Erstellt am: 27. 3. 2009 - 16:25 Uhr
Wer zahlt die Krise?
Im Oktober 2008 hat die Österreichische Regierung ein 100 Milliarden Euro schweres Bankenpaket geschnürt: 75 Milliarden für Garantien auf Bankschulden, 15 Milliarden zur Eigenkapitalstärkung von Banken, und 10 Milliarden für die Einlagensicherung. Ähnliches haben auch alle anderen EU-Staaten gemacht, wenngleich meist in geringerer Höhe.
Wenn man akzeptiert, dass diese Bankenrettung gerechtfertigt ist, stellt sich die Frage: Wer soll das bezahlen?
rahego
Die Banken?
Finanzminister werben für Akzeptanz dieser Rettungsaktion, indem sie sagen, das ganze könnte letztlich ein Geschäft für die Steuerzahlenden werden. Auf Druck der EU-Kommission hat auch Österreich die Kosten und Bedingungen für die staatliche Hilfe an Banken erhöht, sodass Banken Gebühren für die Garantien und Zinsen für das Eigenkapital zahlen müssen, das sie vom Staat in Anspruch nehmen. Deshalb zieren sich die Banken auch ein wenig, das staatliche Geld anzunehmen, solange es geht: Seit Monaten steht das Bankenpaket, aber zahlreiche große Banken haben noch nicht zugegriffen. Denn hohe Zinsen, Mitsprache in der Geschäftsführung, Einschränkungen für Managergehälter und Dividendenausschüttung schränken die Freiheit der Geschäftsführung schmerzlich ein, und das wollen sie vermeiden.
Wenn sie es dann schließlich notgedrungen doch nehmen, und die staatlichen Hilfen dabei helfen, den Karren wieder flott zu kriegen bzw. Verluste aus der Krise heil zu überstehen, könnte das staatliche Geld mit Zinsen wieder zurückkommen, so die Hoffnung im Finanzministerium. Wenn das nicht klappt und Banken trotz Staatshilfe eingehen, könnte das Geld allerdings weg sein, und dann wird der Steuerzahlergemeinschaft die Rechnung präsentiert.
Das Management?
Hohe Managergehälter und –boni erzürnen die Öffentlichkeit auf der ganzen Welt. Forderungen nach Beschränkungen und auch Rückzahlungsforderungen kursieren, auch einschlägige Gesetzesinitiativen sind in Diskussion. Solche Maßnahmen können die Akzeptanz von Bankenhilfen erhöhen, aber finanzieren können sie sie nicht. Managergehälter mögen vergleichsweise hoch sein, aber die Milliardenbeträge, um die es bei Bankenpaketen geht, sind dadurch nicht abzudecken.
Die Aktionärschaft?
BankaktionärInnen sind bereits betroffen. Die Aktienkurse von Banken sind seit Ausbruch der Krise gesunken, jene von notleidenden Banken besonders tief. Denn wer will noch an Unternehmen mit trüben Gewinnaussichten beteiligt sein? Das heißt, dass viele AktionärInnen, die Aktien zu hohen Kursen gekauft haben, mittlerweile Wertverluste, in schweren Fällen auch den Totalverlust ihrer Anlagen in Kauf nehmen mussten. Die Frage ist, wie die Zukunft ausschaut: Geht die Bank pleite, ist das Vermögen der AktionärInnen weg. Wird sie vom Staat zur Rettung aufgekauft, ist die Frage, zu welchem Preis der Staat den AktionärInnen die Aktien abnimmt.
Dieses Szenario stellt sich jetzt bei der staatlichen Rettung der Hypo Real Estate in Deutschland. Um nicht mit AktionärInnen lang herumpokern zu müssen, hat der Bundestag ein Gesetz beschlossen, das ihm im Notfall die Möglichkeit zur Enteignung gibt. Für die AktionärInnen am günstigsten wäre, wenn der Staat die Bank rettet, und den AktionärInnen ihr Aktieneigentum belässt. Durch die Rettung würden die Aktienkurse wieder steigen, und die AktionärInnen ihre Verluste wettmachen.
Die Kreditgeber der Banken?
Banken vergeben nicht nur Kredite. Banken haben auch selbst Schulden. In den Jahren vor der Krise haben Banken sogar in ganz enormem Ausmaß Schulden gemacht, um das Geld gewinnbringend anzulegen: Um Wertpapiere zu kaufen, um andere Banken zu kaufen etc. Nach Ausbruch der Krise hat sich gezeigt, dass viele dieser Anlagemöglichkeiten gar nicht so gewinnbringend waren, wie ursprünglich gedacht. Jetzt stellt sich die Frage: Tragen nicht die Leute und Institute, die den Banken das Geld geborgt haben, auch eine Mitverantwortung an der Krise? Wenn dem so ist, könnte der Schluss lauten, dass die Gläubiger der Banken auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten sollen, damit die Banken mit geringerer Schuldenlast weiterwirtschaften können, und weniger Staatshilfen brauchen.
Wer sind die Gläubiger der Banken? Andere Banken, Versicherungen, Fonds und PrivatanlegerInnen, die Bankanleihen gekauft haben. Diese Gruppe an den Verlusten zu beteiligen, hat man bisher vermieden. Denn seitdem die US-Regierung im Herbst das Bankhaus Lehmann Brothers zusammenbrechen hat lassen statt es zu retten, haben die Regierungen geschworen, so etwas nicht mehr geschehen zu lassen. Damals hatten die Gläubiger von Lehmann ihre Ansprüche durch den Zusammenbruch verloren. Das waren andere Banken und Versicherungen, die durch den Ausfall selber in Probleme gerieten. Das erzeugte Chaos und weitere Verluste auf den Finanzmärkten. Aus Angst vor einer Wiederholung dieser Episode werden seither die Gläubiger von Banken bei staatlichen Rettungsaktionen weitgehend geschützt. Ob diese Angst gerechtfertigt ist, ist umstritten.
Die Vermögenden?
Wenn schon der Staat für die Bankenrettung zahlen muss, dann stellt sich die Frage: Woher nimmt der Staat das Geld? Auch wenn die staatlichen Hilfen zunächst über Kredite finanziert werden, irgendwann muss das Geld über Einsparungen oder Steuererhöhungen wieder reinkommen. Bei wem wird eingespart? Welche Steuern werden erhöht? Wenn die Finanzmarktexpansion der letzten Jahre überproportional jenen zugute gekommen ist, die Geld zum Anlegen hatten, könnte eine Finanzierung der Bankenpakete über eine Vermögenssteuer und/oder einen Zuschlag von 20% zur Einkommenssteuer für das oberste Fünftel der EinkommensbezieherInnen als verursachergerechte Lastenverteilung interpretiert werden.
Rettet die Banken? Warum hilft der Staat den Banken? Kommt jetzt auch noch die "bad bank"?
Am 21. April werden wir wissen, wie die erste Etappe dieser Debatte in Österreich ausgegangen ist: Da hält der Finanzminister seine Budgetrede vor dem Parlament. Schon am 28. März geben die VeranstalterInnen einer Demonstration ihre Meinung zum Thema bekannt: "Wir zahlen nicht für Eure Krise".