Erstellt am: 1. 3. 2009 - 12:06 Uhr
Und jammern hilft doch!
Da hadert man mit dem Schicksal, dass man als deutschsprachige Autorin und Musikerin seit 20 Jahren immer nur durchs eigene Land und im besten Fall nach Österreich reisen kann, während andere blödere Bands und überbewertete Elektronikprojekte mit dem Goethe Institut durch die Weltgeschichte fahren. Da flattert völlig unverhofft eine Einladung der finnischen Botschaft in Berlin herein.
Fünf Tage auf den Spuren der finnischen zeitgenössischen Kunst nach Helsinki und an die Westküste! Da jubiliert auch die Kunstbetriebshasserin: Nach all den Kaurismäki-Filmen endlich mal selber nach Helsinki!

heharkon
Wenn man aber aus Versehen eingeladen wird, ohne eine echte Ahnung zu haben, fühlt man sich leicht als Hochstaplerin. Eine Freundin, die schon öfter bei Journalistenreisen war, beruhigte mich: "Es wird überall nur mit Wasser gekocht" . Meine Kunstfreunde sagten: "Erwähne ab und zu mal Alvar Aalto und merke das schöne Licht an".
In Vorfreude entwickelte ich eigene Strategien, zum Beispiel: Ich tu einfach so, als sei ich ein ganz stiller, introvertierter Mensch, der sowieso kaum redet, also fällt es nicht auf, wenn ich auch zur Kunst nix zu sagen habe. Leider flog diese Tarnung am ersten Tag, in der ersten Stunde schon auf, als ein schicker Minibus die Kunstreisegruppe vor dem überdesignten Hotel in der Helsinkier Innenstadt abholte, und mich in dieser Bandbus-Situation eine große Kommunikationslust überkam.
So eine Kunstreise ist kein Zuckerschlecken. Schon um acht in der Früh trifft man sich und dann geht’s in verschiedene Museen, Galerien, Kunstzeitschriftredaktionen - das Schlimmste sind die Atelierbesuche. Unsere kleine Abordnung wird überall von Kuratoren empfangen, da ist es sehr gut, dass bei solchen Fahrten immer ein kleiner Klugscheißer dabei ist, der vor den Museumskuratoren mit kritischer Kunstsinnigkeit glänzen muss und sich beim bildenden Künstler mit einem: "It is quite obvious you use different techniques and play with te role of the media in your work" ankumpelt.

Al!ve AG
Es war kalt und anstrengend und sehr schön in Finnland und trotzdem entfuhr mir nach diesem unverhofften Ausflug in die Welt der Kunst wieder der alte Stoßseufzer: "Was bin ich froh, dass ich Musikerin bin!"