Erstellt am: 11. 3. 2009 - 19:12 Uhr
Small Dream Stories
FM4 Small Screen Stories
Gibt's fast immer mittwochs und nachzulesen unter fm4.orf.at/smallscreenstories
So mit 14 oder 15 Jahren war ich ganz stolz darauf, mein eigener Traumregisseur zu sein. Das geht so: Ich geh schlafen, fange irgendwas an zu träumen (ich geh spazieren oder so, vielleicht in einem Wald, vielleicht finde ich dort Unmengen Goldschmuck, was weiß man schon) und dann denke ich mir (im Traum nämlich): Hey! Wie super wär das, wenn jetzt (Hausnummer) Annie Lennox vorbeikommen würde und wir könnten dort hinter der großen Buche tanzen.
Und - keine Ahnung warum - das hat funktioniert. Annie Lennox kommt des Weges, ich begrüße sie schüchtern und wir haben einen Walzer aufs Parkett gelegt. Wenn mir die Walddeko zu affig vorgekommen ist, hab ich mir eben einen französischen Spiegelsaal herbeigewunschen, ein verwunschenes Schloss oder einen verwegenen Club mit dunklen Winkeln. Und wenn mich ein Traum dann doch einmal überrascht hat, oder allzu albern war, dann habe ich mir gedacht: "Na was dem Traum so alles einfällt!"
Aus irgendwelchen Gründen funktioniert das heute nicht mehr. Allzu traurig ist das nicht, weil immerhin kann ich mir Annie Lennox jetzt via Youtube jederzeit geben. Meine eigene Interaktion beschränkt sich da zwar aufs Lautstärkeregeln, aber pssst, ich habe gehört, dieses Web 2.0 steckt erst in den Kinderschuhen.
Mittlerweile würde ich mir vermutlich nicht mehr Annie Lennox vorbeiwünschen, sondern Elly Jackson. Nicht, dass ich kein groß angelegtes Eurythmicsrevival lostreten möchte - im Gegenteil. Doch die Sehnsucht nach verkitschten Traumwelten, das Verlangen nach dem eigenen Königreich des Herzens inmitten einer von Menschmaschinen geschaffenen Welt, und die beinahe intime Beziehung zwischen Hauptdarstellerin und ZuseherIn, sind in Videos von Elly Jacksons Band La Roux einfach am besten aufgehoben.
Der Sonnenuntergang in Quicksand ist genauso, wie er für Traumregisseure gehört. Und wer von einer motorisierten Schlittenfahrt durch eine freundliche Geisterstadt noch nicht geträumt hat, ist entweder ein schlechter Mensch, oder hat ihr neues Video "In For The Kill" noch nicht gesehen. Noch nie war es romantischer, mit einer Mörderin durch die Nacht zu ziehen.
\\\ LA ROUX /// IN FOR THE KILL
Für "ich und meine Freunde allein gegen die graue Welt"-Allüren ist auch Peter Doherty jederzeit und gern zu haben. Den "Pete", den es ohnehin nie so wirklich gegeben hat, hat Doherty über die Reling seines Schiffs Albion geworfen, das nun unter Kapitän Peter den Kurs hält. Morgen feiert die große, traurige Lichtgestalt des englischen Pop ihren 30. Geburtstag. Das Video zur ersten Solosingle "Last Of The English Roses" zeigt Peter endlich im Queens Park Rangers Trikot und mit einem Buben rummachen. Erinnert viel weniger an Vidrar Vel Til Loftarasa als man meinen möchte.
Zum Schluss noch ein Hinweis für die echte Welt, der trotzdem mit Träumen und digitalen Bildern zu tun hat. Die Diagonale steht vor der Tür und dort wirds dann wohl einen kleinen Small Screen Stories Betriebsausflug geben. Die Reihe Screensessions zeigt außergewöhnliche Musikvideos mit österreichischer Beteiligung. Mike Kren und Mirjam Baker für Zoot Woman, Didi Bruckmayr für Mussurunga und - Mario Rampitsch für Lady Lynch.
Die Grazer Superhelden von der Feinkost Royal Posse werden mit ihrer Musikvideoadaption des immer wieder gern gesehenen Genres "Retrofuturistische Alienentführung mit anschließendem Zahnarztbesuch" am Programm teilnehmen. Und wenn wir lieb fragen, verraten sie uns vielleicht auch, welchen Fetisch sie mit Haareschneiden in Arztpraxen verbinden.