Erstellt am: 29. 3. 2009 - 14:20 Uhr
Vom Club ins Museum
Vor drei Jahren begann alles überschaubar und klein. Nur eine Hand voll Fernsehapparate und DVD-Player stapelten sich im kleinen Raum des Basements des Wiener Künstlerhauses:
In der Künstlerhaus Passage war damals erstmals das zu sehen, was sonst nur des Nächtens in den Clubs der Stadt nebenbei läuft. Visuals und Animationsfilme, die unwissende Geister gerne auch nur "bewegte Tapeten" bezeichnen. Veranstalterin und Kuratorin Eva Fischer machte es möglich und im Jahr darauf zog man dann mit einigen Filmen mehr und massig Bildschirmen, Beamern und Software ein paar Stockwerke weiter hinauf ins Künstlerhaus.
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Was als kleine Vision begann, hat sich mittlerweile zu einem der wichtigsten Festivals entwickelt, das sich mit der visuellen Komponente elektronischer Musik beschäftigt. Die Wiener VisualistInnenszene ist gut vernetzt und manche meinen gar, Wien sei mittlerweile zur Hauptstadt der VisualistInnen gewachsen. Vom britischen DJmag wurde das sound:frame Festival im letzten Jahr überhaupt zum besten seiner Art gekürt. Und so kann man heuer nur staunen und mit großen Augen schauen: 60 KünstlerInnen aus dem In- und Ausland,von Brasilien bis China sind beim Sound:Frame Festival vertreten.
Keine bewegten Tapeten
Und was zu sehen ist, erinnert gar nicht mehr an ein "Rahmenprogramm", zu dem der sogenannte "Star des Clubs", der DJ, seine Beats spielen darf. Im Gegenteil: Die technischen Möglichkeiten der VisualistInnen sind gewachsen, deren Output ist vor allem eines: Vielfältig.
Stundenlang könnte man sich im Hauptraum im Erdgeschoß des Künstlerhauses aufhalten, um die Werke in der Ausstellung "Evolution Remixed!" zu bestaunen: Hier das in DIY-Ästhetik gehaltene Stop Motion-Video zum Song "Walzerkönig" für die Laokoongruppe, dort aufwenige Animationen, die an Fritz Langs düstere, dystopische Zukunftsfantasien in "Metropolis" angelehnt sind. In der der monochromen, futuristischen 3D-Welt zu sehen: Plattenbau-Großstädte als Disziplinerungsmaschinen, Knechtschaft und Akkordarbeit im Großraumbüro.
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Düstere Kuscheltiere
Zwischen geremixten Material und selbsterschaffenen Bildwelten ist die Bandbreite groß und so finden sich auch allerlei audiovisuelle Installationen im erweiterten Sinne: Etwa das Werk von Tanja Vujinovic, "Supermono 2/3".
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Was aussieht wie ein Haufen an düsteren Stofftieren, denen man vergessen hat, die Augen anzunähnen, ist eine gefinkelte, hochtechnische Sache: Diese kleinen Dinger können sich wie Roboter durch den Raum bewegen und absorbieren mittels im Bauch eingebauter Mikrofone die Akustik und Geräusche der Umgebung. Alles einmal kurz moduliert, schon wird eine laut donnernde Soundsumme in den Raum zurückgeworfen, die das Künstlerhaus zum Wackeln bringt.
Audiovisuelle Welten
Auch nicht unspannend ist die Soundinstallation des Ambient Art Lab aus Wien. Ambientsounds und transparente, quer durch den Raum gespannte Leinwände erfüllen den Raum, auf denen sich "Stroem" bewegt, ein intelligentes Lichtgeflecht. Es reagiert mittels im Raum versteckter Sensoren auf Lautstärke. Wird es lauter, dann verändern sich die Melodien und die Bewegungen des Wesens.
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Der eigentlich begrenzte Raum wird zu einer grenzenlosen Licht- und Soundlandschaft, in der man dazu eingeladen ist, mit "Stroem" zu spielen, seine Bewegungen durch die Eigenbewegungen und Töne die man selbst produziert - durch gehen oder sprechen - zu beeinflussen und somit die eigene Wahrnehmung des Raums zu verändern.
Wer es überhaupt lauter mag kann gleich nebenan den Raum von luma.launisch besuchen. Die KünstlerInnen Astrid Steiner und Florian Tanzer haben einen Kubus aufgebaut, aus dem lautstarke Technobeats donnern. Sie haben den Club ins Museum geholt und projezieren auf die Wände des Kubus überlebensgroß ihre Arbeit "Need for Night":
Das wilde Leben zwischen geschätzt 00:00 und den frühen Morgenstunden, alles was sich sonst nur in der Nacht in den dunklen Clubs zwischen Wien, Berlin und New York abspielt.
Remix!
"Warum sollte man sich umständlich etwas eigenes ausdenken, wenn man den eigentlichen Spaß genauso mit einem Remix haben kann?", meint Hans Nieswandt.
Der Remix, in der Welt der Beats seit jeher Gang und Gäbe und künstlerische Strategie, findet sich natürlich auch im Video und auch bei der Ausstellung in sämtlichen Variationen. So wird Videomaterial des Fluxuskünstlers Nam June Paik ebenso weiterverarbeitet (Thomas Schneider, "Kontrapunkt") wie auch aktuelles Filmmaterial bei Addictive TV, die mit ihren Klang-Licht Konzepten bereits zu Stars der Szene avanciert sind:
Soundframe/ Addictive TV
Das DJ/VJ Team aus London sampelt mit ausgefeilter Technik Ton und Bild Diesmal wird "Slumdog Millionaire" von Danny Boyle zu einer pulsierenden Collage geremixt. Filmemacher Boyle hat die Künstler extra darum gebeten, um einen alternativen Trailer für den Film zu gewinnen.
Ein paar Stunden sollte man sich Zeit nehmen, um das Künstlerhaus zu durchforsten und die Werke der 60 KünstlerInnen zu bestaunen. Bis zum 19. April findet sound:frame und die dazugehörige Ausstellung statt.
Weil Visuals vor allem aber trotzdem in der Clubszene verankert sind gibt es auch genug Gründe zu feiern:
Drumpoet Community Night
4.April 2009 beim Crazy Special im Wiener Flex
Mit DJ Quarion, Kawabata, Okinawa 69
Live Weekend
10.-12. April im BRUT im Wiener Künstlerhaus
10. April - Femmes Illuminées, Dj Fauna, Ina D. Alma Gold, VJ 4youreye
11. April - DJ Dixon, Ji-Hun Kim, Ogris Debris
12. April - Michael Fakesch, Giraffentoast, Holger Zilske, Dave DK, UKO & Sister Sadie
Berlin Calling
25. April - Wiener Filmcasino
Die Österreichpremiere des Films "Berlin Calling" von Hannes Stöhr mit DJ/ Produzent Paul Kalkbenner in der Hauptrolle.
Closing Party
25. April in der Fluc Wanne.
Mit DJ Paul Kalkbrenner