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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

18. 3. 2009 - 16:10

Journal '09: 18.3.

Die Erde ist flach. Hinweis auf eine Radio-Zusammenfassung einer interessanten Medien-Diskussion von gestern.

Diese Podiums-Diskussion an der Uni Wien war eine Kooperation von ORF und Die Zeit, sie war extrem gut besucht - scheinbar vom gesamten aktiven Teil des Wiener Publizistik-Instituts - und um einiges lustiger als der ein wenig angstmachende Titel es vermuten lässt.

Kurz und schnell - als extended Hinweis: heute ab 18h25, Ö1 in einem Journal-Panorama, Highlights aus der gestrigen Diskussion "Ausverkauf der Qualität - Steht journalistischer Anspruch vor dem Ende?", unter besonderer Berücksichtigung des exzellenten und griffigen Gast-Vortrags von Nick Davies, Journalist beim Guardian und Autor von "Flat Earth News".

Der Uni-Hörsaal in dem die Diskussion stattgefunden hat.

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Davies' Hauptthese: die von ihren Besitzern (großteils Cooperations) personell ausgedünnten Massenmedien verfallen (von einer durch kollektiven Kommerzialismus desensibilisierten Gesellschaft gefördert) in einen inhaltlich dürren, durch mangelnde Checks und eminente PR-Einflüsse verursachten reinen Recycling-Journalismus. Das Problem ist ohnehin strukturimmanent (und keineswegs neu) und wird durch die Finanzkrise einerseits und die abnehmende Bedeutung des Print-Sektors andererseits zunehmend schneller schlagend.

Nick Davies Buch Flat Earth News ist 2008 erschienen. Kollege Rotifer hat damals berichtet.
Hier das Gespräch mit Joachim Riedl in der Zeit

Nick Davies

vergleicht das Versagen der Medien mit seinem Versagen als Elternteil: genauso wie er es nicht geschafft hatte seine Kinder vor Ninja Turtles-Action-Figuren zu bewahren (Ursache: der Druck des Schulhofs), schaffen es auch die bestmeinenden Qualitäts-Medien nicht, sich aus der Spirale der (oft unüberprüften) Verbreitung von Lügen, Blödsinn zu entziehen und fallen allzu oft auf gefinkelte PR rein.

mehr vom Uni-Hörsaal in dem die Diskussion stattgefunden hat.

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Globale Beispiele: die berühmten "weapons of mass destruction" im Irak, der Y2K-Bug (beides bewusste Erfindungen) oder auch die prototypische Geschichte von Paul Hucker, einem "Fußball-Fan", der sich vor der WM 2006 wegen der Angst, bei Versagen des englischen Teams ein Trauma zu erleiden, für eine Million Pfund versichern ließ.
Eine von allen Medien weltweit verbreitete Geschichte.
Allerdings eine reine Erfindung der Marketing-Abteilung einer großen Versicherung, wie Davies mit ein paar simplen Google-"Recherchen" herausfand.

Wolf, Atha und die anderen

Im weiteren Verlauf der Diskussion rechnete Armin Wolf, ZiB2-Anchor, vor: die durchschnittliche Innenpolitik-Redaktion in Österreich hat sechs bis zehn Mitarbeiter. Jeder einzelne Minister hat zwei Pressesprecher. Jedes Amt, jede Behörde, jede Institution beschäftigt Presse/PR-Abteilungen - die Übermacht ist mittlerweile rein zahlenmäßig erdrückend.

Der gute Atha meldete auch öffentlich Bedarf an Frischblut für "News" an: Wer Interesse habe, möge sich bei ihm bewerben. Ich leite das hiermit weiter. Erste Aufgabe für hoffnungsfrohe Jung-Journalisten: Athas Mail-Adresse rausfinden!

News-Chefredakteur Atha Athanasiadis, der als Krokodil bei dieser Veranstaltung geladen war, rief später, als Gejammer seitens des Publikums einsetzte, getreu der alten Sponti-Weisheit "Bildet Banden!" einen schönen Appell in die Meute: "Macht Schüler-Zeitungen, macht Studentenzeitungen, lest mehr!"
Kein Allheilmittel - aber natürlich richtig. Jammern über schlechte Zustände schützt nicht vor Eigeninitiative.

Das Podium

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Fritz Hausjell, Kommunikations-Wissenschafts-Hausherr sieht eine Wissenskluft heraufdräuen, die Schere zwischen Desinformierten und Gebildeten weiter aufgehen. Joachim Riedl, Österreich-Redaktionsleiter von Die Zeit, glaubt an künftige Geschäftsmodelle der Elitarisierung.
Armin Wolf erwähnt eine bereits existierende Special Interest-Zeitschrift für die Erdöl-Industrie, die sich über eine 5000 Dollar Abo-Gebühr erhält. Wolf zitiert einen Blog, wo für 2011 das Aus für 85% der Print-Medien prognostiziert wird.
Nick Davies denkt, dass 2020 alle uns bekannten Medienstrukturen zusammengebrochen sein werden, aber er ist eben Engländer.