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Arthur Einöder

POP: Partys, Obsessionen, Politik. Ich fürchte mich vor dem Weltuntergang, möchte aber zumindest daran beteiligt sein.

22. 4. 2009 - 14:59

Pimp My Small Screen!

Die Small Screen Stories machen einen Ausflug: wir tauschen das kleine Browserfensterl gegen die große Filmcasinoleinwand!

Wer Musikvideos liebt und in Wien und der befreundeten Nachbarschaft daheim ist, sollte den heutigen Mittwochabend im Filmcasino verbringen. Screen Sessions - das ist das Festival für österreichische Musikvideos.

Manche Sachen sind in der Realität kleiner als sie eigentlich sein sollten. Bevor du jetzt an dir oder deinem Freund herumzufummeln beginnst, lass dich aufklären: Es geht um Musikvideos.

ein godzillagroßes Marshmellow in Matrosengewand

Columbia Pictures

Big Screen

Eigentlich ist es ja ultralächerlich. Da verkaufen sie einem in den Geizsupermärkten beinahe hektargroße Superbildschirme. Aber die wichtigsten bewegten Bilder schauen wir uns auf einer 448-Pixel-Leinwand an. Das Festival Screen Sessions wandelt dieser Tage auf den Spuren von Dan Aykroyd, von dem die FM4-Filmauskennerin Pia Reiser tatsächlich behauptet, er könne durch pure Gedankenkraft Marshmellows auf Gigantengröße aufblasen. 22 ausgewählte Musikvideos heimischer Regisseure werden auf der großen Leinwand im Filmcasino gezeigt.

Wie bunt die österreichische Musikvideoszene gerade blüht, war ohnehin gerade erst Thema in den Small Screen Stories auf FM4. Neben den schmähführenden Robotern der Band Mord (Für immer Sommer) aus eben dieser Story gehts auch sonst heiß her. Von den Grazer VJs Ochoresotto bin ich spätestens seit dem letzten Springfestival heimlicher Fan. Gemeinsam mit Claus Prinz haben sie Disko Animator von Le Tamtam mit einer morphingeschwängerten Story versehen. Der klassische Plot: verrückter Forscher kapert männliche Unschuld vom Lande und motzt sie in DDR-Labor der Siebziger zum Discodämon auf. Live zu sehen sind Le Tam Tam bei der Screensessions Party am Donnerstag (Details siehe weiter unten)

Für Alles

Wenn nicht gerade eine glückliche Fügung eine milliardenschwerde Subvention ins Haus krachen lässt, sind Videomacherinnen in Österreich ebenso wie die Bands auf Liebe, Leidenschaft und Selbstausbeutung angewiesen. Klar, dass Musikvideoproduktionen oft darauf hinauslaufen, dass ein Freund von einem Freund vom Schlagzeuger eh zufällig was mit Medien studiert und sich für die Band einmal am digitalen Schnittplatz austoben darf. Auch klar, dass dadurch wie von selbst kreative Zentren rund um die MusikerInnen entstehen. Visuals, Musikvideo, Coverart, Musik, Remixes: so schnell wie nie vom Freundeskreis zur Medienmafia.

Davinciesk ist da schon eher die Herangehensweise der Wiener Band Deckchair Orange. Sänger Alexander Wieser studiert Film und kümmert sich daher auch selbst um die Videos der Indie-Popper. Beim Screen Sessions Festival ist das Video Rose vertreten. Nach dem Screening im Filmcasino spielt Alex Wieser einen Akustik-Gig bei der anschließenden Party in der Transporterbar.

Red Carpet

Die Screensessions-Website ist sowas ähnliches wie der videosüchtige Bruder des FM4 Soundpark. Das ganze Jahr über können Bands, Labels und Videokünstler ihre Arbeiten dort hochladen. Rund zwanzig der interessantesten Einsendungen kommen dann auf die große Leinwand zum Festival. Award und Preisverleihung gibt es keine, dafür kommt im Kinosaal aufgrund der hohen Musikanten- und Künstlerdichte durchaus Red Carpet Atmosphäre auf. Den eigenen Clip im echten Kino zu sehen: das lassen sich die wenigsten entgehen.

Einige der Festivalfilme waren im Rahmen der Diagonale in Graz bereits zu sehen. Für Wien sind noch einige andere dazu gekommen. Unter anderem der (zumindest von mir) sehnsüchtig erwartete Nachfolger des Jahrtausendvideos Balkanaken von Mevlut Khan. Selam setzt anstelle von Gewaltposen auf Ghettoromantik, die Umut Dag zwar kitschig inszeniert, aber dabei gekonnt vermeidet in Werbefilmästhetik der SPÖ Wien abzudriften.

Mittwoch ab 20:30, Donnerstag ab 21 Uhr

Die Auswahl fürs Festival richtet sich nicht zwangsläufig nach den besten Bildern oder der besten Musik, sondern soll einen Überblick über den status quo der österreichischen Musikvideoszenen geben. Animationsfilme sind genauso dabei wie beklemmende Zeitlupenstudien oder schnell abgedrehte Klamaukfilmchen. Die VJanes von System Jaquelinde aus Linz sind mit Matilda für Parov Stelar beim Festival vertreten. Im Video zeigen sie, wie man verantwortungsvoll Paintball spielt, ohne zwischendurch mit drei Bier zu dopen.

Screensessions Festival:
Mittwoch, 22. April ab 20:30 im Filmcasino Wien. Kinokarte: 7 Euro

Donnerstag, 23. April ab 21 Uhr in Rhiz und B72.
Rhiz Live: Le Tam Tam, Orjo & Mimu
B72 Live: Lady Lynch, Christoph & Lollo, Tangerine Turnpike