Erstellt am: 23. 4. 2009 - 16:50 Uhr
FM4-Premiere: "So finster die Nacht"
Es passiert immer wieder, dass mich eine ernsthafte Filmkrise erwischt, ein Zweifel an der Faszination der bewegten Bilder überkommt, vornehmlich zur Viennalezeit, wenn viele andere hysterisch von Kino zu Kino hetzen.
Und dann überrollt und betört mich plötzlich, bei eben diesem Wiener Festival im letzten Oktober, ein kleines Meisterwerk wie der schwedische Streifen "Lat Den Rätte Komma In" und alles ist wieder gut.
Plötzlich weiß ich wieder genau, worum es mir da drinnen im dunklen Saal geht.
Nämlich weder um Genrezuschreibungen noch um vermeintliche künstlerische Radikalität. Sondern um Filme, die diese Diskussionen völlig überflüssig werden lassen. Denn das Spannende, zumindest ist das für meinen Teil so, liegt immer dazwischen.
Zwischen den Schubladen, zwischen den Lagern, zwischen den Stilen, zwischen den Stühlen.
filmladen
"So finster die Nacht", wie der Film bei uns heißt, erzählt von der Begegnung zweier hochsensibler Kinder in einem tristen schwedischen Vorort, irgendwann Anfang der Achtziger. Oskar, ein fragiler 12-jähriger Blondschopf, leidet unter der Welt und im Besonderen unter der Scheidung der Eltern und seinen gehässigen Mitschülern, bis er bei einem nächtlichen Spaziergang durch den Schnee die gleichaltrige, leichenblasse Eli trifft.
"Ich bin kein Mädchen", wird ihm dieses seltsame Wesen später sagen, in diesem seltsamen und wunderschönen Film, in dem Blut fließt, verbotene Küsse ausgetauscht werden, Untote in Flammen aufgehen, Schlittenfahrten in verschneiten Landschaften ein seltenes Lächeln hervorbringen, Liebe und Rache bis zum konsequenten Endpunkt ausgelebt werden.
Das schneeverwehte Außenseiterdrama des schwedischen Regisseurs Thomas Alfredson lässt mich stellenweise an "Trouble Every Day" von Claire Denis denken, noch so eine traumwandlerische moderne Paraphrase auf den Vampirismus.
Und auch ein Film, der neben dem Blutsaugen von der Entfremdung und der Erlösung durch Umarmungen erzählt, mit einer Bildsprache, die man eher in kleinen Programmkinostreifen als in Hollywood findet.
filmladen
Wie "Trouble Every Day" berührt "So finster die Nacht" als uneinordenbares Hybrid an der Schnittstelle von Kunst und Kommerz. Und dieses in einen Vampirstreifen verpackte Coming of Age-Drama gewinnt gerade dadurch, dass es jegliche Kategorisierungen überschreitet.
Das sind die Filme, die mich wirklich interessieren, faszinieren und entzünden. Filme, die das Denken in "Genrekino" und "Arthouse" oder was auch immer, alleine die Begriffe machen mich im Grunde krank, obsolet werden lassen.
Ich kann auf bemüht künstlerische Statements, die hinter ihrer Sprödheit und vermeintlichen Konsequenz bloß die unfassbar langweilige Weltsicht ihrer Macher verstecken, gerne verzichten. Aber auch deklarierte Genreproduktionen, die ihr dankbares Umfeld von deklarierten Genrefans in ihrer eskapistischen Kuschelecke bedienen, können mir oft gestohlen bleiben.
Im Zweifelsfall will ich dann doch Kino, das vom wirklichen Leben handelt, auch von meinem Leben.
Ich will Aufregung, Leidenschaft, Energie, Herzklopfen und vor allem auch Schönheit, auch mitten im Schrecken, am besten mitten im Schrecken.
Schon lange habe ich, abgestoßen von der grässlichen Werbeästhetik des Multiplex-Universums und der kargen Programmkino-Monotonie zugleich, keinen so schönen Film mehr gesehen wie "So finster die Nacht".
filmladen
50x2 Tickets zu gewinnen
Um an der Ticketverlosung teilzunehmen, muss man sich nur untenstehendes Bild genau ansehen und rausfinden, wen von den abgebildeten Serienheldinnen man anrufen würde, für den Fall, dass man sich gegen Vampire zur Wehr setzen muss.
Richtige Antwort: E, "Buffy - The Vampire Slayer"
Die GewinnerInnen wurden bereits via E-Mail verständigt
Buena Vista, ABC, The WB, HBO
FM4 Kinopremiere
"So finster die Nacht" ("Låt den rätte komma in", OmU, 115 min) am Mittwoch, 29. April 2009 um 20.15 in der Lugner Kino City Wien
Moderation: Petra Erdmann