Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "NoTube"

Robert Rotifer London/Canterbury

Themsenstrandgut von der Metropole bis zur Mündung: Bier ohne Krone, Brot wie Watte und gesalzene Butter.

10. 3. 2009 - 14:42

NoTube

In Großbritannien hat YouTube nach einem Streit mit der Urheberrechteorganisation PRS die Musikvideos abgedreht.

Nicht, dass ich was davon gemerkt hätte. Aber den traditionellen Massenmedien sei dank bin ich gut informiert darüber, dass YouTube seit gestern 18 Uhr Ortszeit keine "premium music videos" mehr zeigt. Offenbar sind darunter solche Musikvideos zu verstehen, die in Zusammenarbeit mit der Musikindustrie offiziell online gestellt und verrechnet werden.

Nun hat sich zwischen YouTube bzw. deren Eigentümern Google und der Performing Rights Society (PRS), dem britischen Äquivalent der AKM, ein ziemlich heftiger Streit über die Bezahlung entsponnen. Im Kern dieser Auseinandersetzung liegt die eher perverse Ökonomie des Internets, wo steigende Popularität steigende Kosten bedeutet. Das hat nicht nur mit verwendeter Bandbreite zu tun, sondern in diesem Fall eben auch mit Zahlungen von Rechten für jeden einzelnen Zugriff auf das betreffende Video (anstatt eines weit höheren, von den SeherInnen-Zahlen aber unabhängigen Betrags wie beim Fernsehen oder Radio).

Youtube-Blog zum Konflikt mit der PRS

Robert Rotifer

Kein Wunder, dass mit der steigenden Popularität von YouTube als Musikvideoportal auch die Kosten explodieren. Andererseits kann man der PRS schwer verdenken, wenn sie in dieser Frage mit demselben schulterzuckenden Verweis auf die Realitäten der neuen Zeiten kontert, den ihre Mitglieder in Sachen Verwertung von Musik übers Netz sonst immer zu hören kriegen.

Verlorenes Geld bei jedem Klick?

Googles Statement, wonach YouTube es sich nicht leisten kann, mit jedem Zugriff auf die britischen Premium-Musikvideos "Geld zu verlieren", bringt mein Herz jedenfalls auch nicht zum Bluten. Vor zweieinhalb Jahren hat sich das Unternehmen um 1,65 Milliarden Dollar an Google verkauft. Vielleicht hätten die Leute, die damals den Deal ausgehandelt haben, sich anschauen sollen, ob das Geschäftsmodell dahinter auch tatsächlich funktioniert.

Ich fürchte allerdings, der Stil von Google ist ein anderer: Erst einmal Machtposition aufbauen und dann schauen, was passiert.

Die Sache erinnert mich nämlich frappant an ein Schreiben, das ursprünglich an jedes Mitglied der Literar Mechana, der österreichischen Urherberrechtsgesellschaft für SchreiberInnen, ausgeschickt wurde. Thema des Briefs war das Google Library Project, in dessen Rahmen seit 2004 die Bestände amerikanischer Bibliotheken systematisch abgescannt werden, ohne dass Google sich dabei um irgendeine Genehmigung gekümmert hätte. Auch hier wurden gleich vollendete Tatsachen geschaffen, bevor die amerikanischen Autoren- und VerlegervertreterInnen eine gemeinsame Class Action einbringen konnten, die zu einem mehr als dreihundert Seiten dicken Vergleichsvorschlag geführt hat. Wie und ob in diesem internationalen Präzedenzfall jedeR zu seinem Recht kommt bzw. was das für den Buchhandel bedeutet, ist eine von vielen großen, offenen Fragen. Gesichert ist allerdings, dass Google nun auch in diesem Geschäft einen Fuß in der Tür hat.

Um also auf den Machtkampf um die Pop-Videos zurückzukommen: Natürlich weiß YouTube/Google, dass das Abdrehen der Premium Musik-Videos das Gros seiner UserInnen in Wahrheit eher wenig kratzt. Im Gegensatz zur Musikindustrie, die diese Kanäle als wichtige Werbefenster ansieht und so in einen internen Konflikt mit der bockigen PRS getrieben wird, die ihrerseits die finanziellen Interessen der KünsterInnen vertritt. Wer dabei am Ende wohl wieder den Kürzeren zieht...