jeder Hinsicht aufgeblasene Liga die Teams allzu häufig zwingt und zwängt.

Und dann kann sich etwas entwickeln, was zumindest nationale Klasse (wenn nicht mehr) hat, ein schnelles, temporeiches und aufregendes Spiel, das trotz einiger Fehler gutes Niveau aufweisen konnte. Etwas, von dem man gern mehr sehen würde.
Vielleicht mit Ausnahme von Maierhofers Hand-Ausflügen.

Erledigte Meisterfrage

Vielleicht war es auch so schön anzusehen, weil es nicht mehr ums Allerletzte ging. Denn die Meisterfrage, die war wohl schon vor diesem Derby, erledigt.
7 oder 10 Punkte, bei noch 5 ausstehenden Runden, das ist wohl egal. Das erkennt man auch daran, dass die nun zwischen Rapid (als Tabellen-Zweitem) und seinen Verfolgern liegenden 7 Punkte als ausreichendes Polster empfunden werden.

Vorrausgesetzt, der Austria Wien gelingt der Sieg im Cupfinale, sind nächste Saison dann also Rapid (als 2.), die Austria und Sturm (egal ob als 3. oder 4.) im UEFA-Cup spielberechtigt. Moment, den gibt's ja nimmer, der wird dann (ab Sommer 09) Europa-League heißen und ein wenig übersichtlicher organisiert sein.

Und dass Sturm ebenso wie die beiden Wiener Clubs und der künftige Meister international anklopfen kann, das konmnte man gestern sehen, als sich die Grazer gegen eine inferiore LASK-Mannschaft im Schongang durchgesetzt haben.

Hier, wie immer, ein aktuelles Update zum österreichischen Legionärs-Aufkommen, das in dieser kleinen Liste zusammengefaßt ist. Lukas Königshofer (89-03), derzeit 3. Torwart bei Austria Kärnten (bei Schinkels nicht so populär - wiewohl U20 und U21-Nationalspieler) absolviert seit Sonntag ein Probetraining bei den Blackburn Rovers. Nutztsnix-schodsnix.

Alfred Riedl hat den Dunajska Streda-Job nicht bekommen.

Krankls Pracht-Job

Die haben, um das lustige Punkte-Spiel noch einmal aufzuzäumen, zwar noch 8 Punkte Vorsprung auf einen Abstiegsplatz, aber wenn Hans Krankl so weitermacht kommen die Linzer noch schwer in Gefahr. Und Krankls einziges Instrument, die sogenannte Motivations-Kunst, ist nach bereits drei Spielen erloschen.
Dort wo es tatsächlicher Arbeit bedarf ist der Poser Nazionale fehl am Platz. Das sieht er auch ein und schlurft dementsprechend lustlos über den Platz. Ein Trauerspiel, aber kein Mitleid: wer sich selber derartig falsch einschätzt, darf ruhig kraftvoll aufs Maul fallen. Der LASK unterbietet in seiner derzeitigen Verfasuung jedenfalls noch die Linderberger-Monate. Dass man Andre Panadic so vermissen würde, das war nicht erwartbar.

Während die zweite internationale Leistungsstufe also künftig Europa-League heißen wird, bleibt bei der Champions League zwar der Name gleich, aber auch hier ändert sich ab Sommer 09 einiges. Vor allem werden die Meister der nationalen Bewerbe aufgewertet. Die der Top 12 sind nämlich ünerhaupt gesetzt.
Und die der mittelklassigen Nationen haben bessere Chancen als bisher: denn die Landesmeister der Nationen auf den Ranglistenplätzen ab 13 spielen untereinander 5 freie Slots in der CL-Gruppenphase aus - ohne dass dabei die Platzierten der Top-Nationen dazwischenfunken (die haben einen eigenen Path um 5 andere Slots).

Die neue Champions League-Chance

Für den österreichischen Meister ist das super - die Chancen in die Gruppenphase zu kommen ist so hoch wie überhaupt noch nie.

Wie der heimische Vertreter, und ich gehe davon aus, dass das Salzburg sein wird, mit dieser Option umgeht ist auf eine seltsame Art unverantwortlich. Statt mit einer eingespielten Mannschaft in die entscheidenden Play-Offs im August zu gehen, hat man sich für einen neuerlichen (den xten) Umbruch entschieden, Bislang ist noch jeder im Sommer neu herbeigeeilte Red Bull-Wunderwuzzi daran gescheitert, dass er eine ihm unbekannte Mannschaft glich zu Saisonbeginn ins wichtigste Spiel zu bringen. Und das wichtigste Spiel ist das für die CL-Quali, alles andere ist dem Big Boss-Owner, mit Verlaub, nämlich ein bisserl wurscht.

