Erstellt am: 20. 4. 2009 - 12:46 Uhr
Schwip Schwap. Kchchtsch. Vrrooom.
Wie das fiept und zischelt, wie das blubbert, brummt und leise quietscht. Wenn es nicht gerade scheppert und schwer atmet. Bei Black Dice war in der Rumpelkammer immer schon so einiges los an Kabelsalat, Holterdiepolter und spröder Maschinenliebe, ihr aktuelles Album „Repo“ aber ist der vorläufige Höhepunkt ihrer wild geschichteten Soundforschung, gleichzeitig aber, andersrum gedacht, das total straffe Runterkochen des Klangmaterials auf seine Essenz. „Repo“ ist eine sehr, sehr gute Platte. „Repo“ ist das Stottern des Rasenmähermotors, ein dick Blasen schlagendes Gebräu und der eierende Groove eines unter höchster Dringlichkeit betriebenen Dampfmaschinemodells - das freilich dann da und dort schon auch Mal den Geist aufgeben muss.
Jason Frank Rothenberg
Dass Black Dice eine beste Band der Welt sind, wusste Diedrich Diederichsen schon vor fünf, sechs Jahren in einem seiner „Musikzimmer“-Aufsätze für den Berliner Tagesspiegel zu erwähnen. In Diederichsen Text ging es in erster Linie um das Animal Collective, das damals brandaktuell auch so eine beste Band der Welt war (und, ganz objektiv, heute noch ist), die Tatsache aber, dass beide Bands gerade gemeinsam auf Tour waren und auch sonst auf die eine und andere Art miteinander verbandelt sind, schaffte dann doch noch Platz für die Würdigung von Black Dice in Form einer Fußnote.
Black Dice
Black Dice und das Animal Collective sind sich freundschaftlich verbunden, beide Bands hatten sich irgendwann einmal ihre Hauptquartiere in Brooklyn, New York eingerichtet. Zudem veröffentlichen Black Dice nach langjähriger Zusammenarbeit mit der Hipsterdiskothek DFA Records ihrer Platten bei Paw Tracks, dem Label, in dessen Betrieb die Herren vom Animal Collective auch irgendwie mit ominöser Geisterhand verstrickt sein sollen. Wenn dann und wann Zeit blieb, haben Avey Tare vom Animal Collective und Black-Dice-Mann Eric Copeland, damals übrigens auch Wohnungskollegen, dann noch gemeinsam das launische Drones-Projekt Terrestrial Tones betrieben.
Beide Bands pflegen maximale Scheuklappenfreiheit was Einflüsse, musikalische Codes und Formenlehre anbelangt, die Entwicklungen aber, die Animal Collective und Black Dice in den letzten Jahren genommen haben, hätten unterschiedlicher kaum ausfallen können: Während Animal Collective mit ihrem lauthals jubilierenden Album „Merriweather Post Pavilion“, Harmonien von tausendundeiner Stimme plus wunderschön glitzerndem Psychedelik-Zinnober dieses Jahr endlich zu Recht im Pophimmel angekommen sind, entfernen sich Black Dice mit jedem Album mehr aus den Gegenden, die man da Mainstream heißen könnte.
Jason Frank Rothenberg
Die ekstatischen Noise-Freak-Outs der frühen Jahre haben Eric Copeland, Bjorn Copeland und Aaron Warren ohnehin längst schon hinter sich gelassen, für „Repo“, das fünfte reguläre Album von Black Dice, hat man die Gitarren aber gleich fast durchgehend im Wandschrank weggesperrt. Black Dice sind über die Jahre zunehmend elektronischer geworden, auf „Repo“ verdichten sich Sprachsamples, Schnipsel aus Cartoons und schepperndes Getröte, das verstärkte Interesse an Dub, Techno und HipHop, das Wissen um Krautrock und Afrobeat zu einem zähflüssigen rhythmischen Fluss. Die Maschinen pluckern, behäbig entfahren die Beats den Boxen. Für besonders mutige Ausdruckstänzer gut geeignet. Ständig passiert was, immer kocht was über, und da hinten, da ist schon wieder ein Effektgerät explodiert! Da kann man sich immer wieder auch an Industrial-Großtaten von Throbbing Gristle oder Cabaret Voltaire erinnert fühlen - wenn die mal einen guten Tag hatten und gar arg Lust auf Pop.
Frank Siringo
Das Donaufestival Krems auf FM4.
Als Animal-Collective-Wonderboy Panda Bear Mitte 2007 im Zuge der Veröffentlichung seines Jahrhundertalbums „Person Pitch“ von der Spex gebeten wurde, den Lesern doch einige seiner Lieblingstracks/Lieblingsmusiker mitzuteilen, meinte er über Black Dice und deren dritte, damals gerade noch frische Platte „Broken Ear Record“:„Meine Lieblingsband, und alles, was ich über das Musizieren in einer Gruppe weiß, habe ich bei Black Dice vom reinen Zuschauen gelernt. Dies hier ist ihr aktuelles Album, und es geht wahnsinnig ab.“ Also hören wir „Repo“, wieder und wieder, denn „Repo“ geht ebenso wahnsinnig ab, und gehen hin, wenn Black Dice dann kommenden Donnerstag beim Donaufestival einen filigranen Krach in die Kremser Halle 1 hineinmusizieren werden. Und schauen zu und lernen. Wer wären wir denn, einem Herrn Panda Bear widersprechen zu wollen?