Erstellt am: 1. 4. 2009 - 19:38 Uhr
Fußball-Journal '09-23.
19:30
Eigentlich hat der ÖFB schon vor dem Spiel gewonnen. Denn Präsident Leo Windtner hat bereits vor dem Spiel Erkenntnisgewinn demonstriert und Änderungen angeregt, die fast schon in den Bereich Visionäres fallen.
Dazu paßt auch die Nachricht, dass Christian Schramm der neue Teambetreuer (also quasi der Produktionsleiter) des Nationalteams wird - der Mann ist uns bei der U20 in Kanada schon positivst aufgefallen.
Dazu ist die Verletztenliste vor dem heutigen Quali-Spiel in Klagenfurt so lange wie selten zuvor - und das Spiel selber hat keine echte Bedeutung mehr: Beide Teams werden sich die WM in Südafrika auf dem Plasma-Screen anschauen.
Interessant wird das heutige Spiel also nur, weil es Duftmarken für eine mittelfristige Zukunft setzen könnte; und weil die von Dietmar Constantini stammen werden, der die Mittelfristigkeit womöglich gar nicht erleben wird - was also wieder einen gewissen Witz hat.
19.45
Die Ausfalls-Liste in der Reihenfolge ihres Auftretens: Manninger, Garics, Leitgeb, Ibertsberger, Janko, Junuzovic, Manuel Weber, Dragovic, Christian Fuchs und zuletzt Jürgen Säumel.
Bewusst hat Constantini eh bereits auf Ivanschitz und Stranzl verzichtet, außerdem hat er Linz, Harnik, Stankovic, Gercaliu und Kienast nicht berücksichtigt, Dag und Bahadir will er sich erst anschauen, Aufhauser und Standfest sind stillschweigend verräumt worden.
Viel bleibt da also gar nicht mehr über.
Man erwartet:
Gspurning; Schiemer, Prödl, Cpt. Pogatetz, Ulmer; Hölzl, Scharner, Pehlivan, Korkmaz; Maierhofer, Hoffer.
Bank: Macho; Dober, Ortlechner, Beichler, Arnautovic, Okotie.
Weil es heute natürlich zu spät ist einen der auf Abruf Nominierten (es würde sich um Hackmair, Gercaliu, Aufhauser und Emin Sulimani handeln, Kavlak war gestern mit der U21, Drazan ist heute mit der U19 im Einsatz) nachrücken zu lassen, wird wohl der frisch zahnbehandelte Dragovic eine Rückennummer bekommen. Denn der dritte Tormann (Schranz) ist selbst für den originellen Constatini eine zu gewitzte Wahl als Ersatz-Feldspieler.
20.00
"Spiel der letzten Chance" titelt die Sport-Kurzinfo - ein bissl absurd, wenn man sich die Tabelle ansieht.
Und Constantinis Team sieht dann doch ein wenig anders als erwartet aus:
Gspurning; Schiemer, Prödl, Pogatetz, Ortlechner; Arnautovic, Scharner, Pehlivan, Beichler; Maierhofer, Hoffer.
Also Ortlechner, der manchmal eher zur Not links hinten spielt, anstatt von Andreas Ulmer, der das in Salzburg regelmäßig tut - eine interessante Entscheidung, vorsichtig gesagt. Dass Franky Schiemer erstmals seit seinen frühen Jahren in Ried den Rechtsverteidiger machen muss, an diese Seltsamkeit hatte man sich in den letzten Tagen ja schon gewöhnt.
Dass Arnautovic spielt, überrascht mich nicht wirklich, bloß, dass er statt des guten Hölzl rechts aufläuft. Arnauto hätte ja auch andere Möglichkeiten. Dass Beichler links spielt, ist eine kleine Sensation, aber da ist Constantini auch nur konsequent: Er hat ja fix angekündigt den nicht vollfitten Ümit nur für 30 Minuten reinzuwerfen.
20.15
Die Rumänen werden so erwartet:
Lobont; Contra, Tamas, Goian, Rat; Cocis, Stoica, Radoi, Nicu; Marica, Nicolita.
