Erstellt am: 3. 4. 2009 - 16:59 Uhr
Im Tiefparterre
Fett. Das war das Adjektiv, als das "Gelbe vom Ei" Hip Hop aus Österreich auf eine CD presste, das Video zu "3 Uhr 10" von Texta im Fernsehen zu sehen war und die Beginner noch die Absoluten waren. Etwas war fett - sprich sehr gut - und nicht jemand betrunken. Das war Mitte der 90er Jahre. Und in Graz formierte sich der Verein tiefparterre.
Nomen est omen, tiefparterre kennt man zu Beginn nur in kleinen Kreisen. Einzig Neo ist in der Graffiti-Szene über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Ansonsten werkt das Kollektiv abseits der breiteren Öffentlichkeit. Würde Hip Hop in der Schule sitzen, Linz und Wien könnten sich mit einem kräftigen "Ja!" melden, nach Graz würden viele verdutzt ihre Köpfe umdrehen.
Hip Hop gab es all die Jahre immer in Graz, sagt DJ Dero. Doch viele produzierten im Stillen. Dero legt seit zwölf Jahren auf und ist einer der umtriebigsten DJs und Produzenten von tiefparterre. Mit Kollegen veranstaltet er regelmäßig die ButterBar: Hip Hop ist die essentielle Zutat, hinzu kommen Funk, Soul und Reggae, sowie gehörige Portionen Electro und Breakbeats. Eine Hand voll Bailefunk, Dubstep und Grime löffelweise machen die Mischung der ButterBar-Veranstaltungen aus. Das Rezept geht live vollends auf, da muss man keine zwei Hip Hop-Platten zuhause haben. Es bleibt nicht beim zustimmenden Indie-Kopfnicken, die Beine wollen mit.
Denn tiefparterre ist seit in den letzten Jahren kräftig angewachsen. Ursprünglich initiiert mit dem Ziel, jungen Künstlern abseits des Mainstreams unentgeltlich Platz im WorldWideWeb zur Verfügung zu stellen, hat sich die Plattform zum Pool für kreative Köpfe entwickelt. Gegenseitig unterstützt man sich bei den eigenen Projekten. Ein gutes Dutzend DJs, MCs und Musiker fühlt sich dem Verein heute zugehörig. Hip Hop war der größte gemeinsame Nenner der losen Gruppe, die mit ihren Interessen von Grafik bis Veranstaltungsmanagement zu einer Art produktiver Familie zusammen- und in diverse Musikrichtungen auswuchs.
Chris Chronic organisiert mit Amtrak und Focus die Clubreihe Bass or Die, die erste ButterBar fand vor drei Jahren statt. An eine bestimmte Location wollte sich tiefparterre dafür nicht binden. Mit der Postgarage scheint die ButterBar nun aber eine gute Basis gefunden zu haben.

tiefparterre.net
Die Verantwortlichen und Mitwirkenden sind Musiker - teils mit klassischer Ausbildung - und als „Kleinkinder in einen riesengroßen Topf Zauberfunk gefallen", wie sie es ausdrücken. Niveau geht klar vor Posen, die prägen dafür die Pressefotos, nicht ohne Witz.
And the drums, the drums, the drums
Beim springeight Festival traten DJ Mr. Dero und MC Klumzy Tung erstmals gemeinsam mit dem Schlagzeuger Dr.Pheel auf. Begeistert erweitern die tiefparterre-Mitglieder Dero und Klumzy Tung daraufhin ihre Aufstellung in der Butterbar um das Schlagzeug: die Beats kommen von den Turntables und von Dr.Pheel, der auch bei Monk am Schlagzeug sitzt.
Dazu freestylt Klumzy Tung. Bei Improvisationen ist der Londoner in seinem Element, durch seine Zusammenarbeit mit dem zweifachen englischen Beatbox-Champion Beardyman kann ihn so schnell nichts aus dem Konzept bringen. Damit sich das Publikum noch direkter einbringen kann, hat er den Klumzy Word Generator erfunden. Als Zuhörer schickt man ihm Stichworte über ein kleines Tool, das im Publikum herumgereicht wird. Auf der Videowall erscheint es, Klumzy Tung liest es und freestylt dazu, bis das nächste Wort aufblinkt.
Schlag auf Schlag wechseln in der ButterBar-Konstellation der drei Musiker Tempo und Stil, geht ein Hip Hop-Track mit dem Schlagzeug in Drum'n'Bass über. Mit der Sängerin Miss Farina und ihrem Soul haben sich die drei zur Live-Band Stevies Wonder Glasses kurzgeschlossen.
Live dürfen sich auch Andere mit ihren Instrumenten anschließen. Im Parkhouse im Grazer Stadtpark, wo Dero und Co. des Öfteren zu sehen sind, packte kürzlich ein Gast seine Geige aus. "Plug it in!" war die begeisterte Antwort. E-Gitarre war es keine, nichtsdestotrotz mischten sich Streicherklänge zu den Beats.
Dass am Ende nicht jeder vor sich hin jammt, verhindert die intensive Zusammenarbeit und die Ernsthaftigkeit des Unternehmens. Dero und Klumzy Tung sind freischaffende Musiker und bauen nach der EP "The Little Things" zurzeit ihr Debütalbum in Deros Studio, das er sich zuhause eingerichtet hat.

tiefparterre.net
Alle in Butter
Der Name Butterbar rührt daher, dass grundsätzlich fette Musik gespielt wird, erklärt Dero schmunzelt. Fett kennt auch der gebürtige Engländer Klumzy Tung, doch nicht in diesem Ausmaß. "There was a long time when fett was the main word, actually", meint Dero. In England wechseln die Slangs aber wesentlich schneller, sagt Klumzy Tung. Seinen Word Generator will er bei springnine anwerfen, da kann man ihn dann mit "sick", "super" und viel schlaueren Wörtern zum Freestyle herausfordern.
Das ButterBar-Unternehmen geht bereits heute (also Freitag) Abend in die Breite: mit Mr. Dero an den Decks, Klumzy Tung und Miss Farina an den Mikrofonen, zu denen sich Monk-Sängerin Susanne Sawoff gesellt, einem Gitarristen, Bassisten neben einem Keyboard und dem Schlagzeug und zwei weiteren Gastmusikern formiert sich die ButterBand. Neun Menschensind mit einer BigBand am Start, die sich nicht auf Hip Hop reduzieren lässt.
Mit dabei auch in der heutigen Ausgabe der ButterBar der Beginner Denyo aka DJ Rap A Lot, der ein DJ-Gastspiel gibt. Während Jan Delay gut behütet feiert, widmet sich Beginner Denyo derzeit unter seinem Geburtsnamen Dennis Lisk dem eher klassischen Singer/Songwriting.
ButterBar mit Denyo aka DJ Rap A Lot, ButterBand, Dizzy und Dorian Pearce
Freitag, 3.4., 22 Uhr, Postgarage, Graz.