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Roland Gratzer

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23. 4. 2009 - 19:24

"Des mit dem Schiaßn, des mog i ned!"

Auf der sogenannten ElternLan probieren Erziehungsberechtigte die Computerspiele ihrer Kinder aus und kämpfen mit der inneren Ladehemmung.

Gordon Freeman

Radio FM4/Roland Gratzer

Ein gewisser Gordon Freeman begrüßte die Eltern mit einem herzlichen Blick.

Herr Gerhard

Roland Gratzer

Gerhard stört die Konsequenzlosigkeit: "Ich kann im wirklichen Leben ja auch nicht Gas geben wie ein Verrückter!"

Bridge, Schach und Tetris: Das sind die Lieblingsspiele des 60jährigen Gerhard. Brettspiel und Gaming Klassiker standen bei der sogenannten ElternLan allerdings nicht am Programm. Gespielt wurden solche Spiele, mit denen auch der Nachwuchs gerne mehrere Stunden am Tag verbringt.

Ein paar Eltern und Großeltern haben sich letzte Woche in der Zentrale der Kommunikationsagentur Skill3D in Wien eingefunden, um das Hobby des Nachwuchses einmal selbst auszuprobieren. Angereichert mit Vorträgen und ständigem Beistand tummelten sich die Anwesenden in drei Genres: Autorennen, Echtzeitstrategie und Ego Shooter.

"Einfach immer am Gas bleiben"

Los ging's mit Trackmania, einem unterhaltsamen aber nicht ganz so anspruchsvollem Rennspiel. Erste Hürde war der Nickname: Der 60jährige Gerhard (zweifacher Vater) nannte sich Gerard. "So will ich heute heißen", war sein lapidarer Kommentar. Aus den anfänglichen Sekundenabständen wurden langsam Hundertstel, die gefürchtete Todeskurve wird nach dem zwanzigsten Versuch zur lachhaften Schikane. Das einzige, was Gerhard/Gerard, nicht mochte, ist die Konsequenzlosigkeit, die solche Spiele vermitteln. "Ich kann im wirklichen Leben ja auch nicht Gas geben wie ein Verrückter. Die Kinder sagen: Das ist hin, also fangen wir nocheinmal an, egal, ob das jetzt ein Auto ist oder ein Leben." Trotzdem waren sich alle Anwesenden einig: Dieses Spiel kann man wirklich einige Stunden lang spielen.

"Und Sie sind jetzt die Russen"

Dazu kam es aber nicht. Nach den Aufwärmrunden ging es jetzt nämlich in ein ganz anderes Genre: Die Echtzeitstrategie. Dafür wählten die Veranstalter der unschuldigen Lan Party das bizarre Historienuniversum von Command and Conquer Red Alert 3. In einer kleinen Einführung lernten die leicht überforderten Gäste die Grundtechniken Bauen, Erweitern und Angreifen. Hauptschullehrerin Elfi (Nickname: Elfi) saß etwas irritert vor ihrem Bildschirm. Statt "Mineralien abbauen" verstand sie "Marijuana anbauen" und überhaupt: "Diese Zeichen da sind mir alle fremd. Das ist ja nicht so wie am Flughafen. Einfach zuschauen wäre für uns Laien sicher besser." Gesagt getan: Elfi gab freiwillig auf und schaute dem bunten Treiben von Russen, Alliierten und Japanern bis zum Schluss zu.

Kaffee

Radio FM4/Roland Gratzer

Für Konzentrations-Mittel war gesorgt.

Obstkorb

Roland Gratzer

Die Vitamine blieben nahezu unangetastet.

"Ich find das super, was du da machst"

Selber Ausprobieren statt nur Zuschauen war aber genau Sinn und Zweck der ElternLan. Veranstaltet wurde das digitale Kräftemessen vom esvö (eSport Verband Österreich) und der Bundesstelle für Positivprädikatisierung von Computer- und Konsolenspielen, kurz BuPP genannt. "Wir wollen den Eltern vermitteln, dass Computerspiele einfach Spiele sind", so Herbert Rosenstingl von der BuPP. Er pries die Reaktionsfähigkeit und das Raumverständnis, das bei solchen Games gefordert und gefördert wird. Das Ziel solcher Veranstaltungen sei es, dass Eltern ihre Kinder auch dann loben, wenn die erbrachte Leistung nicht nur in einer Schulnote sondern auch einmal in einem Highscore besteht.

Jetzt schießt's mal ordentlich drauf"

Die wichtigste Message, die die Veranstalter vermitteln wollten war diese: "Ego Shooter fördern nicht das Gewaltpotential von Jugendlichen und sind nicht schuld an Schulmassakern". Nach Autorennen und Echtzeitstrategie ging es nun endlich ans Eingemachte: Das "Killerspiel" Counter Strike. Kurze Einführung auch hier, dann formierte sich das Team. Per Zufall wurde Elfi zu jener Spielerin erkoren, die die Bombe legen muss. Damit war sie aber nicht ganz glücklich: "Das gefällt mir natürlich nicht. Ich versuche, das schnell wieder zu vergessen." Das Herumlaufen im Gelände machte ihr großen Spaß, die andere Konstante des Spiels eher nicht: "Des mit dem Schiaßn, des mog i net". Auch Gerhard ist eher weniger begeistert: "Ich hab mich zweimal erschießen lassen, damit ich weitertratschen kann". Dass Spiele wie Counter Strike an Amokläufen in Schulen mitschuld sind, glaubt er aber nicht: "Kinder sind wesentlich gefährdeter, wenn ihre Eltern zuhause ein Waffenlager haben".

Frau spielt Computer

Roland Gratzer

Auch Elfis Meinung änderte sich in letzter Zeit. Früher hatte sie noch geglaubt, Gewalt am Computer und im Fernsehen sei etwas Furchtbares. Aus ihrer Erfahrung als Lehrerin lernte sie aber: "Die Kinder sind nach wie vor sozial. Es dürfte also nicht so tragisch sein, wie ich früher befürchtet habe".

Bei manchen Eltern hinterließ der Abend sogar einen äußerst positiven Eindruck. Jungvater Rupert etwa kannte Ego Shooter vor dem Abend nur als Namen. Nach dem selber spielen musste er aber zugeben: "Es hat mir gut gefallen. Ich würde es sofort wieder spielen. Man muss es aber wohl in der Gruppe spielen, damit es einen wirklich fesselt". Was die Gewalt betrifft, meinte er nur: "Das ist bei Tom und Jerry auch nicht anders".

Ein Fazit, das übrigens alle Anwesenden genau so aussprachen.