Erstellt am: 20. 4. 2009 - 18:10 Uhr
Fußball-Journal '09-27.
Update zum Legionärs-Eintrag von letzter Woche: Jung-Rapidler und Christian-Sohn Philipp Prosenik (93-03) hat den Jackpot geknackt. Das 16jährige Supertalent wechselt im Sommer von Rapid (wo er bei den Amateuren in der RL gekickt hatte) zu Chelsea London - 3Jahres-Vertrag! Prosenik ist aktueller U17-Teamspieler.
Back on the Job ist wohl Alt-Teamchef Alfred Riedl, der nach Stationen in Liechtenstein, Palästina und zuletzt Vietnam (wo man per landesweitem Aufruf eine Niere für den schwerkranken, unglaublich geschätzten Coach fand) jetzt beim slowakischen Verein DAC Dunajská Streda als Nachfolger für Werner Lorant schon fix sein soll.
Nachtrag: mit Zizo Kranjcar ist ein Konkurrent aufgetaucht...
Die Meldung ist unaufällig und wird nicht viele erreichen. Der "SC Wr. Neustadt" bekommt für die nächste Saison klare Sparvorgaben.
Nichts ungewöhnliches, in Zeiten wie diesen etwas fast erwartetes. Bloß: dieser SC ist kein Verein wie jeder andere, sondern das aktuelle Spielzeug von Magna-Boss Frank Stronach, dem selbsternannten Heilsbringer des österreichischen Fußballs, der seit 1999 als steter Unruhe-Herd fungiert, egal ob bei der Austria Wien, als Unterstützer von Konkurrenten, als inhaltlich weitestgehend ahnungsfreier Liga-Präsident und als Prophet, der Österreich zum Weltmeister 2010 machen wollte.
An dieser strukturellen Inkompetenz und der Tatsache, dass in Österreich das raubtierkapitalistische Sport-Franchise-System, das Stronach in den USA/Kanada kennengelernt hatte, nicht funktioniert, scheiterten diese Pläne - Stronach zog sich sukzessive aus allem zurück (Bundesliga, Austria, Nachwuchs-Akademie...) und behielt sich (via sportpolitischer Trixerei) einzig die komplette Hoheit beim künstlichen Verein FC Magna, den Stronachs Statthalter Peter Svetits in Wr. Neustadt, nächst der Europazentrale der Magna Holding AG in Oberwaltersdorf, ansiedelte.
Man übernahm das Stadion des in der 2. NÖ-Landesliga spielenden 1. SC Wiener Neustadt und nach und nach den ganzen Verein, heißt jetzt SC Magna Wr. Neustadt und steht an der Tabellenspitze der 1. Liga, auch dank des Bruchs des Gentlemen Agreement (Einsatz von nicht mehr als 3 ausländischen Spielern, bestimmte Jugend-Alterskriterien), also vor dem Aufstieg in die Bundesliga.
Der Magna-Sparkurs
Stronach ist also endlich am Ziel seiner Wünsche: ein Verein, in dem alles ihm gehört, alle auf ihn hören, es keine Opposition, keine Alt-Internationalen, keine Geschichte, keine Vergleichswerte gibt.
Und genau jetzt spart er.
Klar, Magna geht es wirtschaftlich derzeit schlechtschlechtschlecht, wie allen im Auto-Zuliefer-Geschäft. Die Sponsor-Aktivitäten kommen jedoch aus ganz anderen Budget-Töpfen, das läuft über Stiftungen und Abschreibposten, hat mit der Lage der Magna-Werke nix zu tun.
Es gibt auch gute Meldungen aus Neustadt: der Stadiobau ist auf einem guten Weg. Und Mario Posch, bislang Leiter der Frank-Stronach-Akademie in Hollabrunn, übernimmt ab sofort den Trainerjob der 2. Mannschaft des SC Magna Wiener Neustadt.
Magna ging mit einem 6 Millionen-Budget in die laufende Saison, offiziell war auch bereits das zweite Jahr ausfinanziert - das sind alles keine ernsthaften Beträge, wenn es um Big Business geht.
Dass hier öffentlich gespart wird, ist nichts als ein Symbol, ein Zeichen - Europa-Chef Sigi Wolf hatte bei den ersten Kurzarbeit-Anzeichen bei Magna Austria sofort einen Teilgehaltsverzicht erklärt. Die aktuelle Aussendung enthält die wortidente Ansage von SC Magna-Statthalter Svetits.
In einem Betrieb, der Betriebsräte verb..., ähn, nicht vorsieht, ist eine solch symbolische Selbstbeschränkung wichtig für die soziale Ruhe. Und das overrult natürlich die mittelfristigen Aufbau-Interessen eines Vereins. Der zwar ein mittlerweile exklusives Spielzeug des Alten ist, eine Sandburg in die ihm niemand reintappen kann, aber eben nur solange es nicht fad wird. Oder solange nicht was wirklich wichtiges (Stichwort auch hier: Kerngeschäft) dazwischenkommt. Natürlich kann Stronach auch an anderen Ecken (Musikverein, Racino, Oberwaltzersdorf, Personal-Park Weigerstorfer aufwärts...) sparen - es liegt an seiner aktuellen Laune.