Mutu fällt wohl tatsächlich kurzfristig aus, Cpt. Chivu sowieso. Nicu von Hertha BSC hat erst vor zwei Wochen die rumänische Staasbürgerschaft erhalten. Nicu ist ein waschechter deutscher Secondo, der sich für die Heimat der Eltern entschieden hat.
In Österreichs Startformation stehen mit Arnautovic (Serbien) und Pehlivan (Türkei) zwei Migranten-Kids, die den anderen Weg gegangen sind.
Rumänien soll in einem 4-4-2 spielen (bei der Euro sah das noch nach einem 4-5-1 aus), Österreich stellt dem ein sehr vorsichtiges 4-4-2 mit zwei Ketten entgegen: Hinten spielen gleich vier eigentliche Innenverteidiger, davor noch zwei 6er. Übermütig ist das also nicht gerade.
20.20
25.000 Zuschauer rund um den Klagenfurter Rübenacker sehen diese Elf einlaufen:
1 Gspurning; 3 Schiemer, 15 Prödl, 4 (C) Pogatetz, 14 Ortlechner; 11 Arnautovic, 6 Pehlivan, 16 Scharner, 8 Beichler; 17 Maierhofer, 9 Hoffer.
Das sind: zwei Debütanten, ein Rückkehrer, zwei auf ungewohnten Positionen - Altersschnitt 23,5, zusammen nicht einmal 100 Länderspiele, nawusch.
Auf der Bank sind tatsächlich nur 7 Spieler versammelt: 12 Macho, 2 Ulmer, 5 Dober, 7 Korkmaz, 13 Hölzl, 18 Okotie.
Die Nummer 10 wurde nicht vergeben - Dragovic darf also ein Zahnwehmittel nehmen.
20.25
Vielleicht ist Manuel Ortlechner, im übrigen ein hochsympatischer und gscheiter Typ, auch deswegen auf dem Feld, weil er in seinem Heim-Stadion gewisse Benefits hat, den Acker kennt. Nach den Ausfällen von Juno und Weber ist er ja der einzige verbliebene Kärnten-Spieler.
Ansonsten: 5x Ausland (2x England, je 1x Deutschland, Griechenland, Nederland), 3x Rapid, je 1x Austria und Sturm.
20.30
Der Schiri ist ein langer Schotte.
Rumänien spielt doch slightly different:
1 Lobont; 2 (C) Contra, 4 Tamas, 15 Goian, 3 Rat; 16 Nicolita, 6 Radoi, 10 Tanase, 17 Bucur; 11 Cocis; 9 Marica.
Doch kein Nicu, auch kein Stoica.
Looks like a 4-4-1-1 to me.
20.35
Der Teletext sagt: Vasilic statt Cocis. Aber der war grad im Bild. Hm.
20.40
Rumänien tatsächlich in einem 4-5-1.
Mit der Einser-Abwehr. Cpt Contra, Tamas und Goian sowie Rat. Davor Radoi als 6er, der ein offensives Vierer-Mittelfeld vor sich hat. Nicolita rechts, Bucur links, zentrale Cocis und Tanase auf gleicher Höhe. Einzige Spitze: Marica.
20.45
Gelb für Prödl, weil er sich nach einem harmlosen Duell mit Contra fallen lässt und sofort hilfesuchend zum Schiri schaut. Der ist Schotte, hallo! Kommentator König unterstützt Basti. Wie ich dieses Weben an der Hättiwari-Dolchstoßlegende schon zu Beginn von Nationalspielen nicht leiden kann!
20.50
Rumänien klar besser und gefährlicher, vor allem über rechts, mit Contra und Nicolita (soweit ich mich von der Euro erinnere, ein Rom, der einiges an Geschichten über rassistische Verfolgung erzählen kann).
Die jungen Österreicher noch nicht im Spiel: Beichler mit den meisten Problemen.
Falls ichs noch nicht erwähnt habe: Österreich wie erwartet im vorsichtigen, flachen 4-4-2 mit zwei 6ern.
