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Irmi Wutscher

Gesellschaftspolitik und Gleichstellung. All Genders welcome.

11. 3. 2009 - 18:59

"Keine Frage von Gut oder Böse"

Am Donnerstag wird ein neues Asylgesetz beschlossen. Künftig sollen humanitäre Gründe für einen Aufenthalt im regulären Asylverfahren mitberücksichtigt werden. Irmi Wutscher hat mit Innenministerin Maria Fekter gesprochen.

Mit dem neuen Asylgesetz verlieren AsylwerberInnen, die bereits einen negativen Bescheid erhalten haben, die Möglichkeit einen gesonderten Antrag zu stellen, bei dem sie sich auf das Menschenrecht auf Privat- und Familienleben ins Feld führen können.

Ausgenommen von diesen neuen Regelungen sind allerdings ca. 1.500 Altfälle, hier liegt die Letztentscheidung bei der Innenministerin selbst. Irmi Wutscher hat Maria Fekter (ÖVP) gefragt, welche Änderungen das Gesetz bringt und wie sie mit dieser Entscheidungsgewalt umgeht.

Maria Fekter

APA/Roland Schlager

Irmi Wutscher: Morgen wird im Palrament über den neuen Entwurf zum Asylgesetz mit dem Bleiberecht Neu abgestimmt. Was hat sich denn gegenüber den ersten Vorschlägen geändert?

Maria Fekter: Darf ich vorweg sagen: Es gibt in Österreich keine Bleiberechtsautomatik, um keine falschen Hoffnungen zu wecken. Das heißt, wir haben die humanitären Gründe für den Aufenthalt in Österreich so gestaltet, dass diese Prüfung der humanitären Gründe in den Regelverfahren gleich mit erledigt wird. Das heißt, bei Asylverfahren, wenn keine Asylgründe relevanter Art vorliegen, wird gleichzeitig auch geprüft, ob unter Umständen humanitäre Gründe für einen Aufenthalt in Österreich vorliegen. Aber auch bei einer Niederlassungsbewilligung, beim Aufenthaltsrecht, beim Abschiebeverfahren, also in allen Regelverfahren, wird mitgeprüft, ob humanitäre Gründe nach Artikel 8 der Menschenrechtskonvention vorliegen und daher eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden kann.

Ich habe vor wenigen Monaten mit einem Vertreter des UNHCR gesprochen, der meinte, dass sich dadurch das Asylverfahren noch einmal verkompliziert, weil es derzeit schon zwei gültige Verfahren gibt, jetzt kommt ein drittes dazu.

Eben nicht! So wie ich gerade erklärt habe, kommt kein neues Verfahren dazu, sondern es werden bei allen fremdenrechtlichen Verfahren, die es gibt, die humanitären Gründe mitgeprüft und miterledigt und es gibt kein zusätzliches, neues Verfahren. Das ist ein Riesenirrtum, der bei manchen vorhanden war.

Bei Altfällen gelten wieder andere Bestimmungen. Wieso hat man eigentlich nicht, wie es einmal angedacht war, einen Clean Cut gemacht, die Altfälle legalisiert und dann einen ganz neuen Anfang zu gestartet?

Niemand in der ÖVP hat jemals daran gedacht, so eine Amnestieregel zu schaffen! Die Erfahrungen in anderen Ländern, die so etwas gemacht haben, haben gezeigt: Das lädt nur die Schlepperorganisationen ein, wieder Leute ins Land zu bringen, damit sie untertauchen. Und dann kommt nach fünf Jahren wieder die Forderung nach einer neuen Amnestie. Das heißt alle Länder, die solche Regelungen gemacht haben, hatten nachher größere Probleme als vorher.
Und daher haben wir nie einen solchen Vorschlag auch nur annähernd ins Auge gefasst, sondern wir prüfen in Einzelfällen, ob ein humanitärer Grund aus menschenrechtlicher Sicht vorliegt. Und wenn der vorliegt, dann bekommt man eine Aufenthaltsbewilligung. Aber das wird im Einzelfall geprüft.

Jetzt gibt es ja noch einige Altfälle, ich glaube 1500 war die kolportierte Zahl, wo die Entscheidung jetzt bei Ihnen liegt. Warum nicht mehr bei den Landehauptleuten?

Sie liegt dahingehend bei den Landeshauptleuten, dass die laut Verfassung für die Verfahren und die Bescheiderlassung kompetenzmäßig zuständig sind. Aber es gab im alten Recht eine Zustimmung der Ministerin oder des Ministers und ich habe im Begutachtungsentwurf vorgeschlagen, dieses Zustimmungsrecht fallen zu lassen. Daraufhin haben die Landeshauptleute gemeint: Nein, das Zustimmungsrecht soll bei der Ministerin bleiben, daher ist es in diesem Gesetz wieder drinnen.

