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Burstup

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27. 2. 2009 - 17:28

Baustelle Schule

Empörung bei den LehrerInnen über zwei Stunden mehr Arbeit. Wie schlecht geht es ihnen wirklich?

20 Unterrichtsstunden pro Woche, 20 Stunden Vorbereitung, drei Monate Ferien - und eigene Erinnerungen an die Schulzeit tun ihr Übriges: Es steht schlecht um das Image der LehrerInnen. Sie selbst sehen sich immer größeren Belastungen ausgesetzt. Auf den Vorschlag von Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ), zwei Wochenstunden mehr zu unterrichten, reagieren sie mit Empörung. Wie schlecht geht es den LehrerInnen?

beschriebe Tafel

www.flickr.com/davidplotzki

Heute Vormittag habe ich auf der Straße Menschen um ihre Meinung zum Plan der Ministerin gebeten. "Lehrer haben eh soviel Freizeit", sagte eine junge Frau. "Die müssen dann halt zwei Stunden dazugeben, damit sie vorbereitet sind", meint ein älterer Herr, "was ist denn daran so schlimm. Es gibt genug Leute, die sehr viel arbeiten"

Merkwürdig: Als ich vor einigen Jahren Menschen um ihre Meinung zu drohenden ÖBB-Streiks befragte, spürte ich vergleichweise viel Solidarität mit der Eisenbahner-Gewerkschaft. "Die Lehrer sollen ein Vorbild für die Kinder sein", fordert eine ältere Dame. "Die sollen was hacklen" - diesen Grundtenor höre ich etwa eine halbe Stunde lang, bis schließlich ein junger TU-Student ein wenig differenziert: "Es ist leicht zu sagen 'Die haben eh nicht soviel Arbeitszeit', aber ich denke, es ist als Außenstehender schwer einzuschätzen. Wenn man selbst Lehrer ist, kann man das sicher besser beurteilen"

Die Vorsitzende der AHS-Lehrergewerkschaft Eva Scholik

APA/ Roland Schläger

Eva Scholik

Strikt gegen den Vorschlag der Bildungsministerin ist Mag. Eva Scholik, Vorsitzende der AHS-Lehrergewerkschaft und selbst Deutsch- und Geschichte-Lehrerin. "Wir haben in den letzten Jahren eine deutliche Mehrbelastung in unserem Beruf gespürt, durch gesellschaftspolitische Veränderungen, durch Kinder, die massive Probleme haben. Wir haben viele Unterstützungsmaßnahmen eingefordert, die wir bisher nicht bekommen haben. Und wir haben das Gefühl, dass die Ministerin nun eine neue Baustelle eröffnet, bevor sie die alten aufarbeitet. Wir wünschen uns mehr Unterstützung, und nicht mehr Belastung durch mehr Unterricht."

"Verstehe den Aufschrei nicht"

Anders sieht das Klaus Baumgartner, Bundesvorsitzender der SPÖ-nahen Aktion Kritischer SchülerInnen (AKS):

"Wir begrüßen den Vorschlag der Bildungsministerin schon, glauben aber, dass man sich anschauen muss, wie die zusätzliche Unterrichtszeit verwendet wird. Bekommt eine Lehrerin oder ein Lehrer einfach nur eine zusätzliche Klasse? Oder werden die Lehrer eingesetzt als Stützlehrer, für Förderkurse usw. Ich verstehe den Aufschrei seitens der Lehrergewerkschaft nicht, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass jeder Lehrer für 20 Unterrichtsstunden auch alle 20 Vorbereitungsstunden nutzt."

Skepsis

Dieser Skepsis gegenüber der Vorbereitung von Lehrern pflichten wahrscheinlich viele Menschen bei, die sich an langweiligen Frontalunterricht erinnern. Lehrergewerkschafterin Eva Scholik aber ist es wichtig, den Begriff "Vorbereitung" zu erklären:

"Zur sogenannten Vorbereitungszeit gehört der Kontakt mit den Fachkollegen, der projektorientierte Unterricht, der fächerübergreifende Unterricht mit Vorbesprechungen, Nachbesprechungen und Koordinationsnotwendigkeiten. Es gibt Elternkontakte, die gepflegt werden müssen, Sprechstunden, pädagogische Konferenzen, Fachkonferenzen. Dann gibt es Schulentwicklung, Qualitätssicherung, Evaluation. Alle diese Dinge fallen unter den Begriff 'Vorbereitung des Unterrichts'".

Scholik stört sich auch daran, dass die LehrerInnen über die Medien vom Plan der Bildungsministerin erfahren mussten. Zwei zusätzliche Unterrichtsstunden pro Woche heissen für die Gewerkschafterin vier zusätzliche Arbeitsstunden. "Ich beurteile auch die Arbeit eines Chirurgen nicht danach, wie lange er den Schnitt im Operationssaal macht, und ich beurteile die Arbeit einer Schauspielerin nicht danach, wie lange sie auf der Bühne steht."

Zukunft der Schule

"Lehrer sollen nicht mehr in der Klasse stehen und diktieren, was die Schülerinnen und Schüler aufschreiben müssen", sagt AKS-Vorsitzender Klaus Baumgartner. "Sie sollen sich selbst in kleinen Klassen, in kleinen Gruppen als TrainerInnen einbringen. Das heißt: SchülerInnen dabei zu helfen, Interessensbildung zu wecken, Wissen aufzunehmen, Wissen anzuwenden, ohne dass irgendwelche sozialen oder finanziellen Barrieren im Raum stehen."

Lehrer-Gewerkschafterin Eva Scholik: "Ich wünsche mir so viel Personal, dass wir in Kleingruppen unterrichten können und dass die Schüler zum selbstätigen Lernen angehalten werden können. Ich wünsche mir eine Schule, die so viele Ressourcen hat, dass wir Schülern, die vorübergehend Lernschwächen haben, helfen können. Ich habe kein Problem damit, dass man die Rolle des Lehrers dahin verändert, dass der Lehrer der Coach des Schülers ist, der den Schüler an das Jahrgangsziel bringen soll"

Diskussion um Bildungsstandards

In dieser Hinsicht scheinen AKS-Vorsitzender Klaus Baumgartner und AHS-Lehrerverteterin Eva Scholik also Ähnliches zu wollen. Wünschenswert wäre, dass die Diskussion über mehr Unterrichtsstunden pro Lehrer auch zu einer breiteren Diskussion rund um Bildungsstandards, Unterrichtsformen und Schultypen führt. Im Augenblick stehen aber eher Streikdrohungen im Raum. "Die Stimmung unter den Lehrern ist sehr schlecht", sagt die Gewerkschafterin. "Wir haben massenhaft Briefe erhalten, die sofortige Streikmaßnahmen fordern. Wir werden sehen, wie sich die Sache weiterentwickelt. So wie es im Moment aussieht, wird die Ministerin ihren Vorschlag zurücknehmen müssen. Sonst wird es hier sehr drastische Maßnahmen geben."