20.55
Erstmals Schiemer gesehen. Nicht bös' sein, ÖFB-Teamchefs, aber eine Mannschaft mit ohne echten Außenverteidigern auflaufen lassen, das ist arm...
21.00
Eine Minute, zwei Tore. Zuerst Tanases Heber über den zu kurz (einen Ausschuss!) ausputzenden Gspurning, dann im Gegenzug Hoffers kalter flacher Abschluss nach zweifacher Auflage durch den Gegner.
Einstand.
21.02
Mein Liebling, der Stadionsprecher!
Zuerst kreischt er minutenlang hysterisch-lautes Brabbelzeug um Stimmung zu machen, dann muss er einmahnen, dass keine Rauchbomben aufs Spielfeld geworfen werden (die er zuvor quasi emotional eingefordert hat).
21.05
Man muss es offen aussprechen: kein gutes Spiel. Man merkt, dass der Gruppenvierte gegen den Gruppenfünften spielt.
Während bei Rumänien zumindest eine klare Spielanlage zu erkennen ist, schaut's bei Österreich eher düster aus. Man versucht sich mit Einzelaktionen, Kombinationsspiel war kaum zu sehen.
21.10
Kein gutes Zeichen: Die Rumänen schaffen es zu zehnt (Radoi angeschlagen draußen) Österreich minutenlang powerplaymäßig einzuschnüren...
21.15
Man kanns natürlich auch anders sehen: Die aktuell noch überstandene Abwehrschlacht kann das Team auch stark machen.
Wenn sich die beiden Ketten aber nur hinten reinstellen, wenn sich Maierhofer vorn weiter aufs Foulschinden und misslungene technische Tricks reduziert, wird's aber nix.
21.20
Und wieder legen zwei rumänische Verteidiger Jimmy Hoffer einen Ball auf, er nimmt das Geschenk an, zischt durch und zeigt, dass das Gerede von seiner tollen Trainingsform reell ist.
Und sofort passiert das, was Constantini selber als größten Blödsinn angemahnt hat: Die eigene Mannschaft wird zum Weltmeister hochgeredet. König spricht von einer verdienten Führung, erinnert sich an den anfangs (für genau diese Imagination zurechtgelegten inexistenten) Elfer und legt so die Latte für die nächste Fallhöhe wieder in schwindelnde Höhen.
21.25
Halbzeit-Pause. Drei Fehler führen zu drei Toren, sonst keine bedeutenden Szenen. Zufallsfußball, vor allem von Seiten der erstaunlich planlosen Österreicher.
Deutschland führt bei Wales ebenso 1:0 wie Italien daheim gegen Irland.
21.30
Außer Arnautovic' Schuss in der 19. und der gelungenen zweifachen Geschenkannahme durch Hoffer war das alles gar nix.
21.40
2. Halbzeit geht los. Stoica (5) kommt für Radoi (6, war angeschlagen) und nimmt dessen Position als zentraler 6er ein. Österreich wechselt nicht, auch wenn sich Korkmaz-Beichler und womöglich auch Ulmer-Ortlechner anbieten würde, um den Rumänen ihre starke rechte Seite mit Offensivkraft zuzumachen.
21.45
Ohne die englischen Scharnierstangen Pogatetz-Scharner wäre Österreich heute verloren. Im Nachhinein ist diese Erkenntnis die vielleicht furchtbarste Watschn für Josef Hickersberger und seinen Glauben an seine Menschenkenntnis.
Maierhofer definiert sein heutigen Spiel mit einer Flanke in den 2. Rang.
21.50
Erinnerungen an den kanadischen Sommer vor zwei Jahren: Okotie (18) kommt für Hoffer (9). Offenbar hat Erwin-Jimmy was am Bein.
21.52
Von Rumänien kommt weiterhin eher auch nichts.
Wenn ihre beste Formation (der Abwehrverbund) auslässt (so wie heute mit zwei Torgeschenken) wird es eng. Kreatives aus dem Mittelfeld - eher Fehlanzeige, der Einzelstürmer - eher unsichtbar.
Was nützt eine Handschrift, ein System, wenn es niemand mit Leben erfüllt!