Darf ich Sie fragen, wieso Sie sich das antun, dass sie die Letzentscheiderin sind?

Es ist so, dass wir hier im Ministerium einen Beirat einrichten werden, der im Gesetz auch vorgesehen ist, wo die Städte- und Gemeindebundvertreter drinnen sein werden, wo auch die Sicherheitsbeamten des Hauses eine Vertretung haben, wo die Länder, wo kirchliche und humanitäre Organisationen, also auch NGOs, vertreten sein werden. Die Länder haben die einzelnen Fälle entscheidungsreif an das Ministerium heranzutragen. Der Beirat befasst sich dann mit diesen Fällen im Hinblick auf den humanitären Aufenthalt, so wie der Verfassungsgerichtshof das judiziert, und die Zustimmung als solches muss ich nach Beiratsbefassung erteilen.

Im Bild nach außen sind trotzdem dann Sie die Böse.

Vielleicht auch die Gute! Es ist so, dass wir damit rechnen, dass der überwiegende Anteil der Fälle bei den Behörden bereits erledigt werden kann, dass die humanitären Gründe in den jeweiligen Verfahren abgewickelt werden. Und diese Altfälle stellen einen Antrag sofern folgende Voraussetzungen vorliegen: Dass nämlich kein Regelverfahren mehr zulässig ist, dass sie kurz vor der Abschiebung sind, sich seit 2004 dauerhaft in Österreich befinden und dass der Aufenthalt auch überwiegend legal war. Daher rechne ich nicht mit einem großen Ansturm hier im Ministerium. Man wird sich dann anschauen müssen, wie diese Fälle in Hinblick auf die Gründe und die gesetzeskonforme Umsetzung zu behandeln sind. Wenn ich mich an die Gesetze halte, im Rahmen meiner Kompetenzen, dann ist das nicht eine Frage von Gut oder Böse.

Beim humanitären Aufenthalt soll es in Zukunft eine Art Patenschaft von ÖsterreicherInnen (Privatpersonen oder karitative Einrichtungen) für AsylwerberInnen geben, bei denen diese Unterkunft und Unterhalt übernehmen.

Zur Patenschaft, die ist ja jetzt nicht mehr obligatorisch, das war ursprünglich anders angedacht. Warum?

Es ist so, dass wir keine Zuwanderung in die Arbeitslosigkeit, in die Obdachlosigkeit, in die Armut schaffen wollen. Daher kann es gute Gründe dafür geben, dass wenn einzelne Elemente im Hinblick auf Unterkunft, Unterhalt fehlen, dass man die durch eine Patenschaft beibringt. Dieses Instrument ist ein altbewährtes, dass wir im Niederlassungsrecht schon seit 1992 kennen, mit der Haftungsübernahme. Jährlich übernehmen zwischen 700 und 1400 Personen derartige Haftungserklärungen. Wir kennen das Instrument auch aus dem Visa-Bereich, dort wird es nicht wesentlich intensiver in Anspruch genommen, durch Verpflichtungserklärungen.
Das heißt, das ist ein Instrument, mit dem die Behörden gut umgehen können, das nicht neu ist und das auch im Hinblick auf den Vollzug durchdacht ist. Aber es hat in der Begutachtung dann doch Fälle gegeben, wo man gesagt hat, dass jemand, der ohnehin Unterkunft und Arbeit hat, in Wirklichkeit keinen Paten braucht. Wieso soll man dem das Aufenthaltsrecht dann verwehren, wenn man keinen Paten beibringen kann, obwohl er selbst für sich sorgen kann. Und das ist ein Argument, das ich als sachgerecht empfunden habe und daher ist es jetzt eine fakultative Einrichtung.

Wie wird hier vor Missbrauch geschützt – Stichwort Frauen, die z.B. in Ausbeutung im Haushalt gedrängt werden können.

Diese Missbrauchsbefürchtungen haben sich beispielsweise beim Vollzug des Niederlassungsrechtes, wo es diese Haftungserklärung schon seit Jahren gibt, überhaupt nicht beweisen lassen oder bewahrheitet. Es gab keine Fälle diesbezüglich, wo wir hier große Sorge haben müssten. Aber wir haben auf die Missbrauchsängste im Gesetz Rücksicht genommen: Alle Bedingungen, die mit einer solchen Haftungserklärung gemacht werden, sind nichtig. Also sie gelten nicht, egal was man da ausmacht. Eine solche Haftungserklärung darf nicht mit einer Bedingung, egal ob sie jetzt legal oder illegal wäre, verknüpft werden. Weiters ist es so, dass unter Umständen, etwa bei Nötigungstatbeständen, ohnehin die österreichischen Gesetze gelten. Das heißt: Sklaverei ist in Österreich verboten und wird durch eine Patenschaft nicht legalisiert!