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Michael Fiedler

Politik und Spiele, Kultur und Gegenöffentlichkeit.

5. 3. 2009 - 19:03

Green IT - Aus Müll mach Geld

Von Elektroschrotthalden in Entwicklungsländern und dem Kampf dagegen. Wie Recycling ausschauen sollte und kann. Und warum Handies im Hausmüll landen.

Green IT

eine Computer-Platine

BotheredByBees

Programmschwerpunkt am 5. März

  • Mehr als grüne Imagepflege - Die CO2-Emissionen der IT- und Kommunikationsbranche haben das Niveau der des Flugverkehrs erreicht. Green IT dient nicht nur der Imagepflege sondern auch der Rettung des Planeten - im besten Fall
  • Green IT - Aus Müll mach Geld - Von Elektroschrotthalden in Entwicklungsländern und dem Kampf dagegen. Wie Recycling ausschauen sollte und kann. Und warum Handies im Hausmüll landen.

Irgendwann ist auch der beste PC endgültig kaputt. Vielleicht ist ja auch nur der Prozessor durchgebrannt, aber schließlich hat auch der Rest seinen vierten Geburtstag schon gefeiert und ist damit völlig veraltet. In den 90ern ist er einfach zum Sperrmüll gekommen und nur vielleicht, und wenn dann höchstens ein bisschen recycelt worden.

Seit damals sind in Asien und Afrika gigantische Elektro- und Elektronikschrott-Müllhalden entstanden, auf denen auch so etwas wie Recycling betrieben wird: Mit rudimentären Mitteln und ohne jedes Wissen über Schadstoffe und den Schutz davor versuchen Erwachsene und Kinder Rohstoffe aus dem Müll zu gewinnen. Um an das Kupfer zu kommen, verbrennen sie die mit PVC ummantelten Kabel, um Gold und Platin zu gewinnen, behandeln sie Leiterplatten mit Säuren - und vergiften dabei sich selbst und die Umwelt.

Ein Arbeiter versucht noch brauchbare Teile von einer Platine zu lösen

Greenpeace/Kristian Buus

Elektroschrottschieber
Seit einigen jahren schon versucht die Europäische Union dafür zu sorgen, dass der Elektroschrott in Europa entsorgt wird. Trotz der bBmühungen der Mitgliedsstaaten hat sich das noch nicht ganz durchgesetzt: Laut EU und Greenpeace wird nur ein Viertel bis ein Drittel des anfallenden Elektroschrotts in Europa fachgerecht entsorgt. Zum Teil werden die Geräte immer noch - jetzt allerdings meist illegal - nach Asien oder Afrika exportiert, wo sie bestenfalls repariert oder eben gefährlich für Mensch und Umwelt "recycelt" werden.

Alte Fernseher auf einem Markt in Nigeria

Greenpeace/Kristian Buus

Greenpeace hat erst vor kurzem aufgedeckt, dass eine britische Recyclingfirma Elektroschrott illegal ausführt. Techniker der Umweltschutzorganisation haben einen kaputten Fernseher mit einem Ortungssystem ausgerüstet und den an einer Sammelstelle abgegeben. Die Abfallentsorgungsfirma "BJ Electronics" hat den Fernseher als Gebrauchtware deklariert und - ohne seine Funktionstüchtigkeit zu testen - nach Nigeria verschifft. Dort konnten ihn die Umweltaktivisten auf einem Bazar für Second-hand-Elektrogeräte ausfindig machen, zurückkaufen und fachgerecht entsorgen lassen. Für Firmen wie "BJ Electronics" ist es immer noch ein besseres Geschäft, den Schrott auf Kosten der Gesundheit anderer zu verkaufen, als ihn tatsächlich zu recyceln.

ELektroschrott wird nach brauchbaren Rohstoffen durchsucht

Greenpeace/Kristian Buus

Aus Österreich wird aber laut Greenpeace kein Elektroschrott in größeren Mengen exportiert. Das Hauptproblem ist bei uns einerseits der Privatexport - vor allem nach Osteuropa - und die Deponierung im Hausmüll. Große Teile wie PCs können hier eventuell noch rechtzeitig herausgefiltert werden, Notebooks und Handys werden aber wahrscheinlich durchrutschen. Und auch wenn sie durch moderne Filteranlagen beim Verbrennen keinen Schaden anrichten, könnten sie bei fachgerechter Trennung wiederverwertet werden und als Basis eines neuen Computers dienen.

Bewusstseinsbildung
Das vorhandene Bewusstsein für das Problem Elektro- und Elektronikschrott ist in Österreich vor allem durch die Sammlung und Entsorgung von Kühlschränken entstanden. Und seit einer Elektroschrott-Verordnung der Europäischen Union aus dem Jahr 2003 müssen die Hersteller von Elektrogeräten für die spätere Entsorgung zahlen. Dadurch können Privatpersonen ihre alten Elektro- und Elektronikgeräte heute bei jeder Müllsammelstelle gratis abgeben. Dort werden zunächst Dinge wie große Kondensatoren, Toner, Leuchtstoffröhren (aus Kopierern und Scannern) und Bildschirme gesondert gesammelt und von darauf spezialisierten Firmen recycelt.

Smash it down
Der Rest ist aber noch lange nicht ungefährlich. Noch immer stecken Schwermetalle wie Blei und andere Giftstoffe darin. Doch damit werden Recyclingfirmen fertig. Sie zerlegen die Geräte in ihre größeren Einzelteile und trennen Leiterplatten, Batterien oder Kondensatoren von den größeren Kunststoff- und Metallteilen.

Die landen im Schredder und werden dort zerkleinert, danach können die verschiedene Metalle und Kunststoffe endgültig auseinandersortiert werden. Sortenrein, das heisst mit einer Reinheit von über 98 Prozent werden sie wieder an die produzierende Industrie verkauft. Sogar die "bromierten Flammstoffe", flammhemmende Kunststoffe, deren Ausdünstungen hochgiftig sind und die laut Greenpeace nicht von recyclebaren Kunststoffen unterscheidbar sind, sortiert das Unternehmen aus. Mittels Röntgenstrahlen erkennt ein Computer den Unterschied zwischen recyclefähigem und bromiertem Kunststoff. Letzterer wird dann gemeinsam mit anderen nicht wiederverwertbaren Stoffen verbrannt. Die Asche und die Filter werden ähnlich wie Atommüll behandelt und in Endlager gebracht.

Ein gutes gutes Geschäft
Der Aufwand zahlt sich aber aus: Wo die Industrie 900 Liter Erdöl und 14.000 Kilowattstunden elektrische Energie braucht, um eine Tonne Kunststoff herzustellen, braucht man im Recyclingprozess dazu zwei Tonnen Abfall und 950 Kilowattstunden.

Aber mal ganz abgesehen davon, dass ohnehin fast alles wiederverwertet werden kann: Wenn bei deinem vier Jahre alten Auto die Einspritzdüse kaputt ist, lässt du sie einfach austauschen. Wieso gilt das nicht auch für den Prozessor deines vier Jahre alten PCs?