21.58
Holla! Die ersten selbst herausgearbeiteten Chancen für Österereich. Zuerst ein guter Scharner-Freistoß-Heber, dann Gefahr nach Corner und Flanke, zuerst durch Okotie, dann wieder durch Scharner. Was ist los? Warum spielt man denn plötzlich? Wer hat den Schalter umgelegt? Und: kann das - euphorietechnisch - nach hinten losgehen?
22.00
Jetzt schaut Rumänien ähnlich ängstlich aus der Wäsche wie Österreich in der Einschnürungs-Phase in der 1. Halbzeit.
Unterschied: Man befreit sich und setzt ein Zeichen - ein Cross rollt gefährlich entlang der Torlinie.
22.05
Niculae (18) kommt für Bucur (17). Das heißt: Umstellung auf 4-4-2. Tanase geht statt Bucur auf die linke Seite, Cocis spielt allein zentral offensiv, Niculae ist zweite Spitze neben Piturca.
Das macht sich unmittelbar bemerkbar: Schlagzahl-Erhöhung, mehr Druck.
22.06
Keine Reaktion, geplant: Ümit Korkmaz (7) kommt für Arnautovic (11), geht auf die linke Offensiv-Seite, dafür wechselt Beichler, der alles kann, auf die rechte Seite.
22.10
Die erste, aber verdammt kurze gute Phase der Österreicher ist vorbei - die umgestellten Rumänen dominieren klar und kommen zu guten Chancen. Bester Mann: der international bislang unbekannte Tanase, der gemeinsam mit Rat über links drängt. Wo in der 1. Hälfte noch die rechte Seite (Contra, Nicolita) wild war, sind es jetzt die beiden.
22.15
Gspurning fischt einen guten Cocis-Kopfball raus. Hölzl (13) kommt für Beichler (8) auf rechts. Niculae steht am 5er und schießt nicht. Gspurning verdient sich im Minutentakt Schwerarbeiter-Zulagen.
22.18
Tolle Schwenks quer übern Platz - die Kärntner Kameraleute verlieren zum wiederholten Mal den Überblick.
Der von Anfang an erwartete Nicu kommt für Nicolita - Devise: alles nach vorne.
22.25
Gspurning dreht den nächsten Tamas-Freistoß um die Stange. In der Nachspielzeit merkt man, dass Rumänien, das einen Sieg gebraucht hätte, aufsteckt.
22.28
Ein Sieg, der nichts kann.
Nicht nur weil der Gegner teilweise sehr schlecht war und vielfach unter seinen Möglichkeiten blieb, sondern weil die Mannschaft keine 5 zusammenhängenden Minuten das Spiel im Griff hatte.
Das ist zuwenig.
Und das ist nicht so sehr schuld dieser unterbesetzten und mit vielen Jungen durchwachsenen Mannschaft, sondern der fehlenden ordnenden Hand von außen.
22.35
Constantini ist nach dem Spiel der einzige, der nicht übertreibt und das Spiel schönredet. Man habe die letzten 15 Minuten völlig die Übersicht verloren, das geht nicht. Soll heißen: Gegen eine gute Mannschaft läuft man so in den Untergang.
Constantini nennt Hoffer eine "laufende Handgranate".
Die hat ihn gerettet, nicht den Job, sondern die vielen dummen Fragen, die dann kommen, wenn Resulate ausbleiben.
Leider kommt jetzt das einzig bekannte Gegenstück zu den dummen Fragen, nämlich das schulterklopfende Geschleime, auf ihn zu. Auch grauslich.
So wird auch keiner hinterfragen, dass Constantini letztlich konservativer aufgestellt hat als Brückner, mit zwei vorsichtigen Viererketten anstatt mit echten Außenstürmern.
Constantinis (System-)Zukunft ist die Vergangenheit, eine altbackene Strategie, die z.B. in der U21 schon längst abgestreift wurde.
Deshalb ist dieser Sieg, der nichts konnte, auch so wenig wert. Nicht mehr als ein bloßer Stimmungsaufheller, ein kleiner Upper, der über die dröge Realität hinwegtäuschen soll.