Erstellt am: 30. 3. 2009 - 18:24 Uhr
Rio und die Mauer
Siehe auch:
Rio sperrt Arme hinter Betonmauer auf orf.at
In Rio de Janeiro wird gerade an einer elf Kilometer langen Betonmauer über einen Bergrücken gebaut. Sie beginnt hinter der Favela Dona Marta.
Die Mauer wird gebaut, um ein Wachsen der Siedlung in den Dschungel und somit das Risiko von Erdrutschen zu verhindern. 550 Häuser bzw Baracken werden im Zuge der Bauarbeiten bis Mai demoliert werden, die Bewohner werden von der Stadt in Wohnungen umgesiedelt, die gerade in Bau sind und einem menschenwürdigen Standard entsprechen.

natalie brunner
Dona Marta ist eine Favela in Botafogo, der Südzone von Rio. Ich wohne drei Minuten von ihr entfernt. Letzten Samstag war ich dort, ein Wochenendausflug mit Spaziergang. Dona Marta ist nicht mehr "das berüchtigte, unter der blutigen Rivalität von Drogengangs leidende Armenviertel im südlichen Rio."

natalie brunner
Seit Oktober ist Dona Marta von der Polizei besetzt und die Stadt arbeitet an dem Ausbau der Infrastruktur, um die - bis dahin unter der Kontrolle von Drogenbanden stehende - Favela ins städtische Leben einzugliedern. Dona Marta wurde in den letzten Monaten zu einer Vorzeige-Favela: Es gibt am Eingang eine Info-Station, die die Bewohner über den Ausbau der legalen Internetverbindungen der Gemeinde informiert, eine Beratungsstelle des Arbeitsamtes ist ebenfalls dort.
Die Seilbahn, die über fünf Stationen zum Gipfel führt ist ein Ausflugsziel für Nachbarn geworden, die endlich ihre direkte Lebensumgebung kennenlernen wollen. Direkt hinter der letzten Station, hinter dem Fußballfeld, beginnt die Mauer.

natalie brunner
Sie ist kein schönes Symbol, aber eine Grenze ist sie nicht. Die territorialen Grenzen, welche Gebiete betretbar sind, welche nicht, wo die Kriegslinie gerade verläuft, werden von Polizei und Trafico, dem Drogenhandel bestimmt. Dass Dona Marta frei vom Trafico ist, ist wunderbar für die Bewohner und das umliegende Stadtviertel Botafogo. Die Mietpreise steigen zwar, da es keine Schießereien mehr gibt, aber die Bewohner sind glücklich.

natalie brunner
Die Banditen lösen sich natürlich nicht in Luft auf, sondern wandern in andere vom gleichen Comando, von den gleichen Drogenhändlern, beherrschte Favelas ab. Das Problem verschiebt sich, wandert einen Hügel weiter. Die Situation in der nächsten Favela kippt und die Polzei beginnt in von Zivilsten bewohntem Gebiet einen Krieg mit dem Trafico.

natalie brunner
Es wird lange dauern, bis die Stadtregierung eine Lösung für die über 750 Favelas von Rio gefunden hat. Heute, Dienstag gibt es in der Homebase (19-22 Uhr) ein Feature über die Urbanisierung der berühmten Favela Cidade de Deus/City of God.