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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

20. 3. 2009 - 16:48

Journal '09: 20.3.

Massentauglicher Check nach 60 Tagen. Barack Obama schaut (gestern in Jay Lenos Tonight-Show) nach, ob er noch wirkt.

Der Auftritt von President Obama in der Tonight Show mit Jay Leno vom 19. 3., in drei Teilen, ganz ohne die Werbung dazwischen.

Er ist der erste US-Präsident in der Late Nite. Der charismatische Weltpräsident Barack Obama war gestern live bei Jay Leno, einem der führenden Ironiker der immer noch machtvollen TV-Kiste.
Sagt uns, dem unexpertischen Publikum, das was? Soll es uns was sagen?

Obama bei Leno.

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In seiner Rolle als Kandidat ist die Nummer 1 der Welt durchaus durch alle Shows gegangen - dass er es als "Leader of the free world" dann ebenso hält, ist ein Bruch mit Traditionen. Aber wohl nicht viel mehr.
Wie so oft bei Obama geht es eher ums Zeichen, ums Signal, ums Symbolische.

Ob und was uns das sagen will, das ist wiederum eigentlich eine Frage der Vorstellungskraft. Obama, der Community- und Popkulturgestählte, der ist überall vorstellbar, in jedem Zusammenhang, in jedem Umfeld.

Merkel bei Schmidt, Berlusconi bei Begnini, das geht sich weniger gut aus. Faymann beim Kaiser hingegen - das gab es gefühlsmäßig sogar schon. Hätte aber keinerlei Glamour versprüht.

Sneak Preview

Obama bei Leno ist also ein vereinzeltes Ereignis, ein vorweggenommener Blick in Künftiges, eine Sneak Preview in den medialen Alltag von 2015 oder 20.

nochmal Obama bei Leno.

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Und zwar nicht, weil er die gewohnte Rolle sprengt und weil er bestimmte Medien-Auftritte nützt. Sondern durch die Art des WIE.

Obama betritt den virtuellen Raum des TV-Studios und macht ihn mit zwei, drei Gesten zu seinem. Das erste, was er preisgibt, ist dann die Virtualität seiner Situation: Er erzählt kurz (und immer in Geschichten) über sein "life in the bubble", also die veränderte Lebenssituation ("secret service says: no, sir" - fast Little Britain-mäßig) und nimmt mit dieser strategisch platzierten Offenbarung alle mit. Cleverer kann man sich in seiner neuen Rolle nicht positionieren - seht her, ich bin's, immer noch der Messias, den ihr gewählt habt, und ich erzähl euch lachend von der künstlichen Welt, die rund um mich geschaffen wird.
Dann noch ein genau getimter Witz. Obama vergleicht "Washington", also die politische Elite (und dieser Terminus gilt dem geneigten Redneck soviel wie dem europäischen Populisten "Brüssel" gilt, als Hort wirklichkeitsfremder Bürokratie) mit einer populären TV-Show-Figur, die in etwa Dieter Bohlen ist: also dauernd den Schlapfen offen und unüberlegte, pseudolässig klingende Kritik absondern - und hat alle Lacher auf seiner Seite.

Die Sendung mit dem Obama: die Krise in 2 Minuten

Und wieder Obama bei Leno, diesmal allein im Bild.

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Dann folgt ein unendlich langer Einstieg zur aktuellen Krise, Jay Leno ist scheinbar emotionalisierter Stichwortgeber (wenn das nicht geskriptet war, heiß ich Hugo Egon) und Obama schafft es, das Wesen der Finanzkrise in knappen zwei Minuten plastisch zu erklären.

Dann verliert sich der Talk im Mittelteil in diesem zutiefst amerikanischen Duktus über Business, Economy & Punishment, den in den USA fast jeder, klassenübergreifend, zutiefst verinnerlicht hat (einer der ganz wesentlichen Kultur-Unterschiede zwischen jen- und diesseits des Atlantiks). Obama kriegt seine Botschaft (es mag legal sein - moralisch, ethisch korrekt ist es nicht. Und genau diese amerikanischen Werte müssen wiederhergestellt werden) durch, auch wenn dieser Eiertanz um das Konstrukt der Unantastbarkeit des Individuums in der Gesellschaft Nicht-Amerikaner aussteigen lässt.

The future is bright

Und auch hier bestätigt sich das, was alle vier Jahre, anhand jeder Präsidentschafts-Wahl einem interessierten Publikum wieder von Neuem in Erinnerung gerufen werden muss: dass sowas wie Außenpolitik den geneigten US-Bürger praktisch Null, und das, was wir Innenpolitik nennen, kaum interessiert.

und ein letztes mal: ein diesmal ernster Obama bei Leno.

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Es geht um die Wirtschaft, ums aufs Persönliche runtergebrochene Business, nicht mehr.

The future is bright, sagt Obama und grinst in die Runde, if we make the right steps.
Das Saal-Publikum kreischt frenetisch und traut's ihm zu.

Ob das so ist - keine Ahnung.
Ob der Verkauf der Hoffnungs- und Wandels-Industrie noch klappt: ja. Ein direkt nach der TV-Show aufgebauter US-weiter Merch-Stand hätte Millionen T-Shirts u.ä. verkauft.

Das klingt auch nach Zukleisterung durch allzu viel geschickt gesetzte PR. Ist es auch.
Ist aber genauso ein Fingerzeig für stil- und sinnvolle Handhabung von derzeit weltweit extrem verkrampft und abstoßend daherkommenden Abläufen.
Wenn eine PR-Blendung wie diese dafür sorgen kann, dass sich bislang Ausgeschlossene wieder für den Alltag der Anderen, also für Politik, interessieren, dann ist sie so schlecht nicht. Sondern durchaus ein Role Model.