Erstellt am: 19. 4. 2009 - 03:02 Uhr
Der Song zum Sonntag: Yeah Yeah Yeahs
Gegen die Yeah Yeah Yeahs kann man schon was haben. All die kleinen, sorgfältig ausgedachten Zitatreferenzen, die hohlwangigen Posen, die Frisuren von Mireille Mathieu und Per Gessle - eine Punk-Spielzeugband, die man sich als Action Figuren auf seinen Fernseher stellt.
Shake it like a ladder to the sun
Makes me feel like a madman on the run
Now you’re never, never far gone
So get your leather leather
leather on on on on
Your zero
What’s your name?
No one’s gonna ask you
Better find out where they want you to go
Try and hit the spot
Get to know it in the dark
Get to know it whether you’re
Crying, crying, crying oh oh
Can you climb, climb, climb higher
Was it the cure? Shellshock!
Was it the cure? Hope not!
Was it the cure? Shellshock!
Was it the cure?
What’s your name?
Karen O und Nick Zinner wälzen sich im Zitat - nicht aber im Zitat der Epoche (Riot Girl, Post Punk), sondern im Zitat einer bereits zitierenden Epoche, einer späten, unoriginären Version, die bereits durchdacht ist: Nicht Debbie Harry zitiert Karen O., sondern Transvision Vamp, nicht Velvet Underground sondern Jesus and Mary Chain, nicht Lou Reed sondern Billy Idol.
Zur Szene- Coolheit und New York Street Weisheit kommt eine abgeklärte Art der Geschäftstüchtigkeit, die uns auch The Horror oder Tokyo Hotel eingebrockt hat und einbrockt.
Das betrifft aber eher die Optik, die Imagery, die Inszenierung.
Von den Yeah Yeah Yeahs kann man andererseits aber schon auch was halten. Sie sind fesch, souverän und erfolgreich, haben die coolsten intellektuellen Freunde (Dave Sitek, MSTKRFT, Animal Collective) und strotzen vor Energie. Die Musik ist "fetzig" und "hittig" wie Roxette, nur 100 mal "lässiger", durchaus "Album der Woche" würdig und natürlich etwa 1000 mal besser als Transvision Vamp (dass ich an die nochmal denken musste ... - obwohl: Nichts gegen Billy Idol, der mit seiner souveränen Form der Lächerlichkeit viel geleistet hat.)
Josh Wildman
Und es ist sicher ein Verdienst ihres elektronischen Dance Punk, der an Suicide und die Späten Jesus and Mary Chain erinnert, die Achtziger davor bewahrt zu haben, als doofe, schlecht frisierte, undiskursive Dekade in die Geschichte einzugehen, vor der uns dann etwas "echt erlittenes" wie Grunge erlöst haben soll.
Nebenbei ein wohl unabsichtiger Coolness-Witz in "Zero": Der zitierte "Shellshock" ist nicht nur der Ausdruck für das Kriegstrauma, es ist auch New Orders Beitrag zum Soundtrack zu "Pretty in Pink", der Post New Wave 80-er Schnulze schlechthin. "New Order" und "Pretty in Pink", zu den YYYs passt eben beides.
Zero
Der "Song Zum Sonntag" ist eine Kooperation zwischen FM4 und der "Presse am Sonntag" und erscheint hier wie dort, wo sich der geschätzte Wissenschafts - und Popjournalist Thomas Kramar der Kolumne annimmt.
Die Presse
Und "Zero" funktioniert. Zero ist die 80er Keyboard-Dance Version eines alten Themas. Des Themas des sich Aufrichtens an der Freizeitkultur, dem Dancefloor oder dem Rock'n'Roll, durch die eine "Null" sich in Größe spüren kann. Des Themas vom Loser, den man nicht einmal nach dem Namen fragt, aber der sich jetzt selbst erhebt und selbst feststellt, wo es lang geht. Die Null, die sich aus seiner Nullexistenz aufrichtet, für den Abend fertig macht, in Leder hüllt und sich wie ein Verrückter in der Sonne fühlen möchte. Der ausprobiert, ob er im Dunkeln weint, und immer höher klettern wird.
Wer Nichts ist hat nichts zu verlieren, also warum sich nicht gleich sich diesen coolen Leuten anschliessen und mit ihnen durch ein leeres, nasses, glitzerndes "Sex and the City"- New York City staksen, sich in Einkaufswagen durch die Gegend schieben, shoppen und dazwischen cool klingende Nonsens Reime singen und "Crying" stöhnen.
Guter, sauberer Spaß, mit Stil und mit einer gewissen Abgeklärtheit, die schon immer die Definition von Cool gewesen ist.