Nun also wieder mit einem neuen Holländer, diesmal Huub Stevens, in die entscheidende Phase zu gehen, bedeutet also aus den bisherigen Erfahrungen nichts gelernt haben. Beratungs-Resistenz, wie man es in oligarchischen Strukturen immer wieder sieht.

Natürlich geht es immer noch doofer: man hätte zb den aktuellen Trainer, den Offensiv-Guru Adriaanse auch jetzt, in der laufenden Saison ablösen können. Es war knapp davor, Sportdirektor Hochhauser konnte das grade noch verhindern. Denn so kann man sich noch selber ein Bein stellen, im letzten Moment, wenn man interne Zwistigkeiten fördert, indem man den Chefcoach entmachtet. Die schon seit Monaten gegen Adriaanse arbeitende Achse Sportdirektor Linke und Ex-Kapitän Niko Kovac (der das bei Premiere mit breitem Grinsen bestätigte) hat sich mit der Wahl ihres Haberers Stevens durchgesetzt, Chef Mateschitz hat's abgesegnet, Förderlichkeit für das große Ziel hin oder her.

Neue und alte Europa-Ligen

Die neue Struktur der Champions League und die Neu-Konstuktion des UEFA-Cups, nun Europa-League sind übrigens Michel Platini geschuldet, der einerseits die Beschwerden der kleineren Nationen keine seriösen CL-Chancen zu haben, aufnahm, und andererseits damit der Gründung einer Euro-League der großen Player zuvorkam.

Just während ich mich mit dem neuen Competetion Format beschäftigt habe (gar nicht so mühsam, nur neu) ist mir beim Ausmisten eine Ausgabe der Times von 2006 in die Hände gefallen, in der über ein Europa der überregionalen Ligen spekuliert wurde. Das ist, vor allem im Abstand von drei Jahren, recht interessant anzusehen: die Times schlug fünf Konglomerate vor, die den 5 Big Leagues (also England, Spanien, Italien, Deutschland und Frankreich) kompetativ begegnen könnten.
Und zwar eine Atlantic League (mit den besten Clubteams aus Holland, Belgien, Portugal und Schottland), eine Balcan League mit Griechenland, Türkei, Kroatien und Serbien, eine Oriental League mit Polen, Ukraine, Rumänien und Bulgarien, eine Scandinavian League mit Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland und eine Alps-Danube-League mit der Schweiz, Österreich, Tschechien und Ungarn.

Das ist weniger absurd als es auf den ersten Blick erscheint. Das Modell der Atlantic League wurde 2001 seriös diskutiert, eine Royal League der Skandinavier gab es ebenfalls bereits.
Und bis auf Russland (dem die Times aufgrund der Geografie weiterhin eine eigene Liga zugesteht) und der Slowakei sind alle Nationen von einigermaßen Belang in diesem Modell vertreten.

Atlantic, Alps, CIS...

Natürlich gibt es auch andere Varianten.
Theoretisch ließe sich eine Ex-Yugo-Liga errichten. Sie wäre aber ebenso wie der tatsächlich jeden Jänner in Moskau durchgeführte CIS-Cup der Meister der ehemaligen Sowjet-Repubiken aktuellen politischen Wirrnissen unterworfen, wenn Azerbeidjanis nicht gegen Armenier, wenn Russen nicht gegen Georgier spielen wollen.
Oder es ergeben sich neue Allianzen wie die zwischen Russland, der Ukraine und Israel. Deren jeweils zwei beste Vereine spielen, ebenfalls im Jänner (um dem CIS-Cup das Wasser abzugraben) in Israel den sogenannten Channel One-Cup aus - mit großen Erfolg und ganz ohne die politischen Probleme zwischen Moskau und Kiew.

Und nur das (das sichere Geschäftsmodell beyond nationalistischer Fährnisse) ist die Basis für den überregionalen Bewerb.
Und es würde Österreich, als Erfinder des Mitropa-Cups, der ersten transnationalen Zusammenkunft des Fußballs, nicht schaden, da ein bisserl mitzudenken.

Bis auf weiteres wird die für die Landesmeister wieder besser zuugänglichen Champions League und der auf 12 klassische Viergruppen aufgestockte neue zweite Bewerb für genug europäische Beschäftigung sorgen. Und für Österreichs Vertreter hoffentlich nicht so unerreichbar bleiben wie zuletzt befürchtet.

Übrigens: die vier Vertreter, die das Times-Planspiel 2006 für die Alps/Danube-League anführte waren Red Bull Salzburg, Rapid Vienna, Austria Vienna und Sturm Graz.