Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Der Song zum Sonntag: Animal Collective"

Boris Jordan

Maßgebliche Musiken, merkwürdige Bücher und mühevolle Spiele - nutzloses Wissen für ermattete Bildungsbürger.

29. 3. 2009 - 05:23

Der Song zum Sonntag: Animal Collective

Natur und Sound: "My Girls"

Sie sind die Kritikerlieblinge.

Animal Collective - My Girls

There isn't much that I feel I need
A solid soul and the blood I bleed
With a little girl, and by my spouse
I only want a proper house

I don't care for fancy things
Or to take part in a vicious race
And children cry for the man who has
A real big heart and a father's grace
I don't mean to seem like I care about
material things like a social status
I just want four walls and adobe slabs for my girls

Selbst der gewohnt skeptische Diedrich Diederichsen kann sich in seinem köstlich-bösen Antipopkritiker- Popkritikbuch "Musikzimmer" einmal mit sich selbst darauf einigen, Animal Collective aus Baltimore als "beste Band der Welt" zu bezeichnen. Nicht ohne darauf hinzuweisen, dass diese Kategorie selten geworden ist und sinnvollerweise immer nur sehr kurz Geltung hat.

animalcollective.org

Ursprünglich waren sie als eine Art auf die Spitze getriebene Konzept- Variante des "Freak Folk" bekannt geworden, eine Version des antiautoritären, fröhlich herummusizierenden Sixtieskollektivs. Und das, obwohl sie schon immer breitere Horizonte beackerten als etwa die Polyphonic Spree oder Devandra Banhart. Nur dass die drei Musiker mit den lustigen Namen und selbstbemalten Tiermasken an der Psychedelik und der Avantgarde dieser Zeit ebensoviel finden wie an naiver Lyrik oder Selbstbefreiungs-Habitus. So erinnern sie daran, dass das Sixties Projekt ebenso ursprünglich auf einer künstlerischen und formalen Ebene ebenso antiautoritär und befreiend sein wollte, wie politisch oder sexuell. Es ist aber eben nur Cat Stevens übrig geblieben, nicht eine Band, die tatsächlich "United States of America" geheißen hat.

My Girls

Man muss annehmen, dass es sich in "My Girls" um Töchter handelt. Nicht um Freundinnen oder Geliebte. So wie der neue Präsident immer von seinen Girls spricht, die ein "different level of cool" hätten. Oder es ist die normale Kleinfamilie (Frau und Tochter), für die er sich auf dei kleinen essentiellen Dinge des Lebens konzentriert und sich nur einen kleinen Ziegelbau wünscht.

"Merriweather Post Pavillon" - mit seinem hübsch psychedelisch naturimitierenden Cover

pitchfork.com

Der "Song Zum Sonntag" ist eine Kooperation zwischen FM4 und der "Presse am Sonntag" und erscheint hier wie dort, wo sich der geschätzte Wissenschafts - uind Popjournalist Thomas Kramar der Kolumne annimmt.

Die Presse

Das Einfache, die Natur, der Körper, keine Ambition nach Macht und der damit verbundenen Grausamkeit, nur ein Herz voll Liebe. Wer Animal Collective und ihre Version der Hippiezeit mitbedenkt könnte da Ironie vermuten, könnte an allerlei promiskuitive Sixties Visionen von meheren "Girls" denken. An Mansons Family oder das wahnhafte "two girls for every boy", das die Beach Boys im Acid Rausch gefordert hatten. Oder gar an Experimente mit verordneter, das Patriarchat in therapeutisch missverstädlicher Überziehung übererfüllende Aussteigerkommunen wie die Berliner K1 oder Otto Muehls AAO. Aber warum sollte man an so etwas denken, wenn der Sänger ofenbar eher an Thoreau denkt und dass es nur wenig gibt, das er benötigt um glücklich zu sein und seine Lieben glücklich zu machen.