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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

13. 3. 2009 - 17:55

Journal '09: 13.3.

Neues von der Fernseh-Couch. Über The Mentalist, Life und Torchwood, und die unamerikanischen Umtriebe.

Die Box mit "Life" hat mir der Kollege Gstettner schon vor Wochen weitergereicht - es hat dann wegen einer Ami-System-Unvereinbarkeit nicht funktioniert; und ich hab ihm alles ungesehen mit dem Hinweis "Startet eh im März auch im Fernsehen" zurückgegeben.
Ich bin nicht so sehr der DVD-Staffeln-zur-Gänze-Durchschauen-Typ. Ich programmier/sehe Serien lieber im wöchentlichen TV-Rhythmus, als Happen für zwischendurch.
Auch wenn ich dann hintendrein bin.
Denn ich kann mein Rezeptionsverhalten (das ja aus gutem Grund so ist, wie es ist) nicht komplett den jeweils aktuellen Technologien unterwerfen.
Ich werde auch mein (eh quantitativ zurückgedrängtes) Musikhör-Verhalten nicht ändern und nur noch auf einzelne Stücke achten, sondern weiter Alben hören und dort die Seele des Künstlers suchen.
Und deswegen schau ich lieber im Wochenabstand Serien, die meist auch von ihrer Zeitlinie her so hinproduziert sind.

Die beiden Hauptdarsteller von Life.

nbc

Und noch ein kleines Bilderrätsel der Gemeinsamkeiten dieser drei Serien...

Life

Life (ursprünglich NBC) etwa hat diese Woche begonnen (auf VOX), ebenso wie Torchwood (BBC, auf deutsch auf RTL2) - und erinnert in vielem an das bereits vorletzten Sonntag gestartete The Mentalist (eine CBS-Reihe, zu sehen auf ORF und SAT1).

Life spielt ebenso wie der Mentalist in L.A. - und beide Serien arbeiten mit einem positiv-gebrochenen Helden, also einem, der halshoch durch die Scheiße waten musste (was sich interessanterweise in der Parallele der beiden Behausungen manifestiert - sie sind so gut wie leer, kein Besitz) und daraus eine an Zen erinnernde fröhliche Gelassenheit entwickelt haben, mittels der sie ihre Umgebung massiv verunsichern.

Charlie Crews, der Cop aus Life etwa, saß 12 Jahre schuldlos in Haft - und geht nach seiner Rehabilitierung wieder in den Dienst; zum einen um nicht überzuschnappen, zum anderen um seinen alten Fall zu klären.

Patrick Jane, der Hellseher aus The Mentalist, hat seiner Poser- und Schwindler-Karriere abgeschworen, nachdem ein von ihm veräppelten Serial Killer seine Familie umgebracht hat, und setzt sein tatsächliches Talent (scharfe Beobachtungsgabe und präzise Menschenkenntnis) jetzt ganz ohne Brimborium ein (auch um den Bösewicht Red John zu stellen).

Die beiden Hauptdarsteller von Mentalist

cbs

Was trifft auf alle Reihen zu?

Mentalist

Beide Serien, beide Figuren arbeiten mit dem ganz normalen Überraschungs-Element: immer das tun, was nicht erwartet wird - nachdem der Zuschauer (und die Mitspieler) bereits in eine andere Richtung hin abgelenkt wurden. Die Dramaturgie verwendet also just die uralten Illusions-Tricks um ihre Helden, die diese Schmähs ablehnen, auszustellen.

Das ist vergnüglich, weil es einen leicht ironischen Ton in an sich durchaus lebensnahe und ernsthafte Geschichten bringt, ohne dabei in Slapstick oder Soap abzugleiten. Und es funktioniert wohl auch deshalb, weil die jeweiligen Hauptfiguren zwar rechte Dutzendgesichter sind, ihnen aber das kuhäuigige, blödihafte vieler von Hollywood zu Tode gemantschter Schauspieler-Fressen abgeht.

Und das hat wieder damit zu tun, dass beide keine Amerikaner sind. Simon Baker, der Mentalist, kommt aus Australien (Kidman-Umfeld), Damian Lewis, der Detective, der wie der kleine Bruder von House aussieht (wie dieser) aus England. Und ich behaupte, dass dieser kleine Dreh, diese minimale Entfremdung aus dem Mainstream-Hollywood-Diktat diesen beiden LA-Serien die zusätzliche Ecke gibt, die es braucht, um ein wenig rauszustechen.

Denn irgendwie ist das Unamerikanische gerade wichtig in der amerikanischen Popkultur - aber das ist nur so eine Gefühlsthese.

Die beiden Hauptdarsteller von Torchwood

bbc

Richtig: eine für Cop-Reihen unübliche Mann/Frau-Ausgewogenheit.

Torchwood

Ich halte es ja für keinen Zufall, dass ABC den BBC-Geniestreich Life on Mars gecovert hat. Und ich halte auch Torchwood nicht für zufällig gelungen.
Eigentlich ist die Reihe ein Ableger (+Anagramm) des in England unendlich populären, hierzulande nie echt angekommenen Zeitreise-Spasses Doctor Who. Ich finde aber, dass sie mehr vom erfrischenden Geist von Life on Mars hat - vor allem was Ästhetik und Drive, aber zB auch die Darstellung des Alltagslebens hat. Da fährt nie eine geschmäcklerische Kamera langsam über extrem sorgsam durchdachte Tableaus aktuellen US-Lebensstils, da haun einfach ein paar derbe UK-Bilder sofort rein - Cardiff, bam, oida!

Zudem hat Torchwood zwar einen männlichen Superhelden, aber eine weibliche Hauptdarstellerin. Da die Reihe ein wenig mit Versatz-Stücken aus den Welten zwischen Akte X und Men in Black spielt, könnte man meinen, auf bereits allzuoft Gesehenes zurückzufallen - das ist aber nicht so, weil die seit Reihen wie Cracker oder Messiah eingerissene hintergründige Dramaturgie und der nie zu eng am amerikanischen Gothic Horror, sondern eher am british Humor angelegte Grundton final dann ein anderes Bild zeichnen.

Ein ebenso vergnügliches, das seinerseits nie vergißt selber mitzudenken und sogar eigene kleine Schwächen verscheißert.
Mehr verlange ich von einer neuen TV-Serie gar nicht.

Fringe?

Im übrigen wird auch eine US-Entsprechung von Torchwood, das von FOX produzierte "Fringe" (das viel unachtsamer am Groundbreaker Akte X angelegt ist) demnächst zu sehen sein. Im wöchentlichen TV-Takt. Pro7 startet Fringe nächste Woche.

Life läuft seit September 07, der Mentalist seit September 08. Torchwood bereitet gerade die dritte Staffel vor, die demnächst auf BBC 1 ausgestrahlt werden soll.