Wer von der abhängig sein will, ist entweder ein bewußter Profiteur wie die Herren Neumann und Svetits, die gern auch als Totengräber des heimischen Fußballs bezeichnet werden (Stichwort: GAK-Ende), ein Gambler oder ist in Besitz eines unbeeindruckbaren Magens. Für etwas nur nachhaltig Funktionierendes wie Fußball ist diese Kur allerdings Gift.
Die Red Bull-Fußball-Krise
Wie schlecht sich so eine Abhängigkeit vom Super-Mäzen auswirkt, zeigt das Beispiel des anderen Tabellen-Führers und Defacto-Bereits-Meisters, nämlich das des FC Red Bull Salzburg in der Bundesliga. Der dortige Alleinherrscher, Didi Mateschitz hat keine ökonomischen Probleme (weil Zuckerwasserl g'soffen wird auch in der Krise), widmet sich aber derzeit fulltime einem anderen Hobby: der Formel 1, die er sogar mit zwei Teams befährt.
Der erste Grand Prix-Sieg an diesem Wochenende gibt Dietrich Mateschitz auch recht: natürlich ist es fescher, sich in Shanghai als König der Welt abfeiern zu lassen, als sich in der heimischen Provinz-Liga zu einem niemals seriös gefährdetem Meistertitel zu gfretten, um dann im Sommer drauf regelmäßig am Eintritt in der Champions League zu scheitern - die doch der einzig wahre Grund für sein Engagement im Fußball ist und war.
Also wird sich da heftig nicht drum gekümmert - um die Fußball-Abteilung, die so wenig Reputation einbringt.
Weil es aber bei einer Firmentruppe mit einem Alleinherrscher keine Entscheidung gibt, die nicht von ihm abgesegnet wurde (weil er sich im Gegenzug als gesegnet genug erachtet, nicht delegieren zu müssen), fallen dann lange keine und dann plötzlich wenig nachvollziehbare, einander widersprechende.
Der langgezogene, unwürdige Abgang von Co Adriaanse, dem (punktemäßig) erfolgreichsten Coach, der je in Österreich gearbeitet hat, ist dann ein Resultat dieser Strukturen, dieser Entscheidungslosigkeit/-schwäche, der absurden Konzentration auf die Allmacht eines Fachunkundigen.
Adriaanse ist/war ein Vertreter bedingungslosen Offensiv-Fußballs, den die zu guten Teilen aus großartigen aber auch recht satten Legionären schlecht zusammengestöpselte Mannschaft vergleichsweise optimal umsetzte. Wenn Adriaanses Salzburg (wie des öfteren) mit drei echten Spitzen, dahinter noch zwei offensiven Mittelfeldspielern und stürmenden Außenverteidigern antrat, dann blieb kein Auge trocken.
Manisch-depressive Defensive
Die von Sportchef Heinz Hochhauser (einem ausgewiesenen Fachmann mit wohl endlosem Geduldsfaden) eingefädelte Wahl Adriaanses war eine Reaktion auf die grauenvoll-feige Einstellung des lebenden Spätkunstwerks Trapattoni, und wird jetzt mit einer Entscheidung für den rustikal-defensiven Holländer Huub Stevens wieder zunichte gemacht.
Innerhalb von einem Jahr die Philosophie dreimal zu wechseln, und das jeweils radikal - das hat manisch-depressive Züge.
Nächstes Jahr wird Salzburg also wieder Fußball zum Abgewöhnen spielen. Vielleicht Absicht um so Didi Mateschitz (das neuerliche Scheitern an der Champions League vorrausgesetzt) den Ausstieg aus dem Ö-Fußball zu erleichtern? Wir sich angesichts der neu aufgestellten Champions-League-Quali gar nicht so leicht machen lassen...
In jedem Fall ist dieses hysterische Hin-Her einem kontinuierlichem Aufbau ebenso unzuträglich wie das absurde Gefrickel bei Magna.
Einschränkung: natürlich bauen andere Vereine auf ihre Art genausoviel Mist. Nur lassen sich dort (also im Rahmen normaler, allzu menschlicher, Team-Strukturen) die Ursachen im Gefüge eine Zusammenarbeit aller gutmeinenden Kräfte finden. Und ebenjene Kräfte sind dann auch oft imstande Unsinnigkeiten zu neutralisieren.
Während man sich also anderswo in diesem stetigen Ausgleich der Einflüsse und Aktionen irgendwohin, und manchmal auch nach vorne, bewegt, liegt bei den oligarchisch-monarchisch organisierten Strukturen alles in einer Hand (maximal noch in der eines Einflüsterers). Da gleicht dann niemand einen Fehler aus - weil es in einem solchen System gar keinen Widerspruch geben darf.
Womit derartige Systeme (wie derzeit auch praktisch vorgelebt) für einen Sport mit Ewigkeitswert letztlich ungeeignet sind.